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Gegen Fälscher: Elektronik-Artikel erhalten Finger-Abdruck

Lesezeit: 2 min
14.08.2015 11:54
Elektronik-Artikel sollen künftig einen Fingerabdruck bekommen, der sie zweifelsfrei als Originalprodukt identifiziert. Während des Produktionsprozesses kommt es zu mikroskopisch kleinen Unterschieden zwischen einzelnen Chips. Diese sind wie der Fingerabdruck einmalig und praktisch unmöglich zu fälschen.
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Der Handel mit gefälschten Produkten blüht. Im Jahr 2013 handelte es sich bei 2 bis 5 Prozent aller weltweit gehandelten Güter um Fälschungen von Markenware. Der dadurch entstandene Schaden für Firmen und Staaten soll mehrere hundert Milliarden Euro betragen. Um gegen diese Entwicklung anzukämpfen, sollen Elektronikartikel künftig einen Fingerabdruck bekommen, der sie zweifelsfrei als Originalprodukt identifiziert.

Jeder Mensch hat einen Fingerabdruck, anhand dessen er eindeutig identifiziert werden kann. Weniger bekannt ist, dass auch Mikrochips eine Art Fingerabdruck haben. Während des Produktionsprozesses kommt es zu mikroskopisch kleinen Unterschieden zwischen einzelnen Chips. Diese sind wie der Fingerabdruck einmalig, bleiben für immer und sind praktisch unmöglich zu fälschen.

Laut einem Bericht von RDMag  wollen sich Tüftler des Unternehmens Verayo diese Eigenschaft nun zu Eigen machen, um effektiv gegen Produktpiraterie vorgehen zu können. Die Chips sollen dazu für jedermann mit dem Smartphone gescannt werden können, um so die Echtheit eines Produktes prüfen zu können. Das Verfahren soll möglichst jedem Nutzer auf der Welt zur Verfügung stehen, somit ist vor allem wichtig, dass Kosten und Aufwand überschaubar bleiben. Verayo nutzt dafür PUF-Chips. PUF steht für physical unclonable functions, also physisch nicht nachahmbare Funktionen.

Srini Devadas, Chefentwickler und Mitbegründer von Verayo hat herausgefunden, dass die Chips abhängig von ihrer Beschaffenheit unterschiedlich auf elektrische Signale reagieren. Bei der Herstellung kommt es zu kleinen Beulen und Schwankungen in der Beschaffenheit der Chips. Dadurch fließen Elektronen nicht überall mit der gleichen Geschwindigkeit durch den Chip, sondern mit minimalen Unterschieden.

Den Chips werden dann in Abhängigkeit ihrer Geschwindigkeitsunterschiede 128-Bit große Zahlenreihen zugeordnet. Diese Zuordnungen werden auch online in einer Cloud gespeichert, auf die auch jeder Nutzer zugreifen kann. Mittels elektromagnetischer Wellen wären auch Smartphones und Laptops, die über ein RFID-Modul verfügen in der Lage, die Nummern auszulesen und mit der Datenbank abzugleichen.

Die Nummer wird festgelegt, indem man zwei Signale auf ein Rennen schickt. Zwei identische Signale sollen auf verschiedenen Wegen dasselbe Ziel erreichen. Das Ziel registriert, wer gewonnen hat und sendet für das Gewinnersignal eine Eins und für das Verlierersignal eine Null als Antwort.

Dieser Vorgang wird mit verschiedenen Signalen so lange ausgeführt, bis eine 128-Bit Zahl entsteht. Zwar gibt es eine theoretische Wahrscheinlichkeit, dass zwei Chips dieselbe Zahl als Ergebnis ausspucken, diese ist allerdings verschwindend gering. Ergibt der Abgleich mit der Datenbank eine Übereinstimmung von mindestens 75 Prozent wird der Chip und somit das Produkt als echt identifiziert.

Verayos bisher größter Kunde ist Canon, der damit seine Kameras auf dem chinesischen Markt vor Fälschern schützen möchte. Laut Devadas ist die Palette möglicher Einsatzgebiete aber riesig. Auch eine Sicherung von Ausweisdokumenten ist grundsätzlich möglich. Doch es muss nicht immer Hightech sein: Derzeit arbeitet die Firma sogar schon mit einigen Winzern zusammen, die mit solchen Chips ihre Weine vor Billigkopien schützen möchten.

Durch ihre Eigenschaften bieten PUF-Chips sich auch für andere Einsatzzwecke: Die Nummer, die zur Identifizierung genutzt wird, kann nur erzeugt werden. Sie kann nicht gespeichert und somit auch nur ausgelesen werden, wenn der Chip mit Strom versorgt wird. Dadurch könnte die Methode beispielsweise für vorübergehender Sicherheitsschlüssel Anwendung finden.

PUF-Chips bieten somit ein höheres Maß an Sicherheit als andere Chips. Denn diese speichern ihre Daten und tragen ihr Geheimnis somit immer bei sich. Sie können sogar gehackt werden, wenn sie ausgeschaltet sind. Zwar bieten auch solche Chips inzwischen ein hohes Maß an Sicherheit, doch mit der neuen Technik können sie nicht mithalten. Ihre Daten erhält man nur, wenn der Chip aktiviert ist, die richtigen Aufgaben an ihn gestellt werden und man die Ergebnisse ausliest.

Inzwischen ist auch das Militär an der Technik interessiert. Vorstellbar ist ein Einsatz in Drohnen oder anderen tragbaren Geräten um zu verhindern, dass diese sich mit gehackten Servern verbinden und gekapert werden. Da die Produktionskosten für einen Chip nur einige Cent betragen, können sie bei nahezu allen Produkten eingesetzt werden. Seit 2013 hat Verayo etwa 40 Millionen Chips verkauft. Es ist zu erwarten, dass diese Zahl in den kommenden Jahren deutlich steigen wird.


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