Politik

Spanien: Bündnis für Unabhängigkeit gewinnt Wahlen in Katalonien

Zwischen Spanien und Katalonien könnte es in den kommenden Wochen zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung kommen. Die Befürworter der Unabhängigkeit haben die Regionalwahl klar gewonnen.
27.09.2015 21:11
Lesezeit: 2 min

Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Bei der Parlamentswahl in der nordspanischen Region Katalonien haben vorläufigen Ergebnissen zufolge die Verfechter der Unabhängigkeit die absolute Mehrheit gewonnen. Nach Auszählung von gut 70 Prozent der Stimmen kommen sie gemeinsam auf 72 der 135 Sitze im Regionalparlament in Barcelona. Auf das Unabhängigkeitsbündnis "Junts pel Si" entfielen laut den Angaben von Sonntagabend 62 Mandate, auf die kleinere Linkspartei CUP zehn Mandate. Gemeinsam erhielten sie demnach 47,3 Prozent der Stimmen. Beide Parteien hatten angekündigt, im Falle eines Wahlsieges binnen 18 Monaten die Abspaltung der wirtschaftsstarken Region im Nordosten Spaniens anzustreben. Ministerpräsident Mariano Rajoy bekämpft das Vorhaben, das er als verfassungswidrig verurteilt.

"Die Katalanen haben Ja für eine Unabhängigkeit gestimmt", sagte Regional-Präsident Artur Mas, einer der führenden Abspaltungsbefürworter am Abend. Er werde in den kommenden Wochen die Grundlage für eine Unabhängigkeit Kataloniens schaffen. Auch wenn eine Abspaltung Kataloniens als sehr hypothetisch gilt - denn im Grundgesetz von 1978 ist die Unteilbarkeit der spanischen Nation festgeschrieben - so setzt der Wahlsieg der Separatisten Rajoy dennoch unter Druck.

Regional-Präsident Mas riskiert mit seinen Plänen nicht nur eine Verfassungskrise, sondern auch die Euro-Mitgliedschaft der Katalanen. Die spanische Regierung hatten mit allen Mitteln gekämpft, um den Katalanen Angst zu machen. So berichtet der EUObserver von der Manipulation eines Briefes, den die EU-Kommission an einen spanischen Abgeordneten geschrieben hatte. Im englischen Original äußerte sich die Kommission nicht zu der Frage, ob die Unabhängigkeit die EU-Mitgliedschaft Kataloniens gefährden würde. Doch in der spanischen Übersetzung waren plötzlich neun Zeilen eingefügt, in denen stand, dass die Unabhängigkeit den Ausschluss aus der EU bedeute. Die EU-Kommission will den Vorfall untersuchen.

Spaniens Notenbankchef Luis Maria Linde hatte bereits vor der Wahl gewarnt, bei einer Abspaltung werde die EZB die Banken der Region nicht mehr mit Geld versorgen. Dies lässt in den Bankentürmen Barcelonas die Alarmglocken läuten: Mit Caixa hat eines der Schwergewichte der spanischen Bankenbranche dort seinen Sitz.

Die autonome Region erbringt mit ihren 7,5 Millionen Einwohnern ein Fünftel der spanischen Wirtschaftsleistung. Die Befürworter der Unabhängigkeit argumentieren, dass es Katalonien ohne Transferzahlungen an ärmere Regionen Spaniens noch besserginge: Die Steuereinnahmen würden um zwölf Milliarden Euro steigen. Rajoy warnt hingegen, dass die Abspaltungspläne Katalonien in die Rezession stürzen und eine Kapitalflucht auslösen könnten.

Die Zentralregierung in Madrid hatte den Katalanen 2014 ein Referendum über die Abspaltung verwehrt. Dass sie ihr Vorhaben nun quasi durch die Hintertür erneut angehen wollen, hat nach Ansicht von Beobachtern wohl auch taktische Gründe: Im Dezember stehen in Spanien Wahlen an, bei denen Rajoys Konservative Partei wahrscheinlich die absolute Mehrheit verlieren und sich nur mit einer Koalition an der Macht halten kann. Mit einem starken Wählervotum im Rücken dürften Mas & Co. versuchen, der Zentralregierung weitere Zugeständnisse abzuringen: So könnte Katalonien zum Beispiel per Verfassungsreform der Status einer Nation innerhalb Spaniens verliehen werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Immer mehr XRP- und ETH-Inhaber wenden sich still und leise an OPTO-Miner, um 3.000 Dollar pro Tag zu verdienen

Im derzeit unberechenbaren Kryptomarkt entscheiden sich immer mehr Anleger dafür, langsamer zu werden und sich nicht mehr von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaft und KI: Jeder zweite Arbeitnehmer zweifelt an Deutschlands wirtschaftlicher Zukunft
09.07.2025

Eine aktuelle Umfrage zeigt: Viele Beschäftigte sind skeptisch, ob Deutschland im Zeitalter der künstlichen Intelligenz wirtschaftlich...

DWN
Politik
Politik Corona: Breite Mehrheit für Enquete-Kommission zur Corona-Aufarbeitung
09.07.2025

Lockdown, Impfpflicht, Schulschließungen und Abstandsregeln – in der Corona-Pandemie wurde eine Vielzahl von unverhältnismäßigen...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutsche Goldreserven: Hoher Goldpreis, explodierende Staatsschulden – sollte die Bundesbank Gold zu Geld machen?
09.07.2025

Rekordschulden, Rekordausgaben: Der Bundeshaushalt steuert unter der schwarz-roten Regierung bis 2029 auf ein 850 Milliarden Euro schweres...

DWN
Unternehmen
Unternehmen IT-Sicherheit in der Urlaubszeit: Wenn der Chef im Urlaub ist, beginnt für die IT der Ernstfall
09.07.2025

Der Sommer beginnt, das Management reist ab – für Hacker ist das die ideale Gelegenheit. Lesen Sie, wie Unternehmen für IT-Sicherheit...

DWN
Politik
Politik Kommt die Senkung der Stromsteuer für alle? Bundesregierung droht Dämpfer im Bundesrat
09.07.2025

An der Entscheidung der Bundesregierung, die Stromsteuer nicht – wie im Koalitionsvertrag angekündigt – auch für alle Bürger und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft OPEC+ erhöht Förderung deutlich – Ölpreise unter Druck
09.07.2025

Die OPEC+ überrascht mit einer weit stärkeren Förderausweitung als erwartet – mit möglichen Folgen für die Weltwirtschaft,...

DWN
Technologie
Technologie Rekordfahrt auf Strom: Lucid überquert Alpen – E-Auto schafft 1205 Kilometer
09.07.2025

Ein neuer Reichweitenrekord zeigt, wie leistungsfähig moderne Elektroautos inzwischen sind: Ein Fahrzeug des US-Herstellers Lucid hat mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Grünes Image unter Druck: EU plant strengere Regeln für Umweltwerbung
09.07.2025

Begriffe wie „klimaneutral“ oder „biologisch abbaubar“ begegnen Verbraucherinnen und Verbrauchern inzwischen fast überall – von...