Finanzen

Drohung des Bargeld-Verbots: Eine Warnung an die Sparer

Die Diskussion um die Abschaffung von Bargeld soll die Sparer zwingen, ihr Geld in den Konsum zu stecken. Die Forderung belegt, dass die bisherige Politik des Gelddruckens durch die Zentralbanken grandios gescheitert ist. Anleger dürften gewarnt sein und sich nach Alternativen umsehen: Offenbar brodelt es gewaltig hinter den Kulissen des künstlichen Geld-Systems.
17.05.2015 17:15
Lesezeit: 3 min

Die Rufe nach der Abschaffung des Bargelds hallen plötzlich auch durch den deutschen Blätterwald: Im Spiegel fordert der „Wirtschaftsweise“ Peter Bofinger die Zwangs-Maßnahme. Im Handelsblatt wärmt der Ökonon Kenneth Rogoff die von ihm schon seit längerem vertretene These aus und reichert sie mit der Idee von William Buiter an, nur noch kleine Geldscheine auszugeben. Die dpa berichtet groß über die angeblich spektakuläre Entwicklung und versieht ihren Bericht mit dem dramatischen Titel „Top-Ökonomen für Abschaffung des Bargelds“. Mit der dpa wird die Idee auch in viele Zeitungen eingespeist, die sich mit diesem Thema bisher nicht beschäftigt haben oder aber die Idee als „Spinnerei“ abgetan haben.

Tatsächlich dient die Kundmachung der Idee für das allgemeine Publikum in Deutschland vor allem einem Zweck: Die Sparer sollen ausbügeln, was die Zentralbanken verbockt haben. Diese haben nämlich wie verrückt Geld gedruckt – doch das Geld kommt nicht in der realen Welt an. Die seit einiger und wohl auch noch für längere Zeit geltenden Negativ-Zinsen können nämlich nur durchgesetzt werden, wenn die Flucht ins Bargeld verhindert wird. Aus der Schweiz wurde kürzlich bekannt, dass die Pensionsfonds wegen der Strafzinsen offenbar dazu übergehen, ihr Geld bar abzuheben und in Tresoren aufzubewahren.

Die Drohung der Abschaffung des Bargelds verfolgt unterschiedliche Ziele: Kreditkarten sind ein hervorragendes Geschäft für die Banken. Es fallen Zinsen an und die Hoffnung steigt, dass die Kunden den Überblick verlieren und zuviel ausgeben, womit Überziehungszinsen erhoben werden können – ein bekanntermaßen lukratives Geschäft.

Der wichtigste Grund besteht jedoch darin, dass man die Sparer aus dem Sicherheitsdenken treiben will: Mit der Kredit- oder Bankomatkarte gehen die Leute in der Regel sorgloser um als mit dem Bargeld. Bargeld abzuheben ist mühsam, man muss mit der Hand nachzählen und man bekommt Mitte des Monats ein mulmiges Gefühl, wenn der Stapel mit den Scheinen immer kleiner wird. Das weltweite Schulden-Kasino braucht aber Billionen – nicht an künstlichem Geld, das auf der Soll- und Haben-Seite immer in einem virtuellen Bereich verbleibt, sondern real erwirtschaftetes Geld, mit dem real erzeugte Produkte gekauft werden. Die Drohung mit dem Bargeld-Verbot ist auch eine Versprechung: Die Versprechung des Kredits auf Lebenszeit, der den Leuten erscheint wie „geschenktes Geld“ oder eine Wette auf die Zukunft.

Die von den „Top-Ökonomen“ angeführten Gründe wie Schwarzarbeit oder Geldwäsche sind vorgeschoben: Denn im realen Wirtschaftsleben spielt das Bargeld kaum noch eine Rolle. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hat ermittelt, dass in Europa nur noch neun Prozent der Wirtschaftsleistung in Scheinen und Münzen erbracht werden. In Skandinavien, wo das Bargeld de facto schon vor Jahren aus dem Geschäftsleben verschwunden ist, sind es gar nur noch drei Prozent. Außerdem ist ein Bargeld-Verbot praktisch nicht durchzusetzen, wie neulich ein Ökonom der UBS erklärt hat.

Für die Schulden-Staaten hat die Drohung mit der Bargeldabschaffung einen angenehmen Nebeneffekt: In Zeiten, in denen die Staaten wegen der gigantischen Steuerverschwendungen immer weniger Rechenschaft über den Verbleib der Steuergelder ablegen, wollen sie den „gläsernen Steuerbürger“. Die österreichische Zeitung Die Presse hat in einem Kommentar treffend gefordert, es müsse eigentlich den „gläsernen Staat“ geben. Doch Beispiele wie Griechenland zeigen, dass die Entwicklung in die andere Richtung laufen: Weil die Staaten immer mehr Geld brauchen, wollen sie Einblick auf jede Transaktion haben. Die Bürger werden in die Defensive gedrängt, weil sie sich rechtfertigen müssen.

Es ist daher nur logisch, dass die Zentralbanken alles versuchen, um die Sparguthaben „flüssig“ zu machen. Bei einer Tagung werden sich in einigen Wochen die Zentralbanken explizit mit dem Thema beschäftigen. Der Wirtschaftsweise Bofinger hält das Thema für wichtig genug, um zu fordern, die Staatschefs sollten beim G-20 das Bargeld-Verbot auf die Tagesordnung setzen.

Die Drohkulisse, die mit der plötzlich auch nach Deutschland geschwappten Diskussion verbunden ist, könnte jedoch auch einen ganz anderen Hintergrund haben: Offenbar brodelt es hinter dieser Kulisse des künstlichen Geldsystems gewaltig. Große institutionelle Anleger können nicht untätig bleiben: Sie verwalten die Pensionen von Millionen Rentnern. Sie können sich keine Negativ-Zinsen leisten, weil sie wegen der Überalterung immer mehr Geld ausschütten müssen. Sie können sich erst recht keinen Totalverlust im Crash-Fall leisten, weil dieser wegen der Wut der Rentner die Regierungen enorm unter Druck setzen würde.

Die Diskussion signalisiert also einen Vertrauensverlust in das System des ungedeckten Geldes. Professionelle Anleger werden sich also umgehend nach Ausweichmöglichkeiten umsehen, um ihre Risiken zu begrenzen: Diversifikation in den Bereichen Devisen, Rohstoffe und Edelmetalle könnten die Folge sein. Staatsanleihen scheiden aus, weil sie aktuell auch zu niedrig oder gar negativ verzinsen. Immobilien sind vielleicht noch da und dort Übergangslösungen – doch die Preise sind zumindest in Europa schon fast flächendeckend überhöht. So muss man, wie neulich auf einem Immobilienportal gesehen, für eine Almhütte im schönen, aber bankrotten Kärnten 300.000 Euro berappen. Vor 20 Jahren kosteten vergleichbare Objekte 80.000 österreichische Schillinge. Das Platzen dieser Blase ist nur eine Frage der Zeit und des Ortes.

Private Anleger sollten sich vom anschwellenden Angst-Gefühl nicht anstecken lassen, sondern mit kühlem Kopf kalkulieren, wo tatsächliche Werte sind. Auf die möglicherweise bald einsetzenden politischen Beschwichigungs-Versuche sollte man nicht allzu viel geben. Es ist nicht allzu lange her, da war zu hören dass die Rente sicher sei und eine Pkw-Maut niemals kommen werde.

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