Gemischtes

Ansteckende Krankheiten: Sammeln von Handydaten soll Epidemien verhindern

Handydaten geraten immer wieder in das Visier von Datenschützern. Schließlich lässt sich anhand der Daten, die unsere Smartphones sammeln, eine ganze Menge über den Besitzer herausfinden. Nun sollen Smartphones sogar ansteckende Erkrankungen tracken und so bei der Krankheitsabwehr helfen.
31.08.2015 10:47
Lesezeit: 2 min

Wissenschaftler der Universitäten Princeton und Harvard nutzten Handydaten nun, um mehr über die Verbreitung von Krankheiten und Infektionen zu erfahren. Die Forscher nutzten im konkreten Fall die anonymisierten Daten von mehr als 15 Millionen Smartphonenutzern aus Kenia, um mehr über die Verbreitung der Röteln zu erfahren.

Wie das Medizin-Journal medicalxpress auf seiner Website schreibt, könnten die gewonnenen Erkenntnisse dabei helfen, die Auswirkungen von Epidemien zu mildern. So könne man beispielsweise genauere Aussagen darüber treffen, wann und wo Menschen geimpft werden müssen oder wann welche Schulen zu schließen sind.

Das Forscherteam entschied sich für die hochansteckende Infektionskrankheit Rubella, bei uns besser bekannt unter dem Namen Röteln. Da bei uns Kinder standardmäßig gegen Röteln geimpft werden, spielt die Krankheit hier kaum eine Rolle. Weltweit jedoch kommen jährlich schätzungsweise 100.000 Kinder bereits infiziert auf die Welt, da sie sich noch im Mutterleib anstecken.

Das verantwortliche Rubellavirus wird durch Tröpfcheninfektion übertragen. Der Erreger gelangt also durch winzig kleine Tropfen, die beispielsweise beim Sprechen oder Niesen ausgeworfen werden zu einem neuen Wirt. Da also zumindest die Nähe zu bereits infizierten Personen für eine Übertragung notwendig ist, entschied man sich für die Tests für diesen Virus.

Bisher war es vor allem schwierig, die Übertragungswege nachzuvollziehen, weil ein großer Teil der betroffenen Bevölkerung in Armut lebt. Die technischen Voraussetzungen für eine umfangreiche Datenauslese waren schlicht nicht gegeben. Mit dem Einzug der Smartphones jedoch änderte sich das. Für die Studie analysierten die Forscher im Zeitraum von Juni 2008 bis Juni 2009 die Handydaten von 15 Millionen kenianischen Handybesitzern.

Anhand der Verbindungsdaten ließen sich detaillierte Aussagen darüber treffen, wer mit wem Kontakt hatte und welche Regionen des Landes über welchen Zeitraum besucht wurden. Anhand der Bewegungsdaten versuchte man vorherzusagen, wo es vermehrt zu Ansteckungen kommen würde. Die Daten wurden dann mit bereits bekannten Daten über Rötelninfektionen verglichen. Dabei zeigte sich, dass sich die Vorhersagen mit den tatsächlichen Ansteckungen decken. Besonders zu den Zeiten, wenn Ferien enden und die Schule beginnt, kommt es vermehrt zu Infektionen. Im Laufe des Schuljahres sinkt das Risiko einer Ansteckung dann wieder.

Bisher war nur bekannt, wann es in welchen Regionen vermehrt zu Infektionen kommt. Nun weiß man auch, dass es vor allem der soziale Kontakt unter Kindern und Jugendlichen außerhalb der Schulzeit ist, durch den die Viren verbreitet werden. In Kenia kommt es vor allem in der Hauptstadt Nairobi und im Westen des Landes, rund um den Viktoriasee vermehrt zu Ansteckungen.

Jessica Metcalf ist Autorin der Studie und arbeitet an der Princeton University. In einem Interview sagt sie: „Unsere Analyse zeigt, dass Mobilfunkdaten genutzt werden könnten, um saisonale Bewegungsmuster aufzuzeichnen, um die Verbreitung infektiöser Kinderkrankheiten besser zu verstehen.“

Es war das erste Mal überhaupt, dass Handydaten gesammelt wurden, um mehr über Krankheiten zu erfahren. Solche Daten könnten künftig genutzt werden, um zielgenauer reagieren zu können. Epidemien könnten so eingedämmt werden und Hilfe und medizinische Behandlung schneller an den Orten zum Einsatz kommen, wo sie am dringendsten gebraucht wird. Und das schon, bevor es zu einer Massenepidemie kommt.

Die Forscher hoffen, mit den Erkenntnissen bald auch mehr über die Verbreitung von Grippe- oder Choleraerregern sagen zu können. Im Jahr 2012 nutzte man die Daten schon einmal, um die Auswirkungen der Malaria einzudämmen. Damals wurde das Ansteckungsrisiko bei Reisen in Risikogebiete auf diese Weise berechnet. Die Forscher schlugen unter anderem vor, Personen die in Risikogebiete reisen per SMS über die Gefahren und mögliche Vorsichtsmaßnahmen zu informieren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drei Anzeichen für ein brüchiges Arbeitsleben
07.07.2025

Neue Führung, neue Arbeitszeiten, neue Karriereträume: Wer im internationalen Wettbewerb mithalten will, muss verstehen, wie sich das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Börse-Ausblick: Europa trotzt Trump – doch wie lange noch?
07.07.2025

Ein halbes Jahr voller Turbulenzen: Trump, Zölle, Währungskrise – die Börsen zeigen extreme Bewegungen. Welche Märkte profitieren,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Kurs wird zur Gefahr: Europas Exporte brechen ein
06.07.2025

Ein starker Euro, schwaches Wachstum, neue US-Zölle – Europas Wirtschaft gerät unter Druck. Die EZB warnt, doch die Lage droht zu...

DWN
Politik
Politik Neuregelung der Vaterschaft: Mehr Rechte für leibliche Väter
06.07.2025

Die Bundesregierung plant eine Reform, die leiblichen Vätern zu mehr rechtlicher Anerkennung verhelfen soll. Der Entwurf aus dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungstausch: Wie Sie Ihre Ferienwohnung herzaubern und worauf Sie achten müssen
06.07.2025

Der Wohnungstausch boomt – günstig, persönlich und spannend. Doch wie funktioniert das Ganze wirklich, und worauf muss man achten,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jungmakler mit TikTok: Wie eine Generation den Versicherungsmarkt neu denkt
06.07.2025

TikTok-Reichweite, neue Rollenbilder, klare Erwartungen: Junge Makler treiben die Disruption im unabhängigen Versicherungsvertrieb voran....

DWN
Technologie
Technologie Wäschetrockner: Neues Energie-Label einfach erklärt
06.07.2025

Seit dem 1. Juli gelten für Wäschetrockner strengere Energiekennzeichnungen. Verbraucher sollen Geräte nun besser vergleichen können....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Praktika und Probearbeiten: Rechte, Pflichten und Fallstricke für Berufseinsteiger
06.07.2025

Viele Praktikanten kennen ihre Rechte nicht – und riskieren, ausgenutzt zu werden. Was wirklich erlaubt ist, wann Praktika bezahlt werden...