Politik

Argentinien: Staatsanwalt nach Anklage gegen Präsidentin Kirchner tot aufgefunden

Ein ermittelnder Staatsanwalt ist in Argentinien tot in seiner Wohnung aufgefunden worden. Neben ihm wurde eine Schusswaffe gefunden. Alberto Nisman hatte erst vor wenigen Tagen Anklage gegen Staatspräsidentin Cristina Fernández de Kirchner erhoben. Es geht um einen Anschlag gegen ein jüdisches Zentrum, in den angeblich auch der Iran verwickelt sein soll.
19.01.2015 18:01
Lesezeit: 2 min

Ein argentinischer Staatsanwalt, der vor wenigen Tagen Anklage gegen Staatspräsidentin Cristina Fernández de Kirchner erhoben hatte, ist unter ungeklärten Umständen ums Leben gekommen. Alberto Nisman untersuchte die Hintergründe des Attentats auf das jüdische Gemeindehaus Amia im Jahr 1994 mit 85 Toten. Er sei am Sonntagabend tot in seiner Wohnung in Buenos Aires entdeckt worden, teilte das Sicherheitsministerium am Montag mit.

Neben ihm seien eine Waffe vom Kaliber 22 und eine Patronenhülse gefunden worden. Die ermittelnde Staatsanwaltschaft konnte noch nicht sagen, ob es sich um Selbstmord handelt oder nicht. Die Regierung Israels bekundete «tiefe Trauer» über Nismans Tod.

Nismann hatte Kirchner und Außenminister Héctor Timerman vorige Woche vorgeworfen, sie hätten die Vorgänge um den Anschlag vom 18. Juli 1994 verschleiern wollen. Als Drahtzieher des Attentats auf das jüdische Zentrum werden unter anderen ranghohe iranische Politiker vermutet.

Kirchner und Timerman planten laut Nisman die Verfolgung von sieben verdächtigten Iranern einzustellen, um die Wirtschaftsbeziehungen zum Iran zu verbessern. Die Regierung hatte die Anklage als «lächerlich» bezeichnet. Der zuständige Richter sollte erst im Februar die Zulässigkeit der Anklage überprüfen. An diesem Montag hatte Nisman seine Vorwürfe im Parlament erläutern wollen.

Timerman erhielt die Nachricht bei seiner Ankunft in New York. «Ich bedauere den Tod diesen Herrn», sagte der Minister auf die Frage eines Journalisten. Der argentinische Kabinettschef Jorge Capitanich versicherte, die Ermittler könnten bei der Aufklärung des Falls auf die totale Unterstützung der Sicherheitsbehörden zählen. Amia-Präsident Leonardo Jmlenitsky zeigte sich bestürzt über den Tod des Ermittlers. Nisman sei «unersetzlich».

Der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Emmanuel Nahshon, bezeichnete Nisman als «mutigen Juristen» und «furchtlosen Kämpfer für die Gerechtigkeit». Er habe mit Entschlossenheit gehandelt, um die Identität derjenigen herauszufinden, die das Attentat ausgeführt und die Angreifer geschickt hätten, sagte Nahshon in Tel Aviv. Er hoffe, dass die argentinische Behörden die Arbeit Nismans fortsetzten.

Unbestätigten Medienberichten zufolge lag der Jurist am Sonntag mit einer Schusswunde in seiner Badewanne. Das Sicherheitsministerium bestätigte lediglich, dass er im Badezimmer gefunden wurde. Die Oppositionsabgeordnete Patricia Bullrich berichtete, Nisman habe ihr am vergangenen Freitag und am Samstag gesagt, dass er bedroht worden sei.

Die für den Fall zuständige Staatsanwältin Viviana Fein konnte wenige Stunden nach dem Tod ihres Kollegen noch keine Details nennen. «Ich kann keine Prognose geben», erklärte sie lokalen Medien. Die Tür zu Nismans Wohnung im Nobelviertel Puerto Madero in Buenos Aires war den Angaben zufolge nicht aufgebrochen. Der Jurist sei von seiner Mutter leblos aufgefunden worden.

Es ist unbekannt, ob sich die Jurist, falls er Selbstmord begangen haben sollte, einer entsprechenden Therapie unterzogen haben. Solche Therapien sind vor allem im Fall von Depressionen mittlerweile sehr erfolgreich und können das Risiko eines Selbstmords deutlich senken (siehe dazu Informationen der Deutschen Depressionshilfe).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Sondervermögen Infrastruktur: Wo gehen die 500 Milliarden Euro hin?
24.06.2025

Deutschland hat Infrastrukturprobleme. Das geplante Sondervermögen Infrastruktur in Höhe von 500 Mrd. Euro soll in den nächsten zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Misserfolg bei Putins Wirtschaftsforum in St. Petersburg: Die marode Kriegswirtschaft interessiert kaum jemanden
23.06.2025

Das Wirtschaftsforum in St. Petersburg sollte Russlands wirtschaftliche Stärke demonstrieren. Stattdessen offenbarte es die dramatische...

DWN
Politik
Politik Zwangslizenzen: EU hebelt den Patentschutz im Namen der Sicherheit aus
23.06.2025

Die EU will künftig zentral über die Vergabe von Zwangslizenzen entscheiden – ein tiefer Eingriff in das Patentrecht, der die...

DWN
Technologie
Technologie Umfrage: Zwei Drittel für europäischen Atom-Schutzschirm
23.06.2025

Eine Forsa-Umfrage zeigt, dass eine deutliche Mehrheit der Deutschen den Aufbau eines europäischen nuklearen Schutzschildes befürworten....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Internationale Anleger kehren der Wall Street den Rücken
23.06.2025

Ölpreise steigen, geopolitische Risiken nehmen zu – und Europas Aktienmärkte wirken plötzlich attraktiv. Während die US-Börsen ins...

DWN
Politik
Politik Personalmangel im öffentlichen Dienst - DGB fordert mehr Personal
23.06.2025

Milliardeninvestitionen sollen in Deutschland die Konjunktur ankurbeln. Doch Personalmangel in Behörden könnte den ehrgeizigen Plänen...

DWN
Politik
Politik Iran-Israel-Krieg: Internet überflutet mit Desinformation
23.06.2025

Falsche Videos, manipulierte Bilder, inszenierte Explosionen: Der Konflikt zwischen Iran und Israel spielt sich längst auch im Netz ab –...

DWN
Politik
Politik Aus Angst vor Trump: China lässt den Iran im Stich
23.06.2025

Chinas harsche Kritik an den US-Angriffen auf Iran täuscht über Pekings wahres Kalkül hinweg. Im Hintergrund geht es um knallharte...