Politik

Fonds ohne Zukunft: EU streicht Geld für die Forschung, um Autobahnen zu bauen

Der Investitionsfonds der EU soll vor allem den raschen Erfolg bringen, um die politische Lage in der EU zu stabilisieren. Weil die EU nicht genug Geld flüssig hat, greift sie zu einem Trick. Sie streicht der Wissenschaft die Gelder, um mit Bauprojekte wie Autobahnen oder andere Beton-Gebilde die Konjunktur zu befeuern. Der Fall zeigt: Für den kurzfristigen Wahlerfolg stoppen EU und Regierungen die Investitionen in die Zukunft.
05.03.2015 00:24
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Für das von der EU-Kommission geplante Investitionsprogramm in Höhe von 315 Milliarden Euro wird offenbar das Forschungsbudget drastisch gekürzt: Der aktuelle Startfonds besteht aus 21 Milliarden Euro. Diese sind zusammengetragen aus 16 Milliarden Euro der Kommission (8 Milliarden in Cash, die anderen 8 Milliarden in Garantien) und weiteren 5 Milliarden Euro der Europäischen Investitionsbank.

Doch in einem internen Memo der EU-Kommission an die 28 europäischen Finanzminister heißt es, dass die 8 Milliarden in Cash keineswegs frisches Geld sind. Stattdessen sollen bereits bestehende Budgets stark beschnitten werden. Etwa 2,7 Milliarden Euro sollen aus einem Budget stammen, das bislang für Forschung verplant war, berichtet EUobserver.

Das hat auch direkte Auswirkungen auf deutsche Forschungseinrichtungen. Die Fraunhofer-Gesellschaft hat 2014 laut eigenen Angaben rund 100 Millionen EU-Fördergelder bekommen: „Eine genaue Auswirkung der Kürzungen lässt sich aktuell nicht einschätzen. Jedoch werden Fraunhofer-relevante Teile von Horizont 2020 im Verordnungsvorschlag überproportional gekürzt. Die für das Jahr 2016 vorgesehenen drastischen Kürzungen betreffen beispielsweise das EIT-Budget in besonderem Maße, es soll um etwa 40 Prozent gekürzt werden. Fraunhofer ist etwa prominent im KIC „Raw Materials“ vertreten und wäre somit direkt betroffen“, heißt es auf Nachfrage der Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

Die internationale Wissenschaftsgemeinde protestiert ebenfalls gegen dieses Vorgehen: „Wissenschaftler und Technologen wurden zu einem verstärkten Engagement der EU in Forschung und Innovation ausgerichtet. Die Kürzungen sind ein Vertrauensbruch“, zitiert der EUobserver Peter Tindermans, den Generalsekretär von Euroscience – einer Dachorganisation für Forschungseinrichtungen.

Den größten Einschnitt muss wohl das European Research Centre hinnehmen. Es verfügt momentan über ein Budget von 1,7 Milliarden Euro. In diesem Jahr werden rund 90 Millionen Euro gekürzt, in den kommenden fünf Jahren etwa 221 Millionen Euro.

Dem europäischen Raumfahrtprogramm werden 80 Millionen Euro weniger gestellt. Ein Finanzierungspaket für Nanotechnologie, Neue Materialien, Laser und Biotechnologie wird um 169 Millionen Euro reduziert.

Zu den 2,7 Milliarden aus dem Forschungsbudget sollen etwa 3,3 Milliarden Euro aus dem Verkehrshaushalt kommen und 2 Milliarden aus „nicht zugewiesenen“ EU-Zahlungsmitteln, berichtet The Bureau of Investigative Journalim.

Das Investitionsprogramm soll 1,3 Millionen neue Arbeitsplätze schaffen, so Junckers Versprechungen. Sollte das Programm allerdings scheitern, werden die europäischen Steuerzahler zur Kasse gebeten.

Der finanz- und wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold, hat auf seiner offiziellen Webseite die Projektliste für die europäische Investitions-Initiative veröffentlicht.

Giegold kritisiert vor allem, dass es der geleakten Liste der EU-Projekte an einem „ökologischen Kompass“ fehle:

„Junckers Investitionsliste fehlt der ökologische Kompass. Das Programm soll zu einer Finanzierungsmaschine für Straßen, Flughäfen und Atomkraftwerke werden. Insbesondere mit der Finanzierung von Atomkraftwerken verkennt Juncker die Zeichen der Zeit, die auf Erneuerbare Energien stehen. Die Projekte müssen durch eine strenge Umweltverträglichkeitsprüfung. Kaum förderungswürdig sind zum Beispiel die Atomkraftwerke Hinkley Point C, Wylfa und Moorside in Großbritannien, das neue Flughaftenterminal 3 in Frankfurt sowie der Ausbau von Autobahnen wie A3, A4, A6, A8. Die Mittel müssen in Erneuerbare Energien und Energieeffizienz fließen. Nur so können wir Ölimporte in Milliardenhöhe ersetzen, wovon unsere Umwelt und unsere Gesellschaft profitieren würden.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...

DWN
Panorama
Panorama Umfrage: Vielen Bädern fehlt das Personal
31.05.2025

Viele Bäder in Deutschland haben laut einer Umfrage mit Personalengpässen zu kämpfen. So hatten 38 Prozent der befragten Hallen- und...

DWN
Finanzen
Finanzen Trump plant Milliardeninvestition in Bitcoin und andere Kryptowährungen
31.05.2025

Donald Trump will Bitcoin zur Staatsangelegenheit machen – mit Milliarden-Investitionen seiner Mediengruppe. Während der Markt jubelt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Monopol auf Seltene Erden wankt – doch der Westen zahlt den Preis
31.05.2025

China kontrolliert die Welt der Seltenen Erden – und lässt Konkurrenz nur zu ihren Bedingungen zu. Neue Minen entstehen, doch ihre...