Politik

Griechenland: Migranten stellen Asyl-Anträge, um nicht in die Türkei gebracht zu werden

Die Rückführung von Flüchtlingen von den griechischen Inseln in die Türkei stockt: Die Flüchtlinge stellen plötzlich fast alle Asylanträge in Griechenland, die vor einer Abschiebung bearbeitet werden müssen. Zudem fordern Aktivisten die Flüchtlinge zum Widerstand gegen die Behörden auf.
09.04.2016 02:02
Lesezeit: 1 min

Drei Tage nach der Rückführung von 202 Migranten und Flüchtlingen aus den griechischen Inseln in die Türkei blieb es in den Häfen der beiden wichtigsten Inseln im Osten der Ägäis ruhig. „Bislang haben wir keine Transporte von Migranten aus den Aufnahmelagern zum Hafen gesehen“, berichtete eine Reporterin des Staatsradios aus der Insel Lesbos. Dies gelte auch für die Insel Chios, meldet die dpa und bezieht sich auf Kreise der Küstenwache.

Bereits am Dienstag hatte die griechische Asylbehörde mitgeteilt, die Migranten stellten nun massiv Asylanträge in Griechenland, um ihre Ausweisung in die Türkei zu verhindern. Zuvor hatten die meisten Schutzsuchenden keinen Asylantrag in Griechenland gestellt, weil sie hofften, nach Mitteleuropa weiterreisen zu können.

Es werde mehrere Tage dauern, bis die Asylanträge im Schnellverfahren bearbeitet seien, sagte Christiana Kalogirou, Regionalgouverneurin der Inseln im Norden der Ägäis, laut NZZ. Erst dann könnten Menschen, deren Anträge abgelehnt wurden, in die Türkei ausgewiesen werden. Zudem würden weiterhin Bearbeiter für die Anträge fehlen.

Am Montag waren insgesamt 202 Migranten aus Griechenland in die Türkei im Rahmen des EU-Türkei-Flüchtlingspaktes überführt worden. Vor den Abschiebungen war es mehrere Nächte hintereinander zu schweren Ausschreitungen in den Flüchtlingslagern gekommen. Auch in der Türkei kam es zu Protesten gegen die Ansiedelung von Flüchtlingen. Die UN lehnt den EU-Deal mit der Türkei wegen der unsicheren Menschenrechtslage in der Türkei und mit Hinweis auf die Genfer Flüchtlingskonvention ab.

Die griechische Regierung plant zudem, bis zum Wochenende die beiden großen provisorischen Flüchtlingslager in Piräus (5.000 Bewohner) und Idomeni (12.000 Bewohner) zu räumen. In arabischer Sprache würden die Migranten aufgefordert, mit bereitgestellten Bussen in die offiziellen Auffanglager im Inneren des Landes zu fahren, meldete das Staatsfernsehen ERT.

Doch offenbar fordern Aktivisten die Flüchtlinge auf, die Aufforderungen der Behörden nicht zu befolgen. Die Flüchtlinge selber wollen sich nicht innerhalb Griechenlands umsiedeln lassen. Laut der NZZ bestärken Aktivisten und Helfer kleinerer Hilfsorganisationen die Flüchtlinge in ihrem Vorhaben. Nur wenn die Migranten zusammenblieben und die Welt ihr Elend sehe, könnten sie nach Mitteleuropa weiterreisen, begründen die Aktivisten ihr Handeln.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...