Der Traum der britischen Großbanken von Milliarden-Gewinnen und sprudelnden Boni im Investmentbanking ist vorbei. Frühere Top-Adressen im Kapitalmarktgeschäft wie Barclays, Royal Bank of Scotland und Co. treten reihenweise den Rückzug an und bauen tausende Stellen ab. Allein bei der RBS dürften es 14.000 sein, wie die Financial Times am Mittwoch unter Berufung auf Insider berichtete. Bis 2019 sollen demnach vier von fünf Jobs im Investmentbanking des in der Krise vom Staat geretteten Geldhauses wegfallen. Dieser Kahlschlag kommt einem Abgesang auf das einstige Kerngeschäft gleich (BBC-Doku über die City of London am Anfang des Artikels).
RBS hatte bereits vergangene Woche nach einer tiefroten Jahresbilanz angekündigt, das Investmentbanking in 25 Ländern Europas, Asiens und des Nahen Ostens aufzugeben. Jetzt werden die Abbaupläne offenbar konkret. Der FT zufolge sind vor allem die USA und Asien betroffen. Bei der heimischen Rivalin Barclays ist seit vergangenem Jahr klar, dass in ihrer Investmentbank ein Viertel der Mannschaft vor die Tür gesetzt wird - insgesamt 7000 Leute. Der Abbau ist in vollem Gange.
Vorstandschef Antony Jenkins legte in dieser Woche noch einmal nach und betonte angesichts eines Gewinneinbruchs im Kapitalmarktgeschäft: „Ich bin kein besonders geduldiger Mensch.“ Jede Sparte müsse die von ihr erwarteten Renditen erwirtschaften. Er werde nicht zögern, die Kosten weiter zu senken, falls das nötig sei.
Dass sich das Investmentbanking nicht mehr so lohnt wie vor der Finanzkrise hat mehrere Gründe: Zwar boomt schon wieder das Beratungsgeschäft rund um Fusionen und Übernahmen (M&A) in den USA und Europa. Doch im Handel hat die strengere Regulierung viele Geschäfte schlichtweg teurer gemacht, weil sie mit mehr Eigenkapital hinterlegt werden müssen. Und das ist ein knappes Gut. Im wichtigen Handel mit festverzinslichen Wertpapieren verdirbt den Investoren die Laune, dass die Notenbanken rund um den Globus an ihrer Niedrigzinspolitik festhalten - für Anleger gibt es also kaum Gelegenheiten für Wetten auf unterschiedliche Zinsstrategien. Und nicht zuletzt kommt die Automatisierung des Handels ins Spiel - Computer lösen immer mehr den Menschen ab.
Die Großbanken rund um den Globus ziehen unterschiedliche Konsequenzen daraus. Die einen - allen voran die britischen Institute, aber auch die Schweizer UBS - gehen davon aus, dass das Investmentbanking nie mehr Renditen wie vor der Krise bringen wird. Abspecken und umsteuern ist deshalb die Antwort der Vorstandschefs. Die anderen frohlocken, sprechen von einer vorübergehenden Flaute und wollen den Rückzug der Konkurrenz für sich nutzen. Dazu zählen die mächtigen US-Banken, die am Finanzplatz London Wurzeln geschlagen haben.
Auch die Deutsche Bank will in Lücken vorstoßen, die die Rivalen hinterlassen - als quasi einzig verbliebene europäische Alternative zu den US-Häusern. Ob die Rechnung aufgeht, ist offen. Die Frankfurter leiden nach wie vor darunter, dass die Kosten zu hoch sind, um Renditen einzufahren, wie sie sich Eigner und Führungsetage vorstellen. Entsprechend zeichnet sich ab, dass die Doppelspitze Anshu Jain und Jürgen Fitschen neben der lange erwarteten neuen Strategie im Frühjahr auch ein neues Sparprogramm präsentieren wird.
Aber auch außerhalb des Investmentbankings nimmt der Spardruck zu. Jüngstes Beispiel: Standard Chartered. Die stark auf Asien fokussierte Bank musste 2014 einen Einbruch des Gewinns vor Steuern um gut ein Viertel auf 5,2 Milliarden Dollar verschmerzen, weil die Zahl der faulen Kredite wieder steigt. Vor allem im Rohstoffsektor haben wegen des Ölpreis-Verfalls offenbar immer mehr Kunden Schwierigkeiten. Standard Chartered will nun gegensteuern: In den kommenden drei Jahren sollen die Kosten um 1,8 Milliarden Dollar gedrückt werden, kündigte die Bank am Mittwoch an. Anleger jubelten - die Aktie stieg an der Londoner Börse um fünf Prozent. Dass auch Standard Chartered die Kapitalmarktaktivitäten eindampft, steht schon seit Jahresbeginn fest. Betroffen ist insbesondere das unrentable Aktiengeschäft.