Finanzen

Ex-Mitarbeiter: Citigroup belohnte Handel mit Insider-Informationen

Die Investment-Bank Citigroup hat gezielt Anreize gesetzt, um den Handel mit Insider-Informationen intern zu fördern. Dies sagte ein ehemaliger Händler der Bank in einem Gerichtsprozess aus. Demnach hingen seine Bonus-Zahlungen direkt davon ab, wie erfolgreich er Informationen sammelte und an Händler anderer Banken weiterleitete.
20.10.2015 23:37
Lesezeit: 2 min

Der ehemaliger Händler der Investmentbank Citigroup Perry Stimpson erhebt schwere Vorwürfe gegen das Finanzinstitut. Er sagte vor Gericht im Zuge eines Arbeitsrechtsprozesses aus, dass der Handel mit Insider-Informationen zum Alltag in der Bank gehörte. Demnach seien sensible Daten über die Handelsaktivitäten von Zentralbanken an Kunden weitergegeben worden. Auch die Auftragsbücher des Devisenhandels seien in Chatrooms mit Kunden geteilt worden.

„Unsere Investoren-Abteilung teilte einem Kunden auf dessen wöchentliche Anfrage die Handelsaktivitäten einer Zentralbank mit, die Citigroup abgewickelt hatte“, zitiert Reuters den ehemaligen Devisenhändler. Stimpson ging jedoch nicht darauf ein, um welche Zentralbank es sich dabei handelte. „Eine weitere geläufige Praktik war es, die Auftragsbücher von Citigroup in Bloomberg-Chats mit Kunden zu teilen“, so Stimpson weiter.

Der ehemalige Citigroup-Angestellte war 25 Jahre in der Devisenabteilung der Bank tätig. Er wurde im November 2014 im Zuge des internationalen Devisen-Skandals entlassen. Dabei tauschten Händler verschiedener Großbanken untereinander Informationen zum Devisenhandel mit dem Ziel aus, den Markt zu ihren Gunsten zu manipulieren. Die Manipulation flog auf und die Banken mussten Strafzahlungen in Milliardenhöhe in Kauf nehmen. Citigroup erhielt dabei mit 2,3 Milliarden Dollar eine der höchsten Geldbußen.

Stimpson klagt nun gegen seine Entlassung, die er als „unfair“ ansieht. Führende Mitarbeiter seien für dieselben Verhaltensweisen befördert worden, für die er seinen Job verloren habe. Der ehemalige Citigroup-Abgestellte gab vor Gericht zu Protokoll, dass die Bank gezielt Anreize gesetzt habe, um Devisenhändler zum Austausch von Insider-Informationen zu bewegen. So hingen seine jährlichen Bonuszahlungen direkt davon ab, wieviele Informationen er sammelte und ob er diese an Händler bei anderen Banken weitergab.

Entgegen den offiziellen Verhaltensregeln der Bank gehöre Insider-Handel zum Alltagsgeschäft, so Stimpson. So hätten führende Mitarbeiter der Bank regelmäßig Insider-Informationen verwendet, um privat Profite am Finanzmarkt zu erzielen. Als Beispiel nannte Stimpson den damaligen Chef der Abteilung für kurzfristige Zinsgeschäfte, Michael Plavnik. Dieser habe erfahren, dass Citigroup am Tag der Zinsfestsetzung eine große Menge Euros kaufen werde. Plavnik habe diese Vorab-Information zu seinem Vorteil ausgenutzt, indem er die Währung vor dem „Fixing“ kaufte und sie danach wieder auf den Markt warf. Plavnik wurde inzwischen zum weltweiten Leiter seiner Abteilung befördert.

Andere führende Mitarbeiter hätten im Zuge einer Firmenübernahme eines Kunden von Citigroup Profit aus Insider-Informationen geschöpft, berichtet die FT unter Berufung auf die Zeugenaussage des ehemaligen Citigroup-Angestellten. Der Übernahme-Deal wurde im Jahr 2010 von Citigroup eingefädelt und hatte auch Effekte auf den Devisenmarkt. Der Chef des Devisenhandels Anwil Praswad und der Leiter der Handelsabteilung Jeff Feig hätten Internas genutzt, um für die Bank mit dem Handel von Devisen einen Profit von 35 Millionen Euro zu erzielen. Diese „risikolosen Insider-Geschäfte“ seien zwar offiziell bei Citigroup nicht erlaubt, doch tatsächlich seien solche Praktiken Alltagsgeschäft, so Stimpson.

Die Bank wies die Vorwürfe ihres ehemaligen Mitarbeiters zurück. „Alle Vorwürfe von Herrn Stimpson über etwaiges Fehlverhalten wurden untersucht und stellten sich als haltlos heraus“, so ein Sprecher der Bank. Citigroup behauptet, Stimpson wolle mit seinen Anschuldigungen nur von seinem eigenen Fehlverhalten ablenken.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...