Politik

Bauernverband: Rückkehr nach Russland wird nach Sanktionen sehr schwer

Lesezeit: 2 min
21.05.2016 01:14
Die deutschen Bauern fürchten, dass sie den russischen Absatzmarkt nach den Sanktionen nicht mehr vollständig zurückgewinnen können. Schuld daran ist auch die Krise an den Rohstoff-Märkten, die Russland in erheblichem Maß zusetzt.
Bauernverband: Rückkehr nach Russland wird nach Sanktionen sehr schwer

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wie stellte sich die Situation für die Milchbauern vor den Russland-Sanktionen dar?

Ludwig Börger: Wir haben im Jahreswechsel 2013/2014 in Deutschland Milcherzeugerpreise gehabt, die über dem Niveau von 40 Cent lagen. Der Höhepunkt lag bei etwa 41,2 Cent. Weltweit haben die Landwirte auf die Preise reagiert und ihre Produktion intensiviert. Die Preise sind dann dementsprechend unter Druck gekommen. Russland hatte ja schon vor dem Embargo einige deutsche Molkereien gesperrt, die dann nicht mehr exportieren konnten. Dementsprechend konnte man schon vorher in einigen Regionen Deutschlands sehen, dass sich bezüglich Russland etwas tut. Die Preise waren also schon vor dem Russland-Embargo unter Druck.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Welche konkreten Auswirkungen haben die Sanktionen?

Ludwig Börger: Die Preise sind durch das Russland-Embargo noch einmal spürbar zurückgegangen. Wir sind heute auf einem Niveau von 23 Cent. Das ist natürlich nicht nur dem Russland-Embargo geschuldet, aber es ist ein wichtiger Grund. Vor dem Russland-Embargo sind die Preise etwa einen halben Cent pro Monat zurückgegangen – vom Jahreswechsel 2013/2014 bis zum August 2014. Danach gab es einen Zeitraum von etwa einem halben bis Dreivierteljahr, in dem es einen Erzeugerpreis-Rückgang von durchschnittlich einem Cent gab. Der Effekt ist schon zu erkennen.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wie wichtig ist der russische Markt für die deutschen Bauern?

Ludwig Börger: Umgerechnet sind zwei Prozent der europäischen Milchproduktion Richtung Russland exportiert worden. Für Deutschland hat der russische Markt noch eine höhere Bedeutung gehabt. Russland ist weiterhin ein wichtiger Käse-Importeur und Deutschland gehört zu den wichtigsten Käseproduzenten weltweit. Wir gehen davon aus, dass allein das Russland-Embargo den Milch-Erzeuger zwei bis vier Cent gekostet hat.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Gibt es alternative Märkte für die Milchbauern?

Ludwig Börger: Das Thema „Neue Märkte erschließen“ muss laufend verfolgt werden, nicht nur in Zeiten der Krise. Südostasien ist natürlich ein wichtiger Raum, ebenso der Nahe Osten und Nordafrika sowie weitere Staaten in Afrika, die zunehmend interessant werden.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Was würde sich ändern, wenn die Russland-Sanktionen fallen?

Ludwig Börger: Russland hat ja nicht nur das Embargo, sondern auch eine Volkswirtschaft, die sehr von den Rohstoffmärkten, also den Öl- und Gaspreisen, abhängt. Wir gehen also nicht davon aus, dass wir dann sofort wieder Marktanteile bzw. Absatzpotentiale wie zuvor hätten. Wir können nicht davon ausgehen, dass es die gleichen Handelsmengen werden wie vorher.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: DBV-Präsident Joachim Rukwied hat diese Woche erklärt, dass die Milchproduktion in Deutschland keine Zukunft mehr habe, wenn der Milchpreis dauerhaft unter 20 Cent falle.

Ludwig Börger: Wenn wir dieses Preisniveau dauerhaft haben, der Bundesschnitt liegt ja im Moment bei 23 Cent, kann das langfristig kein Erzeuger in Deutschland durchhalten. Dann ist die Zukunft der Milchproduktion in Deutschland infrage gestellt. Mit 20 Cent kann keiner wirtschaften. Wobei wir nicht davon ausgehen, dass das das Preisniveau ist, das wir dauerhaft haben werden.

Ludwig Börger ist Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Milchwirtschaft (VDM) und Leiter des Referates Milch beim Deutschen Bauernverband (DBV). Zuvor war Börger als Referent für internationale Angelegenheiten im DBV-Büro Brüssel tätig, nachdem er das Studium der Agrarökonomik an der Humboldt-Universität zu Berlin absolviert hat.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen „Das muss doch auch anders gehen“ – wie Digitalisierung den Erfolg antreibt
10.10.2024

Die Plankenhorn GmbH Maschinenbau zeigt eindrucksvoll, wie kleine Unternehmen durch Flexibilität und Digitalisierung nicht nur bestehen,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kurzarbeit: Rettungsleine für Unternehmen und Mitarbeiter in Krisenzeiten
10.10.2024

Kurzarbeit als flexibles Instrument: Unternehmen können in Krisenzeiten Arbeitsplätze sichern und Mitarbeiter halten. Doch welche Formen...

DWN
Politik
Politik Der Pleitegeier kreist: Insolvenzen in Deutschland steigen auf Rekordwert
10.10.2024

Traurige Höchstmarke: Fast 4000 Insolvenzen gab es alleine im 3. Quartal 2024. Zugleich schrumpft die deutsche Wirtschaft in 2024 um 0,2...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Konsumwandel: Action und Woolworth im Aufwind, Aldi und Lidl im Rückgang
10.10.2024

Zahlreiche Kunden legen großen Wert auf Preise, was Unternehmen wie Action, Tedi und Woolworth zusätzlichen Zulauf verschafft. Die...

DWN
Technologie
Technologie Durch Trick: Intel-Werk in Magdeburg könnte 40 Prozent günstiger werden
10.10.2024

Der US-Konzern Intel hat den Bau seiner großen Chipfabrik in Magdeburg verschoben. Wenn das Projekt nicht komplett abgesagt wird, könnte...

DWN
Politik
Politik Marode Infrastruktur belastet deutsche Unternehmen
10.10.2024

Kaputte Straßen, verspätete Züge, einstürzende Brücken. Die deutschen Verkehrswege sind in der Krise - Unternehmen klagen über...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienmarkt Ost-West: Warum der Traum vom Eigenheim für viele unerreichbar bleibt
10.10.2024

Der Immobilienmarkt in Deutschland ist tief gespalten – und die Ursachen liegen nicht nur in der Gegenwart. Besonders im Osten, wo der...

DWN
Immobilien
Immobilien Ungerechte Vermögensverteilung in Ost und West: Wer Haus oder Wohnung erbt, ist stets im Vorteil - die Wut darüber greift um sich
10.10.2024

Die Wahlen in den ostdeutschen Ländern werden aller Voraussicht nach zum Vorzeichen für die kommende Bundestagswahl in Deutschland. Nicht...