Der offenbar exakt auf die bisher vorgetragenen Gläubigerwünsche abgestimmte Vorschlag für ein drittes Rettungsprogramm enthält keine fundamental verschiedenen Punkte von dem, was dieselbe Regierung vor zwei Wochen effektvoll abgelehnt und einem Referendum unterworfen hat. Sie enthält keine Lösung für die Bankenkrise, die sich inzwischen rasant vertieft hat. Sie spielt den Ball der Gläubigerseite zu. Eine Interpretation ist die, dass Tspiras unter dem Druck der Bankenkrise nachgegeben hat. Eine andere sieht dies vor allem als politische Maßnahme, um das Scheitern dann der Gläubigerseite zuzuschieben. Schließlich öffnet er verschiedene Differenzen unter den Gläubigern, welche angesichts der verzweifelten Lage neue Spielräume schafft.
In der Situation einer schweren akuten Banken- und Liquiditätskrise ist ein hartes Austeritätsprogramm mit einem Volumen von fast 12 Milliarden Euro eine wirtschaftspolitische Vollidiotie. Das entspricht vollen 6% des BIP. Der einzige unterschiedliche Punkt ist, dass die Mehrwertsteuererhöhung erst auf den 1. Oktober statt auf den 1. Juli in Kraft treten soll. Dann ist die diesjährige Tourismussaison großenteils vorbei. Auch die Erhöhung der Tonnagesteuer und die angekündigte Beendigung des steuerlichen Sonderregimes hat nur einen Effekt: Die Flucht der Reeder weg von Griechenland anzuheizen. Ökonomisch macht dieses Paket keinen Sinn, außer den unmittelbaren Kollaps durch den Grexit abzuwenden.
Was der Vorschlag aber bewirkt, ist innenpolitisch und politisch gegenüber der Gläubigerseite. Wird er abgelehnt, kann Tspiras die Schuld den Gläubiger zuschieben. Der Vorschlag sprengt die Einheitsfront der Gläubigerseite. Bisher war das Problem von Tspiras, dass die von seinem Finanzminister Varoufakis ausgearbeitete Strategie des Alles oder Nichts auf die Ablehnung einer Einheitsfront stiess. Das jetzt vorgelegte Programm wurde unter Beizug französischer Berater ausgearbeitet. Präsident Hollande hat bereits Unterstützung signalisiert. Wenn Deutschland es refüsiert, dann wird Deutschland die ganze Verantwortung für direkte und indirekte Folgen des Grexit schultern müssen. Auch bringt es die Division zwischen dem Währungsfonds und Deutschland bezüglich der Frage eines Schuldenschnitts bzw. einer Umstrukturierung zur vollen Entfaltung. Schließlich sät es Differenzen zwischen EZB und der staatlichen Gläubigerseite. Verschiedene EZB-Ratsmitglieder wollen die ELA nicht ausdehnen. Damit würde die Liquiditätskrise voll angeheizt. Dabei gäbe es durchaus Ansätze, wie die Krise produktiv gelöst werden könnte. Sie werden ausführlich diskutiert auf den letzten drei Seiten in A Different Solution For The Greek Tragedy. Eine Zusammenfassung wird morgen und am Sonntag präsentiert.