Finanzen

Pleite-Gefahr: Griechenland kann IWF-Kredit nicht bedienen

Griechenland muss im März milliardenschweren finanziellen Verpflichtungen an die Geldgeber nachkommen. Finanzminister Varoufakis findet in seinem Haushalt allerdings große Löcher. Es gebe zwar keine Liquiditätsprobleme im öffentlichen Sektor, aber auf jeden Fall Probleme bei der Schuldenrückzahlung an den IWF und an die EZB. Sollte der IWF-Kredit tatsächlich nicht bedient werden, besteht die akute Gefahr einer Staatspleite.
27.02.2015 01:08
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Am Freitag wird der Bundestag – neben anderen Parlamenten wie in den Niederlanden und Finnland – der Verlängerung der Kredite für Griechenland zustimmen. Die restlichen 1,8 Milliarden Euro aus dem EFSF sollen jedoch erst dann freigegeben werden, wenn detailliertere Pläne seitens der griechischen Regierung zu den zugesagten Reformen vorliegen, nämlich Ende April. Auch der IWF will die restlichen rund 7 Milliarden Euro erst dann auszahlen.

Doch eine Verspätung bei der Rückzahlung des IWF bedeutet, so die Zeitung Kathimerini, „ein Kredit-Ereignis - also die Staatspleite“. Griechenland muss an den IWF im März 1,2 Milliarden Euro an den IWF überweisen.

Indessen sieht Finanzminister Varoufakis in seinem Haushalt große Löcher, die zur Begleichung der fälligen Rückzahlungen an den IWF und die EZB anstehen, wie die griechische Tageszeitung Kathimerini berichtet. „Wir haben zwar keine Liquiditätsprobleme im öffentlichen Sektor, aber auf jeden Fall Probleme bei der Schuldenrückzahlung an den IWF und an die EZB im Juli“, sagte er im griechischen Alpha Radio.

Laut Kathimerini gab Varoufakis keine Zahlen hinsichtlich der Finanzlücke bekannt. Fakt ist jedoch: Allein im März stehen Rückzahlungen an den IWF von 1,5 Milliarden Euro an, sowie 750 Millionen Euro für Zinsen an die Euroländer aus dem EFSF an. Des Weiteren müssen T-Bills (kurzlaufende Staatsanleihen zwischen drei und sechs Monate) von jeweils 1,4 und 1,6 Milliarden Euro an die EZB beglichen werden. Rund 6,7 Milliarden stehen im Juli und August an Zahlungen an die EZB auf der Agenda.

„Wir suchen nach einer Lösung und wir werden eine Lösung finden, die alle Seiten zufrieden stellt“, betonte Regierungssprecher Gavriil Sakellarides nach Medienberichten. Allerdings ist bisher nicht ersichtlich, wie diese Lösung aussehen kann und welchen Part möglicherweise die EZB dabei spielt.

Trotz der zuletzt bekannt gewordenen Vereinbarung über die Verlängerung der Kredite bis Ende Juni sind die Aktien von zwei Banken, der Eurobank und der Bank of Piraeus, um 65 Prozent gefallen. Grund sind die massiven Abhebungen der griechischen Bürger und deren Misstrauen in den finanziellen Zustand der Banken. Berichten zufolge handelt es sich zwischen zwei bis drei Milliarden wöchentlich.

Die Eurobank und die Alphabank sind ab 23. März nicht mehr im übergreifenden europäischen STOXX 600-Index gelistet, wie Reuters berichtet. Mit dem Ausscheiden müssen Fonds, die den Index eins zu eins abbilden, die Aktien verkaufen.

Inzwischen berichtet das Wall Street Journal, dass die griechische Regierung nach wie vor um die Eintreibung von fälligen Steuern kämpft. Seit 2009 fehlen dem Staat nach Erhebungen rund 76 Milliarden Euro ausstehende Steuern von Privatpersonen und Unternehmen. Finanzstaatssekretärin Nadia Valavani bietet bis 30. April einen Erlass von 50 Prozent an, wie der österreichische Standard meldete.

Milliarden von Steuergeldern seien dem Staat laut dem Wall Street Journal durch die enorme Schattenwirtschaft verloren gegangen. Vor der Krise wurde die Schattenwirtschaft auf ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts des Landes geschätzt.

Jahrelang hatten der Internationale Währungsfonds und andere Gläubiger Griechenlands argumentiert, dass die Schuldenkrise des Landes weitgehend aufgelöst werden könnte, wenn die Regierung die Steuerhinterziehung hart bekämpfe. Die Steuerschulden in Griechenland entsprechen etwa 90 Prozent der jährlich prognostizierten Steuereinnahmen. Es ist damit das höchste Defizit in den industrialisierten Nationen, so die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Die griechischen Steuereinnahmen blieben allein im Januar um rund 3,5 Milliarden Euro hinter den Erwartungen zurück, was dazu führt, dass de facto dem Staatshaushalt diese Summe fehlt. Die griechischen Bürger hatten Steuerzahlungen wegen der Ende Januar stattgefundenen Wahl zurückgehalten.

Derweil versucht die neue griechische Regierung, die Steuereintreibung als Top-Priorität auf die Agenda zu setzen. Frühere Regierungen versuchten dies bisher erfolglos.

Im Wesentlichen entsprechen die Steuersätze denselben wie anderenorts in Europa. In Griechenland herrscht jedoch eine weitverbreitete Aversion, Steuern an den Staat zu zahlen, was oftmals mit kulturellen oder historischen Gegebenheiten gerechtfertigt wird.

Offenbar wird hinter den Kulissen schon an ein drittes „Hilfsprogramm“ gedacht. „Griechenland hat eine große Finanzierungslücke von 30 bis 40 Milliarden Euro für die nächsten drei Jahre“, sagte der DIW-Präsident Marcel Fratzscher einer Mitteilung zufolge.

Aus geopolitischen Gründen kann das Land jedoch nicht aus der Eurozone ausscheiden. Die NATO ist keinesfalls an einem „failed-state“ an der Südostflanke Europas interessiert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kyle Bass: „Europa ist eine Ansammlung gescheiterter Volkswirtschaften“ – Was der US-Investor wirklich meint
30.04.2025

US-Starinvestor Kyle Bass rechnet mit Europa ab – und liefert eine scharfe Analyse, warum der Kontinent für Investoren zur...

DWN
Technologie
Technologie Cyberbedrohungen: Unternehmen stehen vor einer Zeitenwende – Sicherheit wird zur wirtschaftlichen Überlebensfrage
29.04.2025

Die Weltwirtschaft hat einen neuen, unsichtbaren Frontverlauf – und dieser verläuft mitten durch die digitalen Netzwerke globaler...

DWN
Politik
Politik Die Hälfte der Deutschen glaubt: Elektroautos sind ein grüner Bluff – was das für Europa bedeutet
29.04.2025

Trotz Milliardensubventionen verliert die grüne Transformation rasant an Rückhalt. Bürger zweifeln, Experten warnen – Europa droht der...

DWN
Politik
Politik Spionage AfD: Ex-Krah-Mitarbeiter angeklagt
29.04.2025

Ein ehemaliger Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah steht im Verdacht, für einen chinesischen Geheimdienst gearbeitet zu haben...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft US-Zölle: Deutsche Unternehmen bleiben erstaunlich gelassen
29.04.2025

Trotz der hitzigen Rhetorik aus Washington und düsteren Prognosen internationaler Organisationen wie dem IWF zeigen deutsche Unternehmen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alphabet greift nach Europas Kapital: Anleihe-Offensive des Google-Konzerns mit Signalwirkung
29.04.2025

Die Alphabet-Anleihe ist mehr als ein Finanzmanöver: Sie markiert einen geopolitischen Wendepunkt – und eine Kampfansage im Rennen um...

DWN
Politik
Politik US-Zölle: Trump reagiert auf Druck der Autobranche
29.04.2025

US-Präsident Trump rudert bei seiner Zollpolitik zurück: Nach heftiger Kritik aus der Autoindustrie will das Weiße Haus nun Entlastungen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Wertekrieg: Warum es ökonomisch vernünftig ist, das Wort „Vielfalt“ zu streichen
29.04.2025

Von der internationalen Wirtschaftselite kaum beachtet, vollzieht sich derzeit in den USA eine tektonische Verschiebung – nicht in...