Die EU-Kommission will als Konsequenz aus der VW-Affäre künftig die Behörden der Mitgliedstaaten bei der Genehmigung von Kraftfahrzeugen überwachen. „Die Genehmigungssysteme der Mitgliedstaaten haben versagt. Wir wollen künftig kontrollieren und überprüfen, ob die nationalen Behörden ordnungsgemäß arbeiten“, kündigte EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska in der SZ vom Donnerstag nach einem Vorabbericht an.
Die Kommission werde im Dezember Details zu den Plänen vorstellen, sagte sie. Bienkowska wird am Donnerstag (heute) in Berlin mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Verkehrsminister Alexander Dobrindt beraten.
Dem Volkswagen-Konzern warf Bienkowska Betrug vor. „Es geht nicht darum, Geld zu zahlen und dann ist der Fall vorbei. Wir müssen Gewissheit haben. Es geht darum, das ganze System zu ändern", sagte Bienkowska. "Es war Betrug - und ich werde nicht aufhören, dieses Wort zu verwenden."
Am Mittwoch war bekannt geworden, dass auch Unregelmäßigkeiten bei Benzinern entdeckt wurden. Unter den 800 000 Fahrzeugen mit falschen CO2-Werten bei Volkswagen sind nach Angaben Dobrindts auch 98 000 Benziner. Damit sind erstmals seit Bekanntwerden des Abgas-Skandals Mitte September nicht mehr nur Diesel betroffen. Bisher ging es um Millionen Dieselautos und Werte zum gesundheitsschädlichen Stickoxid, diesmal um den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2).
Volkswagen betonte, dass die Unregelmäßigkeiten bei CO2- und Verbrauchsangaben nicht durch technische Hilfsmittel verursacht wurden. „Es geht um Werte, die einfach zu niedrig angegeben wurde“, sagte ein Konzernsprecher am Mittwochabend in Wolfsburg. Unter den betroffenen Autos seien viele Modelle mit dem Label „BlueMotion“, mit Volkswagen Fahrzeuge als besonders schadstoffarm vermarktet.
Dobrindt sagte, für die betroffenen Modelle müssten nun unter Aufsicht des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) neue Prüfwerte ermittelt werden. VW habe auf eine Aufforderung hin zugesagt, umgehend ein Kundenzentrum als Anlaufstelle einzurichten. „Sowohl das Vorgehen, das zu diesen Ergebnissen geführt hat, als auch die Ergebnisse selber sind inakzeptabel“.
Wenn CO2-Werte wie zu erwarten nach oben korrigiert werden müssten, habe dies Auswirkungen auf die Kfz-Steuer, sagte Dobrindt. „Das gilt auch rückwirkend.“ In Abstimmung mit dem Bundesfinanzministerium arbeite sein Ressort daher «an einer Gesetzgebung, die dafür sorgt, dass nicht der Kunde durch diese Mehrkosten bei der Kfz-Steuer belastet wird, sondern der Volkswagen-Konzern.» Die Grünen-Steuerexpertin und Bundestagsabgeordnete Lisa Paus sagte: „Es sieht danach aus, dass VW sich durch zu niedrig angegebene CO2-Werte der Steuerhinterziehung schuldig gemacht.“