Gemischtes

Syngenta erhält Lebensmittel-Patent auf Paprika

Das Europäische Patentamt (EPA) hat dem Agrarkonzern Syngenta ein Patent auf eine Paprikasorte erteilt. Wer die kernlose Gemüse-Sorte züchten, anbauen, ernten oder verkaufen will, muss künftig Syngenta um Erlaubnis fragen. Damit setzt sich das Amt zum wiederholten Mal über ein EU-Abkommen hinweg, das biologische Züchtungen von geistigem Eigentum explizit ausschließt.
27.10.2015 15:50
Lesezeit: 2 min

Der Schweizer Agrarkonzern Syngenta hat zum wiederholten Mal ein Patent auf Paprika-Pflanzen erhalten. Das europäische Patentamt genehmigte ein Patent auf das Saatgut, den Anbau und die Ernte einer kernlosen Form des Gemüses, sowie auf die „Verwendung einer von einer Paprikapflanze (…) produzierten samenlosen Frucht als Frischprodukt, als frisch geschnittenes Produkt oder für die Verarbeitung wie zum Beispiel die Konservenindustrie“, zitiert die Organisation „Keine Patente auf Saatgut“ aus der Patentschrift.

Die Patentierung von Lebensmitteln ist höchst umstritten und eigentlich nur dann erlaubt, wenn die Pflanze mittels Gentechnik entwickelt wurde und damit laut Europäischem Patentübereinkommen als Erfindung gelten kann. Allerdings ist die betroffene kernlose Paprikasorte rein durch natürliche Züchtung bei der Kreuzung von Natur aus kernloser Pflanzen entstanden. Das Abkommen schließt geistiges Eigentum an Pflanzen und Tieren aus konventioneller Zucht explizit aus – das Patent dürfte also eigentlich gar nicht vergeben werden.

Dennoch ist es nicht das erste Mal, dass sich das Patentamt über diese Vorschriften hinwegsetzt. Christoph Then von „Keine Patente auf Saatgut“ kritisiert seit langem das unrechtmäßige Vorgehen der Behörde mit Sitz in München, die immer wieder die rechtlichen Vorgaben ignoriere. Das Amt profitiere demnach von den Gebühren der Konzerne – diese übernähmen dadurch Schritt für Schritt die Kontrolle über unsere Nahrungsmittel. „Sollen wir in Zukunft erst um Erlaubnis fragen, bevor wir eine Paprika aufschneiden?“, so Christoph Then von „Keine Patente auf Saatgut“. Demnach könne Syngenta nun Andere daran hindern, diese Paprika anzubauen, zu ernten, als Nahrungsmittel zu verkaufen oder für die weitere Züchtung zu nutzen.

Kritik an dem Patentamt kommt auch von den Grünen: „Diese sogenannten strategischen Patente, die Konzerne anmelden, um den Saatgutmarkt unter ihre Kontrolle zu bekommen, müssen endlich unterbunden werden.  Wenn Pflanzen patentiert werden, dann wird das für konventionelle Züchtungen vorgesehene Sortenschutzrecht umgangen. Andere Züchter haben keinen Zugriff mehr auf das Genmaterial“, so der Grüne Europa-Abgeordnete Martin Häusling.

Vor drei Jahren hatte das Europäische Parlament mit großer Mehrheit eine Resolution verabschiedet, in der das EPA aufgefordert wird, die Patentierung in der konventionellen Tier- und Pflanzenzucht zu beenden. Allerdings ist das Patentamt keine offizielle EU-Institution, sondern eine NGO mit Sitz in München - und laut Kritikern fest in Hand der Lobbyisten. Auch habe die EU-Kommission bereits vor über einem Jahr eine Arbeitsgruppe zu der Problematik eingerichtet, die meisten Beobachter gingen jedoch nicht davon aus, dass die eher industriefreundliche EU-Kommission in nächster Zeit weitreichende Änderungen durchsetzen werde, so die Koalition „Keine Patente auf Saatgut“.

Die deutsche Regierungskoalition hatte demnach ein Engagement gegen solche Patente in den Koalitionsvertrag geschrieben – bisher haben sich jedoch weder Justizminister Maas noch Landwirtschaftsminsiter Schmidt groß für das Thema eingesetzt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett: Was wir von seinem Rückzug wirklich lernen müssen
10.05.2025

Nach sechs Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway verabschiedet sich Warren Buffett aus dem aktiven Management – und mit ihm...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber kaufen: Was Sie über Silber als Geldanlage wissen sollten
10.05.2025

Als Sachwert ist Silber nicht beliebig vermehrbar, kann nicht entwertet werden und verfügt über einen realen Gegenwert. Warum Silber als...