Politik

CDU beschimpft eigenen Abgeordneten, weil er Merkels Politik kritisiert

Die CDU-Fraktionsführung hat den Abgeordneten Andreas Mattfeld niedergemacht, weil er die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel kritisiert hatte. Er machte den Vorfall öffentlich – und erhielt tausende zustimmender Zuschriften von den Bürgern.
02.12.2015 10:48
Lesezeit: 2 min
CDU beschimpft eigenen Abgeordneten, weil er Merkels Politik kritisiert
Andreas Mattfeld. (Foto: A. Mattfeld)

Andreas Mattfeld, Bundestagsabgeordneter der CDU für Verden und Osterholz, informiert auf seiner Website über einen spektakulären Vorfall: Er wurde von den Chefs der CDU-Fraktion eingeschüchtert, weil einer einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik verlangt.

Mattfeld schreibt:

„Als zuständiger Berichterstatter unserer Fraktion für das Bundeswirtschaftsministerium wollte ich am vergangenen Donnerstag eigentlich nur eine Rede zum Haushaltsplan 2016 halten. Das unser CDU-Fraktionsvorsitzender Volker Kauder mir hinterher lautstark entgegenhielt: „Du sollst dich was schämen!“, damit hatte ich nicht gerechnet.

Was war geschehen? Neben den guten Wirtschaftsdaten ging ich auch auf die aktuelle Flüchtlingskrise ein, die auch eine große wirtschaftliche Herausforderung für das Land ist. Die Flüchtlingskrise ist die wohl größte Herausforderung für die nächsten Jahre und so warnte ich davor, dass sich Deutschland verhebt und davor, dass Deutschland mit der Geschwindigkeit und großen Anzahl der ankommenden Flüchtlinge nicht fertig werden wird. Bei der großen Anzahl an Flüchtlingen ist eine Integration in unser gesellschaftliches System und in den Arbeitsmarkt nahezu unmöglich.

Dann sagte ich den Satz, den Kauder zu seinem lautstarken Ausbruch veranlasste: „Das erste Mal habe ich aber als politischer Entscheidungsträger in diesen Monaten den Eindruck, dass wir als Staatsgewalt die Kontrolle in der Flüchtlingskrise verloren haben - vielleicht auch weil wir uns nicht trauen unpopuläre Dinge auszusprechen und durchzusetzen.“ Außerdem betonte ich, dass die Aufnahmekapazität von Flüchtlingen schon lange überschritten ist und konsequente Rückweisungen kein Tabu mehr sein dürfen, damit Deutschland den wirklich Verfolgten helfen kann. Das Land, Europa und die sich auf den Weg machenden Flüchtlinge brauchen dringend ein solches Signal.

Auch im CDU-Gremium „Parlamentskreis Mittelstand“ vergangenen Dienstag hatte ich mich schon deutlich zur Flüchtlingspolitik positioniert. Zu Gast war Kanzleramtsminister Altmaier, der auch Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung ist. Ich habe Herrn Altmaier deutlich gesagt, dass wir so nicht mehr weitermachen können und unser Land nicht überfordern dürfen.

So einen Wutanfall wie von Herrn Kauder habe ich in meiner gesamten politischen Laufbahn noch nicht erlebt, weder in dieser Lautstärke noch in dieser Tonalität. Herr Kauder und auch unser 1. Parlamentarischer Geschäftsführer Grosse-Brömer versuchen ganz offenbar mich einzuschüchtern. Als unabhängiger Abgeordneter sehe ich es aber als meine Pflicht an, der Bundesregierung klar zu machen, dass wir in der Flüchtlingspolitik schnell umschwenken müssen. Auch von unserer Kanzlerin erwarte ich schnell ein deutliches Signal.

Die Reaktion Kauders zeigt mir, dass ich offensichtlich richtig liege mit meiner Meinung und einen Nerv getroffen habe. Die Reaktionen aus der Bevölkerung auf meine Rede ist enorm. Ich habe binnen vier Tagen tausende zustimmende Zuschriften erhalten. Für diese Unterstützung möchte ich mich auch ausdrücklich bei den Bürgern und meinen Wählern bedanken. Ich kann ihnen versichern, dass ich mich nicht unterkriegen lassen werde und ich mich weiter für eine konsequente und realistische Flüchtlingspolitik engagieren werde.“

Eigentlich gilt in Deutschland das freie Mandat. Doch es gibt keine Sanktionen, wenn Fraktionsführer gegen das Grundgesetzt verstoßen. Mittlerweile ist der Fraktionszwang Routine. Doch in der Flüchtlingspolitik scheint Bundeskanzlerin Angela Merkel derart abgehoben zu agieren, dass sie nicht einmal die Bedenken der eigenen Gefolgsleute hören will.

***

Genau diese Verkommenheit der Demokratie erklärt DWN-Herausgeber Michael Maier in seinem neuen Buch: Er zeigt, wie die Missachtung des freien Mandats die Bundestagsabgeordneten ihrer wesentlichsten Funktion beraubt - nämlich die Interessen der Bürger zu vertreten. Mit dieser Taktik gelingt es der Regierung, die Parlamente für finanzielle oder militärische Aktionen zu instrumentalisieren.

Michael Maier: „Das Ende der Behaglichkeit. Wie die modernen Kriege Deutschland und Europa verändern“. FinanzBuch Verlag München, 228 Seiten, 19,99€.

Bestellen Sie das Buch hier direkt beim Verlag.

Oder kaufen Sie es im guten deutschen Buchhandel das Buch ist überall erhältlich. Wir unterstützen den Buchhandel ausdrücklich, er muss gefördert werden!

Oder bestellen Sie das Buch bei Amazon.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Kurs wird zur Gefahr: Europas Exporte brechen ein
06.07.2025

Ein starker Euro, schwaches Wachstum, neue US-Zölle – Europas Wirtschaft gerät unter Druck. Die EZB warnt, doch die Lage droht zu...

DWN
Politik
Politik Neuregelung der Vaterschaft: Mehr Rechte für leibliche Väter
06.07.2025

Die Bundesregierung plant eine Reform, die leiblichen Vätern zu mehr rechtlicher Anerkennung verhelfen soll. Der Entwurf aus dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungstausch: Wie Sie Ihre Ferienwohnung herzaubern und worauf Sie achten müssen
06.07.2025

Der Wohnungstausch boomt – günstig, persönlich und spannend. Doch wie funktioniert das Ganze wirklich, und worauf muss man achten,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jungmakler mit TikTok: Wie eine Generation den Versicherungsmarkt neu denkt
06.07.2025

TikTok-Reichweite, neue Rollenbilder, klare Erwartungen: Junge Makler treiben die Disruption im unabhängigen Versicherungsvertrieb voran....

DWN
Technologie
Technologie Wäschetrockner: Neues Energie-Label einfach erklärt
06.07.2025

Seit dem 1. Juli gelten für Wäschetrockner strengere Energiekennzeichnungen. Verbraucher sollen Geräte nun besser vergleichen können....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Praktika und Probearbeiten: Rechte, Pflichten und Fallstricke für Berufseinsteiger
06.07.2025

Viele Praktikanten kennen ihre Rechte nicht – und riskieren, ausgenutzt zu werden. Was wirklich erlaubt ist, wann Praktika bezahlt werden...

DWN
Technologie
Technologie Lithium: Schlüssel zur technologischen Unabhängigkeit – doch der Rohstoff ist knapp
06.07.2025

Lithium ist der Treibstoff moderner Technologien – von E-Autos bis Energiewende. Doch was passiert, wenn die Nachfrage explodiert und das...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...