Politik

Berliner Flughafen BER: Eröffnung 2017 kaum zu halten

Neue Hiobsbotschaft für den Steuerzahler: Wegen der Pleite des niederländischen Gebäudeausstatters Imtech dürfte der Termin für die Fertigstellung des Berliner Großflughafens BER nicht mehr zu halten sein. Imtech spielt auf der Baustelle eine entscheidende Rolle. Gegen das Unternehmen ermitteln drei Staatsanwaltschaften wegen Korruption.
07.08.2015 16:55
Lesezeit: 1 min

Die deutsche Tochter des niederländischen Gebäudeausstatters Imtech ist zahlungsunfähig und bringt damit auch das Projekt des neuen Hauptstadtflughafens in Schwierigkeiten. Der Insolvenzantrag wurde am Donnerstag in Hamburg eingereicht. Imtech hat in Deutschland nach eigenen Angaben rund 4000 Beschäftigte. Am Hauptstadtflughafen BER drohen damit neue Terminprobleme. Die Geschäftsführung lässt von einer Arbeitsgruppe prüfen, ob die geplante Eröffnung im zweiten Halbjahr 2017 noch zu schaffen ist.

Vize-Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider sagte, die Entwicklung müsse sehr ernst genommen werden. Der Projektausschuss des Aufsichtsrats werde in Kürze dazu tagen. Der Vorsitzende des Berliner Untersuchungsausschusses zum Flughafen, Martin Delius (Piratenpartei), sagte: «Ich halte den Eröffnungstermin für stark gefährdet.» Die Zeit berichtet von einem Insider, der dem Blatt sagte, durch diese Nachricht ist der Termin 2017 gestorben.

Die niederländische Imtech-Konzernmutter teilte mit, sie prüfe nun die Lage und die möglichen Konsequenzen. Imtech-Deutschland-Chef Felix Colsman verliere seinen Posten im Konzernvorstand, behalte aber die Führung in Deutschland. Insolvenzverwalter ist der Hamburger Rechtsanwalt Peter-Alexander Borchardt.

«Imtech ist eine der wichtigsten Baufirmen für die BER-Baustelle», teilte Flughafenchef Karsten Mühlenfeld mit. Es sei klar, dass die Insolvenz Auswirkungen auf wichtige Schritte des Terminplans haben werde. Er sieht vor, dass der Flughafen im März 2016 baulich fertig ist. Ob die Eröffnung 2017 noch möglich ist, sollen Baufachleute und Juristen in einer «Task Force» klären.

Teile der Imtech-Belegschaft seien schon am Freitag nicht mehr auf der Baustelle erschienen, sagte Mühlenfeld. Imtech ist bei dem mehrfach verzögerten Großprojekt für wichtige Elektro-, Sanitär- und Lüftungsarbeiten zuständig, das Unternehmen arbeitet auch an entscheidender Stelle an der Brandschutzanlage.

Die Insolvenz sei für die Auftraggeber ein «Super-Gau», sagte der Düsseldorfer Bauexperte Andreas Schmieg. «Es kommt jetzt darauf an, das Vertrauen sowohl der Auftraggeber wie auch der Lieferanten zu erhalten», sagte der Geschäftsführer der Unternehmensberatung Buchalik Brömmekamp. Zwar sei es möglich, die Verträge mit einem insolventen Unternehmen zu kündigen und andere zu beauftragen. Gerade bei Großprojekten sei dies sowohl technisch und zeitlich wie auch wirtschaftlich in der Regel nicht die optimale Lösung.

Die Firma Imtech mit Sitz in Hamburg ist seit mehr als 150 Jahren am Markt, zunächst als Heizungsbauer. 1997 verkauften die Gesellschafter des Vorgängerunternehmens Rud. Otto Meyer (ROM) ihre Anteile in die Niederlande; seit 2002 heißt die Firma Imtech Deutschland. Der Umsatz für Deutschland und Osteuropa betrug im vergangenen Jahr 860 Millionen Euro, der Verlust (Ebitda) 126 Millionen Euro. Seit 2013 steht der Konzern im Mittelpunkt einer Korruptionsaffäre; zahlreiche Manager wurden entlassen. Die Staatsanwaltschaften Hamburg, München und Neuruppin ermitteln.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wöchentliche Höchstarbeitszeit geplant: Schub für die Wirtschaft oder kontraproduktiv?
04.06.2025

Steht der 8-Stunden-Arbeitstag auf der Kippe? Die Bundesregierung will statt einer täglichen Höchstarbeitszeit eine wöchentliche...

DWN
Politik
Politik Trump zündet den Handelskrieg – doch Europa hat das bessere Spiel
03.06.2025

Donald Trump droht mit Strafzöllen, doch Europas Antwort steht längst: Mit stabilen Finanzen und strategischem Kurs könnte die EU zum...

DWN
Politik
Politik Vergessener Kontinent: Afrikas Fluchtkrisen- Milliarden fehlen für humanitäre Hilfe
03.06.2025

Fluchtkrisen in Afrika schneiden bei medialer Aufmerksamkeit, Hilfsgeldern und politischem Engagement besonders schlecht ab. Kamerun ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell: Rücksetzer nach Kurssprung – was Anleger jetzt wissen müssen
03.06.2025

Der Goldpreis ist auf Richtungssuche – trotz Krisen und Zinssorgen. Was steckt hinter der aktuellen Entwicklung, und wie sollten Anleger...

DWN
Politik
Politik Krim-Brücke: Ukrainischer Geheimdienst SBU meldet Angriff auf Kertsch-Brücke
03.06.2025

Die Krim-Brücke ist erneut Ziel eines spektakulären Angriffs geworden. Doch wie schwer sind die Schäden wirklich – und was bedeutet...

DWN
Politik
Politik Ehemalige US-Generäle zur Operation der Ukraine in Russland: Militärische Leistung, die dem Trojanischen Pferd gleichkommt
03.06.2025

Mitten in die Verhandlungen trifft Russland ein Schlag, der tief sitzt: Eine ukrainische Drohnenoffensive zerstört rund 40 strategische...

DWN
Politik
Politik Brüssels Pensionsflop: Milliardenvision scheitert kläglich
03.06.2025

Mit großem Tamtam gestartet, nun ein Desaster: Der EU-weite Rentenplan PEPP sollte Milliarden mobilisieren – doch kaum jemand macht mit....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ungenutztes Potenzial auf dem Arbeitsmarkt: Rekordteilzeit in Deutschland
03.06.2025

Teilzeit-Weltmeister Deutschland hat noch einmal nachgelegt: Die Teilzeit-Quote stieg im ersten Quartal auf einen neuen Rekord. Wie viele...