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Eigene Software: Toyota lässt Apple und Google nicht ins Auto

Toyota nutzt eine eigene Software um seine Fahrzeuge mit Smartphones zu verbinden. Der japanische stemmt sich damit als letzter große Autobauer gegen den Einbau der entsprechenden Software von Apple und Google. Die Entscheidung zeigt den sich verschärfenden Konkurrenzkampf zwischen der Automobilindustrie und der IT-Industrie des Silicon Valley.
08.01.2016 00:42
Lesezeit: 2 min

Der japanische Autobauer Toyota nutzt künftig eine eigene Software auf Basis einer Technologie des Rivalen Ford um seine Fahrzeuge mit Smartphones zu verbinden. Damit entscheidet sich Toyota  bewusst gegen die entsprechende Software von Apple und Google. So genannte Infotainment-Systeme verbinden Smartphone-App mit einem Auto-eigenen Bildschirm und erlauben so die Nutzung etwa von Musik oder Navigationsprogrammen im Auto. Die beiden größten Smaprtphone-Software-Hersteller Apple und Google haben entsprechende Apps speziell für Autos entwickelt. Diese werden derzeit von den meisten Autobauern in ihren Fahrzeugen angeboten.

Die Wahl wird als deutliches Zeichen zunehmender Spannungen zwischen der Automobilindustrie und der IT-Industrie des Silicon Valley gewertet, so ein Bericht der Financial Times. Die Autobauer befürchten, zuviel Kontrolle über das Fahrerlebnis ihrer Kunden in die Hände der Softwarehersteller zu geben. Sie fürchten so für den  Kunden an Wiedererkennungswert zu verlieren und damit ein entscheidendes Wettbewerbsmerkmal aufzugeben.

Mit der Absage an Google und Apple stellt sich Toyota derzeit als der letzte große Autobauer gegen die Eroberung der Auto-Branche durch die Software der beiden IT-Konzerne. Toyota beruft sich dabei auf nicht näher genannte Sicherheitsbedenken, wegen derer man die Apple und Google Programme nicht in die eigenen Autos lassen wolle. Allerdings steht Toyota damit derzeit recht alleine da: FiatChrysler und Jeep etwa haben jüngst ihren Widerstand gegen die Google-IT aufgegeben. Selbst der Autobauer Ford, der die von Toyota nun genutzte Technologie namens AppLink ursprünglich entwickelt hat, nutzt in seinen Fahrzeugen nicht ausschließlich die eigene App, sondern bietet auch Googles Android Car und Apples CarPlay mit an.

Ford hat die Software-Technologie namens SmartDeviceLink (SDL) vor drei Jahren als Open-Source zur freien Verfügung ins Netz gestellt. Toyota hat sie als erster Autobauer übernommen und daraus die AppLink entwickelt, andere Autobauer wie Peugeot. Honda und Mazda sowie einige Auto-Software-Hersteller prüfen nach eigenen Angaben, den SDL-Standard ebenfalls zu übernehmen.

Die Autobauer stecken in einem Dilemma: Sie wollen einerseits nicht einem oder zwei IT-Konzernen die Kontrolle über die Software der gesamten Autobranche geben und so die Möglichkeit verlieren, sich von der Konkurrenz abzuheben. Auch das wachsende digitale Geschäft mit Karten und Apps könnte ihnen entgehen und so stellen sie immer mehr eigene Software-Entwickler und IT-Experten an, insbesondere für Karten und selbstfahrende Autos. Andererseits wäre ein gemeinsamer Software-Standard für die Branche wünschenswerter als ein Markt, auf dem jede Automarke ein eigenes inkompatibles Betriebssystem hat. Google arbeitet daher genau wie Apple daran, ein universelles Betriebssystem für Autos zu entwickeln, das in naher Zukunft nicht mehr nur die Infotainment Apps steuert, sondern das ganze Fahrzeug autonom steuert.

Ford sagte zur Begründung, warum es sein Programm seiner Open Source zur Verfügung stellt, dass „jeder Kunde in der gesamten Industrie davon profitiert, wenn alle eine Sprache sprechen“. Ford hofft, dass das eigene Programm von der Konkurrenz übernommen wird und sich so als Branchen-Standard noch vor Googles Android etabliert.

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