Politik

Mitten in der Krise: Juncker will gemeinsames Budget der Euro-Staaten

Jean-Claude Juncker fordert die Errichtung eines gemeinsamen Haushalts für die Euro-Zone. Die Staats- und Regierungs-Chefs der EU sind mehrheitlich dagegen. Denn der gemeinsame EU-Haushalt sieht Durchgriffsrechte gegenüber den nationalen Haushalten vor. Doch Juncker will die Krise nutzen, um die Integration voranzutreiben.
14.02.2015 00:43
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Präsident der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, hat den Staats- und Regierungs-Chefs der EU auf einem Brüsseler Gipfel am Donnerstag ein achtseitiges Papier zur Intensivierung der EU-Integration vorgelegt. Unter anderem plädiert er für die Schaffung von neuen EU-Institutionen, die der Währungspolitik der Union dienen sollen.

Detaillierte Vorschläge sollen in dem Papier enthalten sein, berichtet die Financial Times. Doch Juncker werfe Fragen auf, die in mehreren Hauptstädten der EU für Unannehmlichkeiten sorgen dürften. Vor einem Jahr war die EU-Integration ins Stocken gekommen und einige Staats- und Regierungs-Chefs machten deutlich, dass sie reformmüde seien. Der Euro-Raum habe es nicht in der gleichen Weise wie die USA aus der Krise geschafft. Eine unvollständige Währungs-Union habe es schwieriger voranzukommen, steht in dem Papier.

Es habe in den EU-Staaten Nachlässigkeiten bei den Wirtschaftsreformen gegeben. Die Regierungen hätten auf die derzeit günstigen Bedingungen auf den Finanzmärkten vertraut. Das habe „kontraproduktive Effekte in Bezug auf die Reform-Bereitschaft der nationalen Regierungen“ verursacht.

Ein neuer politischer Konsens auf höchster politischer Ebene sei notwendig, um mit den Strukturreformen, die als Priorität im gesamten Euroraum in Angriff genommen werden sollten, fortzufahren.

Der umstrittenste Teil des Papiers nimmt Bezug auf einen eigenen Haushalt für die Euro-Zone. So fordert Juncker einen EU-Sonderhaushalt. Damit will er die fiskalpolitische Union vorantreiben. Dieser Ansatz wurde von Ex-Ratspräsident Herman Van Rompuy den EU-Chefs beim Herbst-Gipfel 2012 im Rahmen eines Zwischenberichts zur Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) vorgestellt.

In dem Bericht vom 12. Oktober 2012 heißt es:

„Dies weist darauf hin, dass der geltende Rahmen für die Überwachung und die Koordinierung der Haushaltspolitiken – wie im Zweierpaket vorgeschlagen – durch einen Rahmen für eine stärkere Vorabkoordinierung ergänzt werden muss und dass schrittweise auf einen umfassenden integrierten Haushaltsrahmen hingearbeitet werden muss (…) Die Geschichte anderer Währungsunionen zeigt, dass es verschiedene Wege hin zu einer Fiskalunion gibt. Das Ausmaß, in dem die Haushaltsinstrumente zentralisiert sind, und die Regelungen zur Haushaltssolidarität im Falle eines makroökonomischen oder finanziellen Schocks unterscheiden sich von Währungsunion zu Währungsunion.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte 2012 den Van Rompuy damit beauftragt die Errichtung einer „besonderen solidarischen Finanzeinheit“ innerhalb der EU zu prüfen. Zum Thema des gemeinsamen EU-Haushalts sagt Merkel in einer Regierungs-Erklärung vom 18. Oktober 2012: „Bei der Stärkung der Haushaltsdisziplin sind wir zuletzt mit dem Fiskalvertrag durchaus ein gutes Stück vorangekommen. Aber wir sind der Meinung – das sage ich für die ganze Bundesregierung –: Wir könnten hier sehr gut ein Stück weiter gehen, indem wir der europäischen Ebene echte Durchgriffsrechte gegenüber den nationalen Haushalten gewähren, dort, wo die vereinbarten Grenzwerte des Stabilitäts- und Wachstumspaktes nicht eingehalten werden. Ich weiß: Die Bereitschaft hierzu zeigen viele Mitgliedstaaten noch nicht. Aber ich sage auch: leider.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kyle Bass: „Europa ist eine Ansammlung gescheiterter Volkswirtschaften“ – Was der US-Investor wirklich meint
30.04.2025

US-Starinvestor Kyle Bass rechnet mit Europa ab – und liefert eine scharfe Analyse, warum der Kontinent für Investoren zur...

DWN
Technologie
Technologie Cyberbedrohungen: Unternehmen stehen vor einer Zeitenwende – Sicherheit wird zur wirtschaftlichen Überlebensfrage
29.04.2025

Die Weltwirtschaft hat einen neuen, unsichtbaren Frontverlauf – und dieser verläuft mitten durch die digitalen Netzwerke globaler...

DWN
Politik
Politik Die Hälfte der Deutschen glaubt: Elektroautos sind ein grüner Bluff – was das für Europa bedeutet
29.04.2025

Trotz Milliardensubventionen verliert die grüne Transformation rasant an Rückhalt. Bürger zweifeln, Experten warnen – Europa droht der...

DWN
Politik
Politik Spionage AfD: Ex-Krah-Mitarbeiter angeklagt
29.04.2025

Ein ehemaliger Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah steht im Verdacht, für einen chinesischen Geheimdienst gearbeitet zu haben...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft US-Zölle: Deutsche Unternehmen bleiben erstaunlich gelassen
29.04.2025

Trotz der hitzigen Rhetorik aus Washington und düsteren Prognosen internationaler Organisationen wie dem IWF zeigen deutsche Unternehmen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alphabet greift nach Europas Kapital: Anleihe-Offensive des Google-Konzerns mit Signalwirkung
29.04.2025

Die Alphabet-Anleihe ist mehr als ein Finanzmanöver: Sie markiert einen geopolitischen Wendepunkt – und eine Kampfansage im Rennen um...

DWN
Politik
Politik US-Zölle: Trump reagiert auf Druck der Autobranche
29.04.2025

US-Präsident Trump rudert bei seiner Zollpolitik zurück: Nach heftiger Kritik aus der Autoindustrie will das Weiße Haus nun Entlastungen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Wertekrieg: Warum es ökonomisch vernünftig ist, das Wort „Vielfalt“ zu streichen
29.04.2025

Von der internationalen Wirtschaftselite kaum beachtet, vollzieht sich derzeit in den USA eine tektonische Verschiebung – nicht in...