Politik

Griechenland: Neue Milliarden-Kredite aus Steuergeldern geplant

Lesezeit: 3 min
11.05.2015 15:08
Die europäischen Steuerzahler müssen sich auf 30 Milliarden Euro an neuen Krediten für Griechenland einstellen. Die lange Dauer der Verhandlungen dient offenbar dazu, die griechische Regierung zu zwingen, die letzte Kredit-Tranche für die Rückzahlung der im Juni fälligen EZB-Kredite zu verwenden. Dann wäre der Weg frei, um das Schulden-Karussell weiter am Laufen zu halten.
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Die Euro-Retter und die griechische Regierung bemühen sich offenbar intensiv, zügig zu einer Einigung in der Schuldenkrise zu kommen. Zwar wird für die heutige Sitzung der Euro-Finanzminister noch kein Ergebnis erwartet. Doch hinter den Kulissen deuten die Zeichen auf einen Masterplan hin. So sagte der Chef der Euro-Gruppe Jeroen Dijsselbloem, dass es Fortschritte in den Verhandlungen gebe. Allerdings brauche man noch Zeit, um zu einem Ergebnis zu kommen.

EU-Währungskommissar Pierre Moscovici sagte beim Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel: «Es gibt selbstverständlich immer noch einen großen Abstand (zwischen den Positionen).» Athen müsse Reformen umsetzen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte: «Die Fortschritte sind nicht so, dass heute mit irgendeiner Entscheidung zu rechnen ist. Das wissen alle.» Allein diese Aussage belegt, dass Bewegung in die Verhandlungen gekommen ist: Noch vor einigen Wochen hatte Schäuble gesagt, dass es überhaupt keine Fortschritte gäbe.

Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sagte: «Heute ist kein Ergebnis auf dem Tisch.» Die Eurogruppe wollte eine Erklärung zum Reformwillen der Griechen abgeben. «Ich denke, es wird eine positive Erklärung der Eurogruppe geben, weil es einige Fortschritte gab», sagte der irische Ressortchef Michael Noonan.

Ein interessantes Detail wird von der Bild-Zeitung lanciert. Demnach wird auf Ebene der Euro-Retter längst über die nächsten Kredite für Griechenland diskutiert. Es soll um mindestens 30 Milliarden Euro gehen. Norbert Brackmann, der CDU-Obmann im Haushaltsausschuss, sagte der Zeitung: „Natürlich spielen wir die verschiedenen Alternativen für Griechenland durch. Dazu gehört ein ,Grexit‘ genauso wie ein 3. Hilfspaket.“ Die Bild-Zeitung segelt in der Frage der „Griechenland-Rettung“ eng am Kurs von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, weshalb diese Informationen ein hohes Maß an Plausibilität besitzen.

Wie konkret diese Überlegungen für ein weiteres „Hilfspaket“ sein dürften, zeigt die Reaktion des Haushaltsausschusses. Ein Sprecher des Haushaltsausschusses sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten, dass ein 3. Hilfspaket für Griechenland momentan kein Thema im Ausschuss sei. Die Aussagen von Brackmann müssen sich daher auf interne Gespräche der Koalition beziehen.

Demnach haben CDU und SPD bereits begonnen, Pläne für weitere Kredite für Griechenland zu entwickeln. Im Bundestag wird die große Koalition keine Schwierigkeit haben, neue Steuermilliarden für die griechische Regierung durchzuwinken. Die Linkspartei ist die Schwesterpartei der regierenden Syriza. Die Grünen haben eben erst ein Papier vorgelegt, in dem sie das dritte Hilfsprogramm bereits aktiv fordern. Die Grünen wollen eine Umstrukturierung der bis 2020 ausstehenden Schulden beim IWF und der EZB auf den ESM im Rahmen eines dritten Programms und Stundung der anfallenden Zinsen analog zum EFSF-Programm, sowie die Kopplung eines Großteils der Zinszahlungen ab 2020 an die Wirtschaftsleitung des Landes.

Dass der in den Medien in den vergangenen Wochen stark diskutierte Austritts Griechenlands aus dem Euro überhaupt eine Option ist, kann vor diesem Hintergrund stark bezweifelt werden. Immerhin geht es um 240 Milliarden Euro, die die europäischen Steuerzahler Griechenland als Kredite gewährt haben. Sollte Griechenland pleitegehen, wäre diese gewaltige Summe an Steuergeldern zu einem signifikanten Teil verloren. Diese Mitteilung möchte niemand im politischen Establishment seinen Wähler machen. Außerdem hat Griechenland eine für die Nato wichtige strategische Bedeutung, weshald die Amerikaner das Land wegen des Konflikts mit Russland keinesfalls aufgeben werden, wie Marc Faber auf CNBC in seiner gewohnt prägnanten Art ausführt,

Die Länge der Verhandlungen könnte sich auch mit den fälligen Rückzahlungen erklären, die Griechenland zu leisten hat. Ganz oben auf der Liste stehen Zahlungen an den IWF und an die EZB. Griechenland versichert seine nächste Tranche in Höhe von in Höhe von 756 Millionen Euro an den IWF plangemäß am Dienstag bezahlen zu wollen.

Griechenland muss in den kommenden Monaten 1,5 Milliarden Euro an den IWF bezahlen. Drei Milliarden Euro schuldet die griechische Regierung der EZB.

Entscheidend wird die Umschuldung (rollover) einer von der EZB gekauften Staatsanleihe im Juni werden. Wenn Griechenland diese Zahlung verfehlt, wäre eine Staatspleite in der Tat eine realistische Möglichkeit. Daher dürften die Euro-Retter darauf setzen, die Verhandlungen in die Länge zu ziehen. Einerseits könnte damit die Dramatik in der Öffentlichkeit hochgehalten werden. Am Ende einer immer neuen Zuspitzung könnten sich dann sowohl die griechische Regierung als auch die Euro-Retter als wackere Helden präsentieren. Die einen hätten Europa vor einer schweren Krise bewahrt, während die griechische Regierung ein neues „Hilfspaket“ als großen Erfolg an ihre Wähler verkaufen könnte.

Der wahre Grund für die langanhaltenden Verhandlungen dürfte jedoch darin bestehen, dass die Euro Finanzminister sicherstellen wollen, dass die Griechen neue Kredit-Zahlungen nicht für innenpolitische Zwecke wie etwa die Bezahlung der Gehälter der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst verwenden. Das Kalkül der Euro-Retter ist, dass das Geld relativ knapp vor der Fälligkeit der Zahlungen an die EZB in Athen eintrifft. Auf diesem Weg könnte sichergestellt werden, dass die Schulden der EZB bedient werden.

Dieses Misstrauen in die griechische Regierung ist nicht neu. Schon bei der ersten Griechenland Krise hatte Bundesfinanzminister Schäuble ein Sperrkonto vorgeschlagen, auf das die „Rettungszahlungen“ eingezahlt werden sollten. Großteil dieses Geldes ist in den vergangenen Jahren stets in Form des Schuldendienstes an die EZB und den IWF zurückgeflossen. Nach dem Schuldenschnitt im Jahr 2012 sind die öffentlichen Gläubiger die größten Gläubiger Griechenlands. Heute wie damals hat die Troika der griechischen Regierung nicht über den Weg getraut. Damals war allerdings noch nicht die linke Syriza-Regierung an der Macht, sondern die Freunde der damaligen Großparteien von Nia Demokratia und Pasok - der Schwesterparteien von CDU und SPD

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