Politik

Belgien führt Anti-Terror-Einsatz in Brüssel durch: 16 Verhaftungen

Lesezeit: 3 min
22.11.2015 23:28
Im Zentrum von Brüssel hat die Polizei am Abend einen großangelegten Anti-Terror-Einsatz durchgeführt. Beim großangelegten Anti-Terror-Einsatz der Polizei in Brüssel sind 16 Personen vorläufig festgenommen worden. Insgesamt brachte die Aktion keinerlei greifbares Ergebnis.
Belgien führt Anti-Terror-Einsatz in Brüssel durch: 16 Verhaftungen

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Angesichts der erhöhten Terrorgefahr in Belgien hat es am Sonntagabend im Großraum Brüssel mehrere Razzien der Polizei gegeben. Beim großangelegten Anti-Terror-Einsatz der Polizei in Brüssel sind 16 Personen vorläufig festgenommen worden. Das berichtete die Staatsanwaltschaft am frühen Montagmorgen. Der Hauptverdächtige für die Pariser Anschläge ist nicht unter den Verhafteten. Waffen wurden ebenfalls nicht gefunden.

Der großangelegte Anti-Terror-Einsatz der belgischen Polizei betraf nach Informationen des öffentlichen Radiosenders RTBF mehrere Brüsseler Gemeinden. Es habe Razzien und Festnahmen gegeben, berichtete der Sender am Sonntagabend.

In der Hauptstadtregion Brüssel gilt die höchste Terrorwarnstufe. Nach Angaben der belgischen Regierung besteht die Gefahr von Anschlägen wie in Paris, es wird nach mehreren Terrorverdächtigen gesucht.

Während eines Anti-Terror-Einsatzes in Brüssel hat die belgische Polizei gebeten, keine Details in sozialen Netzwerken zu verbreiten. Der öffentliche Radiosender RTBF teilte am Sonntagabend mit, er werde dieser Bitte folgen. Der Sicherheitsexperte André Jacob sagte dem Sender, es sei nach seinem Eindruck das erste Mal, dass die Polizei mit einem solchen Vorstoß zur Medienzurückhaltung an die Öffentlichkeit gehe.

Die Sicherheitskräfte waren an mehreren Orten der Hauptstadt im Einsatz, unter anderem in der Nähe des zentralen Marktplatzes Grand Place. Nach Angaben der Regierung besteht die Gefahr von Anschlägen wie in Paris, es wird nach mehreren Terrorverdächtigen gesucht. Deshalb gilt in Brüssel seit Samstag die höchste Terrorwarnstufe.

Brüssel bleibt in Alarmbereitschaft: Aus Sorge vor möglichen Anschlägen gilt auch am Montag am dritten Tag in Folge die höchste Terrorwarnstufe für die belgische Hauptstadt. Zum Beginn der Arbeitswoche wird die Metro nicht fahren; Schulen und Universitäten bleiben geschlossen. Das teilte Belgiens Premier Charles Michel am Sonntagabend nach einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates mit.

Stufe 4 bedeute, dass eine «ernste und unmittelbare» Bedrohung besteht. Michel sagte: «Wir fürchten einen ähnlichen Anschlag wie in Paris.» Mögliche Ziele solcher Attacken könnten belebte Orte wie Einkaufszentren, Einkaufsstraßen oder der öffentliche Nahverkehr sein. Seit Samstagmorgen gilt die höchste Terrorwarnstufe für Brüssel, im Rest Belgiens gilt weiter die Stufe 3.

In Brüssel sollen sich zwei Terrorverdächtige aufhalten, darunter möglicherweise der seit einer Woche gesuchte Salah Abdeslam. Er ist der Bruder eines der Pariser Selbstmordattentäter und wohnte zuvor im Brüsseler Stadtteil Molenbeek. Abdeslam soll sich am 13. November an den Anschlägen in Paris mit 130 Toten beteiligt haben und seitdem in Brüssel verstecken.

Am Sonntagabend startete die Polizei im Zentrum von Brüssel einen großangelegten Anti-Terror-Einsatz. Mehrere Straßen in der Nähe des zentralen Marktplatzes Grand Place wurden abgesperrt, berichtete ein Reporter des belgischen Radios RTBF.

An einer Straße sei ein Linienbus quergestellt worden, um den Verkehr zu stoppen. Ein Hubschrauber kreise über den Häusern. Von offizieller Seite gab es zunächst keine Bestätigung für den Einsatz. Die Polizei bat vielmehr darum, keine Einzelheiten zu den laufenden Aktionen in den sozialen Netzwerken zu verbreiten.

Nach Angaben belgischer Medien sind die Sicherheitsmaßnahmen so noch nie dagewesen. In der Hauptstadtregion leben mehr als eine Million Menschen. Brüssel ist Sitz der Einrichtungen der Europäischen Union und der Nato. Die Treffen der EU-Finanzminister und der EU-Bildungsminister werden am Montag wie geplant stattfinden. Auch die EU-Kommission will normal arbeiten.

Premier Michel kündigte an, dass von Tag zu Tag neu entschieden werde: «Wir werden die Lage morgen Nachmittag neu bewerten.» Das Ziel sei, so schnell wie möglich zu einem normalen Leben zurückzufinden. «Wir sind nicht glücklich über diese Situation, aber wir müssen die Verantwortung übernehmen.» Er rief die Bevölkerung auf, ruhig zu bleiben.

Vorausgegangen war eine neue Beurteilung der Lage durch die Sicherheitsbehörden. Das Krisenzentrum empfiehlt, belebte Orte wie Bahnhöfe und Flughäfen zu meiden sowie Konzerte und Großereignisse abzusagen. Bereits seit Samstagmorgen sind die U-Bahnen gesperrt. An Bahnhöfen wurden Passagiere verstärkt kontrolliert, Soldaten patrouillierten.

Der Bürgermeister der Brüsseler Gemeinde Schaerbeek, Bernard Clerfayt, sagte am Sonntag im belgischen Rundfunk RTBF: «Es gibt diese Gefahr. Wir haben erfahren, dass sich zwei Terroristen auf Brüsseler Territorium befinden und gefährliche Taten verüben könnten.» Deshalb müsse man sehr wachsam bleiben.

Am Sonntag sorgte eine Bombendrohung gegen das Medienhaus der flämischen Gruppe Medialaan in Vilvoorde bei Brüssel kurzzeitig für Unruhe. Polizisten durchsuchten die Etagen mit Spürhunden nach Sprengstoff. «Das Gebäude wurde durchsucht und nichts Verdächtiges gefunden», sagte eine Sprecherin laut belgischer Nachrichtenagentur Belga.

Es ist nicht das erste Mal, dass in Belgien die höchste Terrorstufe gilt. Nach Angaben des Radiosenders RTBF wurde sie zuletzt im Mai 2014 nach dem Attentat auf das jüdische Museum, bei dem ein Islamist vier Menschen erschoss, für jüdische Einrichtungen ausgerufen.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...