Technologie

USA will Piloten durch Roboter ersetzen

Die NASA entwickelt Funk- und Roboter-Technologien, die Piloten im Cockpit überflüssig machen. Auch Fluglotsen sollen langfristig durch Software ersetzt werden. Dies soll zu mehr Sicherheit im Flugverkehr führen, spart allerdings auch enorme Gehaltskosten.
09.04.2015 11:26
Lesezeit: 2 min

Experten der Bundesregierung und der Luftfahrtbranche beraten derzeit in einer Taskforce über Konsequenzen aus dem Germanwings-Unglück. Veränderungen an den Sicherheitsfunktionen der Cockpittüren sowie eine verbesserte Überprüfung der Flugtauglichkeit von Piloten werden diskutiert.

Indes machen US-Flugexperten einen ganz anderen Vorstoß: Menschliche Co-Piloten und Piloten sollen komplett aus dem Cockpit verbannt und auch Fluglotsen durch Software ersetzt werden. Fortschritte in Sensortechnologie, Computertechnik und künstlicher Intelligenz machen den Menschen im Cockpit überflüssig, so ein Bericht der New York Times. US-Regierungsorganisationen experimentieren bereits mit Robotern oder Fernsteuerung und sehen diese nicht mehr nur im militärischen Bereich als Ersatz für Co-Piloten und Piloten sondern auch in Fracht- und Personenflugverkehr.

„Die Industrie ist zunehmend gewillt, Forschungs- und Entwicklungsgelder in diesen Bereich zu stecken“, sagt NASA-Forschungsleiter Parimal Kopardekar der NYT.

Der Schritt scheint logisch in einer Branche, die bereits hochgradig automatisiert ist. Flugzeuge werden in der Regel bereits vom Start bis zur Landung vom Autopiloten geflogen und vom Piloten lediglich „überwacht“. Eine Umfrage unter Boeing Piloten ergab, dass sie durchschnittlich nur noch circa sieben Minuten pro Flug tatsächlich mit manueller Steuerung verbringen, Airbus Piloten sogar nur halb so viel. Diese fünf Minuten zu ersetzen hieße demnach, ein komplettes Pilotengehalt einzusparen.

Die Argumentation der Forscher geht allerdings weniger auf den wirtschaftlichen als vielmehr auf den Sicherheitsaspekt ein.

Insbesondere das Pentagon hat bereits massiv in Roboter-Flug-Technologie investiert. Die 11.000 Drohnen jedoch funktionieren meist nicht autonom, sondern durch Fernsteuerung, in die bei einer Kampf-Mission bis zu 150 Menschen involviert sind. Automatische Piloting-Software gibt es hingegen bereits in den F-16 Bombern, die Anti-Bodenkollisions-Automatik soll sogar bereits ein bemanntes Flugzeug gerettet haben. Sie hätte auch den Germanwingsabsturz verhindern können, so die Argumentation.

In diesem Sommer macht die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA), Forschungsorganisation des Pentagon, den nächsten Automatisierungs-Schritt mit dem Cockpit Automatisierungssystem Alias. Die Agentur will einen Roboter auf Testflügen einsetzen, der in Militärflugzeugen den Platz des Co-Piloten einnehmen soll. Der tragbare Bord Roboter soll in der Lage sein zu sprechen, zu hören, die Flugsteuerung zu übernehmen und die Bord-Instrumente zu lesen. Dabei soll der R2D2-ähnliche Roboter im Gegensatz zu einem Autopiloten bewusst sichtbar und im Verhalten menschenähnlich sein, um seine Akzeptanz unter Piloten und Passagieren zu steigern. Statt elektronische Befehle zu funken soll er die für menschliche Händen gebaute Ausrüstung benutzen, wie das Steuer des Piloten sowie die verschiedenen Knöpfe, Schalter und Tasten. Im Idealfall sollen die Roboter dank Spracherkennung und Sprachsynthese-Technologien auch mit dem menschlichen Piloten und der Flugsicherung kommunizieren können.

Die Maschine soll zunächst die menschlichen Piloten auf Routineflüge unterstützen und lediglich in Notsituationen das Steuer übernehmen.

Doch dem DARPA-Entwickler Cummings zufolge hat der Germanwings-Absturz auch die Frage aufgebracht, ob wir externe Kontrollmöglichkeiten für Flugzeuge brauchen: „Könnten wir ein Flugzeug mit nur einem Piloten und der Fernsteuerung vom Boden aus haben, das sicherer ist als heutige Systeme? Die Antwort ist ja“, sagt Cummings.

Die NASA entwickelt daher eine Fernsteuerung am Boden als Co-Pilot für mehrere Flugzeuge. Dabei kann ein Boden-Controller Dutzende Flüge gleichzeitig betreuen und sich wenn nötig in ein einzelnes Flugzeug „beamen“, um es etwa aus der Ferne zu landen.

Auch die Zahl der menschlichen Fluglotsen am Boden will die NASA reduzieren und stattdessen Computer für die Überwachung des Flugverkehrs einsetzen. Software kann die Geschwindigkeit und Entfernung von Hunderten von Flugzeugen gleichzeitig koordinieren und so den Fluss der Flugzeuge im Landeanflug auf den Flughäfen verbessern. Mit weniger menschlichen Controllern könne die NASA so die Dichte des Flugverkehrs um bis zu 20 Prozent erhöhen.

Das Einsparpotenzial bei der Umstellung auf autonome Flugzeugen und Flugsicherungssysteme ist somit enorm. Ein Forschungsbericht für die NASA von 2007 schätzt, dass die Lohnkosten für die Co-Piloten allein weltweit jährlich mehrere Milliarden Dollar ausmachen.

„Technologie kann eigene Kosten haben", warnt hingegen Amy Pritchett, außerordentlicher Professor für Luft- und Raumfahrttechnik am Georgia Institute of Technology. „Wenn Sie mehr Technik ins Cockpit bringen, haben Sie mehr Technik, die ausfallen kann.“

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