Finanzen

Höchstgericht lockert Aufklärungs-Pflicht der Banken bei Dritt-Produkten

Der Bundesgerichtshof hat geurteilt: Bei Finanz-Wetten hilft es einem Wett-Kunden nicht, sich auf die Unkenntnis der Hintergründe eines Deals zu berufen. Die Bank muss dem privaten Spekulanten lediglich erklären, wie ein Finanzprodukt funktioniert. Wenn die Bank ein Produkt eines anderen anbietet, funktioniere sie wie ein Supermarkt, der den Kunden auch nicht erklärt, wieviel die Erbsen in einer Dose genau kosten und welche Marge der Anbieter hat.
20.01.2015 16:20
Lesezeit: 2 min

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem viel beachteten Prozess über riskante Währungswetten die Position der Banken gestärkt. Wenn ein Institut ein Finanzprodukt eines anderen Anbieters vermittelt, habe es geringere Beratungspflichten, als wenn es an der Wette selbst beteiligt ist, urteilte der BGH am Dienstag. "Das ist vergleichbar mit einem Einkauf im Supermarkt", erläuterte Finanzexperte Jochen Kindermann von Simmons & Simmons der Nachrichtenagentur Reuters. "Ein Discounter muss auch nicht angeben, wie viel die Dose kostet, die Erbsen, das Kochen und welchen Gewinn der Produzent am Schluss macht."

Im konkreten Fall hatte ein vermögender Geschäftsmann die Sparkasse Nürnberg wegen angeblicher Falschberatung beim Abschluss eines Währungsswap-Vertrages mit der Landesbank Baden-Württemberg auf rund 180.000 Euro Schadenersatz verklagt. (Az. XI ZR 316/13) Cross-Currency-Swaps sind Wetten mit der Bank auf Wechselkursunterschiede von zwei vorher festgelegten Währungen. Der Geschäftsmann, der bereits Erfahrung mit Swap-Geschäften hatte und sich selbst als "spekulativ" beschrieb, setzte auf einen Anstieg der türkischen Lira gegenüber dem Schweizer Franken. Während der Vertragslaufzeit wertete die Lira jedoch gegenüber dem Franken ab - und der Kläger verlor Geld. Das forderte er vor Gericht zurück, scheiterte dabei nun aber auch in dritter Instanz.

Eine beratende Bank, die selbst nicht Vertragspartner des Währungsswaps ist, muss dem Kunden laut BGH die Funktionsweise des Finanzprodukts erläutern - das sei im vorliegenden Fall geschehen. Das Geldhaus müsse jedoch nicht auf den anfänglichen "negativen Marktwert" hinweisen. Dieser besteht laut Kläger-Anwalt Thomas Linhardt darin, "dass eine Bank den Swap so strukturiert, dass der Zweitmarkt einen Wettgewinn durch die Bank für wahrscheinlicher hält als einen des Kunden".

Der BGH folgte dieser Argumentation nicht. Der "anfängliche negative Marktwert" des Swap-Vertrages spiegle nicht den voraussichtlichen Erfolg und Misserfolg des Geschäftes wider, sondern die Höhe des Verlusts für den Kunden, falls er den Vertrag sofort nach Abschluss auflöst. Das Verlustrisiko sei vergleichbar mit anderen Finanzprodukten - außerbörsliche Derivatgeschäfte weisen häufig einen negativen Marktwert auf. Die Empfehlung eines Swap-Vertrages könne daher trotz des anfänglich negativen Marktwerts "objektgerecht" sein, sofern die Gewinnchancen nicht nachhaltig durch übermäßige Kostenbestandteile beeinträchtigt würden.

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) zeigte sich erfreut über den Ausgang des Prozesses. "Das heutige Urteil des BGH bestätigt unsere Rechtsauffassung", sagte ein DSGV-Sprecher. Aus rechtlicher Sicht könnte es für Banken künftig vorteilhaft seien, Produkte einer anderen Gesellschaft zu vermitteln, sagte Anwalt Kindermann. Schließlich gebe es dann keinen Interessenkonflikt, über den sie ihre Kunden aufklären müssten.

Verkauft ein Geldhaus ein eigenes Finanzprodukt, bei dem es quasi selbst gegen seinen Kunden wettet, sind die Aufklärungspflichten nämlich deutlich höher, wie der BHG bereits 2011 deutlich gemacht hatte. Damals verurteilte er die Deutsche Bank, wegen Falschberatung bei hochkomplexen Zinswetten 540.000 Euro Schadenersatz an einen Kunden zu zahlen. Da die Bank damals Vertragspartner des Swap-Vertrages war, wäre sie verpflichtet gewesen, auch über den anfänglichen negativen Marktwert des Vertrages aufzuklären, erklärte der BGH.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drei Anzeichen für ein brüchiges Arbeitsleben
07.07.2025

Neue Führung, neue Arbeitszeiten, neue Karriereträume: Wer im internationalen Wettbewerb mithalten will, muss verstehen, wie sich das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Börse-Ausblick: Europa trotzt Trump – doch wie lange noch?
07.07.2025

Ein halbes Jahr voller Turbulenzen: Trump, Zölle, Währungskrise – die Börsen zeigen extreme Bewegungen. Welche Märkte profitieren,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Kurs wird zur Gefahr: Europas Exporte brechen ein
06.07.2025

Ein starker Euro, schwaches Wachstum, neue US-Zölle – Europas Wirtschaft gerät unter Druck. Die EZB warnt, doch die Lage droht zu...

DWN
Politik
Politik Neuregelung der Vaterschaft: Mehr Rechte für leibliche Väter
06.07.2025

Die Bundesregierung plant eine Reform, die leiblichen Vätern zu mehr rechtlicher Anerkennung verhelfen soll. Der Entwurf aus dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungstausch: Wie Sie Ihre Ferienwohnung herzaubern und worauf Sie achten müssen
06.07.2025

Der Wohnungstausch boomt – günstig, persönlich und spannend. Doch wie funktioniert das Ganze wirklich, und worauf muss man achten,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jungmakler mit TikTok: Wie eine Generation den Versicherungsmarkt neu denkt
06.07.2025

TikTok-Reichweite, neue Rollenbilder, klare Erwartungen: Junge Makler treiben die Disruption im unabhängigen Versicherungsvertrieb voran....

DWN
Technologie
Technologie Wäschetrockner: Neues Energie-Label einfach erklärt
06.07.2025

Seit dem 1. Juli gelten für Wäschetrockner strengere Energiekennzeichnungen. Verbraucher sollen Geräte nun besser vergleichen können....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Praktika und Probearbeiten: Rechte, Pflichten und Fallstricke für Berufseinsteiger
06.07.2025

Viele Praktikanten kennen ihre Rechte nicht – und riskieren, ausgenutzt zu werden. Was wirklich erlaubt ist, wann Praktika bezahlt werden...