Politik

USA: Russische Waffenlieferungen verstoßen nicht gegen UN-Sanktionen

Das US-Außenministerium hat erstaunlich zurückhaltend auf die Aufhebung des russischen Waffenembargos gegen den Iran reagiert. Die Lieferung von Raketenabwehrsystemen werden von den Amerikanern nicht als Verletzung der von den UN verhängten Sanktionen betrachtet. Washington ist über den Schritt nicht glücklich. Moskau und Teheran sprechen von einem wichtigen Schritt in der Verbesserung der russisch-iranischen Beziehungen.
14.04.2015 00:50
Lesezeit: 2 min

Das US-Außenministerium hat überraschend zurückhaltend auf die Entscheidung von Russlands Präsident Wladimir Putin reagiert, an den Iran Raketenabwehrsysteme zu liefern. Putin hatte am Montag ein entsprechendes Waffenembargo aufgehoben und die Lieferung von vor Jahren bestellten S-300-Raketenabwehrsystemen an den Iran verfügt. Die Sprecherin des Außenministeriums, Marie Harf, sagte in Washington, dass man angesichts der verschärften Sicherheitslage im Nahen Osten über diese Entscheidung nicht glücklich sei. Harf sagte: «Wir haben unsere Bedenken über den Verkauf der S-300-Systeme an den Iran bereits des Öfteren ausgedrückt. Das ist sicher nicht neu. Der Außenminister hat seine Bedenken in einem Telefonat mit dem russischen Außenminister Lawrow am Montagmorgen kundgetan. Wir glauben nicht, dass es konstruktiv ist, dass Russland ausgerechnet jetzt diesen Schritt setzt. Aber wir haben sehr eng mit Russland bei den Atomverhandlungen mit dem Iran zusammengearbeitet. Wir glauben nicht, dass diese Entscheidung einen Einfluss auf die Stimmung unserer Verhandlungsgruppe haben wird. Das Thema wurde diskutiert, genauso wie die Verhandlungen mit dem Iran insgesamt diskutiert wurden.»

Auf die Frage, ob die Entscheidung der Russen aus Sicht der Amerikaner einen Verstoß gegen die Resolution des UN Sicherheitsrats und die darin begründeten Sanktionen gegen den Iran darstellen, sagte Harf: «Im Hinblick auf die Bestimmungen der Sanktionen des UN-Sicherheitsrates ist es unser Verständnis, dass kein Verstoß vorliegt.»

Putin hatte einen 2010 verhängten Lieferstopp des modernen Flugabwehrsystems S-300 an den Iran aufgehoben. Die vom Präsidenten unterschriebene Verordnung trete sofort in Kraft, teilte der Kreml am Montag in Moskau mit. Russland hatte das Geschäft wegen der UN-Sanktionen gegen den Iran gestoppt.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte bereits gefordert, die Strafmaßnahmen gegen das islamische Land aufzuheben. Als Grund nannte er Fortschritte in den jüngsten Atomverhandlungen.

Für die Region stelle die russische Anlage keine Bedrohung dar - «auch nicht für Israel», sagte Lawrow. Es handele sich um ein «reines Abwehrsystem», wie es der Iran gerade jetzt wegen der Unruhen im Jemen brauche. Er habe seinen US-Kollegen John Kerry in einem Telefonat über den Schritt informiert. «Wir waren damals zu dem Lieferstopp nicht verpflichtet und haben uns jetzt entschieden, die Nachteile dafür nicht mehr in Kauf zu nehmen», meinte Lawrow.

Russische Experten begrüßten Putins Entscheidung. «Auf dem iranischen Rüstungsmarkt lassen sich Milliarden Dollar verdienen, Putins Schritt verschafft Russland dort einen wichtigen Vorsprung», sagte der Moskauer Militärforscher Radschab Safarow der Agentur Interfax zufolge. «Der Präsident korrigiert mit der Unterschrift einen geopolitischen Fehler», meinte der Generaloberst Leonid Iwaschow. Russland sollte über Waffenlieferungen «souverän» entscheiden, statt auf «ausländische Führungen» zu hören, betonte er.

Der Iran hatte 2007 in Russland die Luftabwehrraketen im Gesamtwert von 800 Millionen US-Dollar (heute etwa 750 Millionen Euro) bestellt. 2010 verbot der damalige Kremlchef Dmitri Medwedew die Lieferung der Boden-Luft-Raketen aber. Er begründete dies mit Sanktionen des UN-Sicherheitsrats, die eine Lieferung moderner Waffen an den Iran untersagen. Grund war der Streit um das iranische Atomprogramm.

Auch Russland hatte für die Strafmaßnahmen gestimmt. Teheran verklagte Moskau daraufhin wegen Vertragsbruchs auf vier Milliarden US-Dollar Schadenersatz. Die Entscheidung eines Gerichts in Genf steht noch aus. Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte jedoch, Moskau rechne jetzt nicht mehr mit einer Verurteilung. Das Auferlegen von Schadenersatz sei kaum realistisch, wenn Russland das Raketensystem liefere. Der Kreml denke an einen Export «ohne Aufschub».

Russland könne das 2007 vom Iran bestellte Modell nun «innerhalb einiger Monate» liefern, sagte ein namentlich nicht genannter Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums in Moskau. Falls aber Teheran eine neuere Variante des Systems wünsche, könnte dies anderthalb Jahre dauern. Dazu sei wohl auch ein neuer Vertrag nötig.

Die russische Agentur Tass zitierte einen iranischen Armeesprecher mit den Worten, Putins jetzige Entscheidung sei ein Beispiel für das gute bilaterale Verhältnis. Ein Berater des iranischen Parlamentschefs sprach im Interview mit der Agentur Ria Nowosti von einem «hervorragender Tag für die russisch-iranischen Beziehungen».

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