Politik

EU-Staaten beschließen Notbremse für türkische Visafreiheit

Lesezeit: 1 min
21.05.2016 01:07
Die EU-Innenminister haben Pläne für eine „Notbremse“ gebilligt, mit der die Visa-Freiheit für die Türkei kurzfristig widerrufen werden kann. Außerdem will die EU auf der Ablehnung der aktuellen Terror-Gesetze in der Türkei beharren.
EU-Staaten beschließen Notbremse für türkische Visafreiheit

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Möglich wäre die Wiedereinführung des Visa-Zwangs zunächst für sechs Monate. Ändert sich an der Situation nichts, würde die EU-Kommission das Land durch einen Rechtsakt bis auf Weiteres wieder in die Liste der Staaten mit Visumspflicht aufnehmen, so die AFP.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sprach von einem „großen Erfolg“ für Deutschland und Frankreich, von denen die Verschärfung vorgeschlagen worden war. Die Pläne müssten noch durch das Europaparlament gebilligt werden – der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion, Manfred Weber (CSU), begrüßte das Vorhaben bereits.

Der Wegfall des Visa-Zwangs ab spätestens Ende Juni ist eines der Hauptzugeständnisse der EU an die Türkei im Gegenzug für die Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise. Die EU fordert dafür, dass Ankara die weitreichenden Terrorismusgesetze ändert, die Kritiker auch als Instrument sehen, um gegen Regierungsgegner vorzugehen. Die türkische Regierung lehnt das ab und hat gedroht, ohne Visa-Befreiung keine Flüchtlinge aus Griechenland mehr zurückzunehmen.

Die EU habe in der Frage „eine äußerst harte Position“, sagte Frankreichs Innenminister Bernard Cazneuve. Ankara müsse „alle 72 Kritierien“, die Voraussetzung für die Visa-Freiheit sind, erfüllen. Luxemburgs Migrationsminister Jean Asselborn sagte, es sei nicht wahrscheinlich, dass die Visa-Freiheit komme, wenn die Türkei sich nicht bewege.

Mit den Plänen für die Notbremse müsste die Türkei sich auch dauerhaft an die Einschränkung der Terrorismusgesetze und alle anderen Änderungen durch die Erfüllung der 72 Kriterien halten. Die EU-Kommission würde dies überwachen und „mindestens“ einmal im Jahr einen Bericht dazu erstellen. Stellt Brüssel Verstöße fest, könnte die Visa-Freiheit ausgesetzt werden.

Die Regelung gilt für alle Länder, denen die EU Visa-Freiheit gewährt. Diese kann schon bisher wieder entzogen werden, wenn es zu einem deutlichen Anstieg von „unbegründeten Asylanträgen“ oder bei Verstößen gegen die Verweildauer kommt. Nun ist dies auch möglich, wenn das betroffene Land weniger Bereitschaft zeigt, abgeschobene Asylbewerber wieder aufzunehmen.

Auch Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist ein mögliches Aussetzungskriterium. „Darunter kann man natürlich viel fassen“, sagte eine Diplomatin. Verwiesen wird etwa auch auf einen Anstieg der organisierten Kriminalität.

Konkrete Schwellen für den erforderlichen Zuwachs für die Auslösung des Mechanismus sind in dem Entwurf zur Änderung der Visa-Verordnung nicht festgeschrieben. Als Richtwert wird nur in den Erwägungsgründen ein Anstieg um 50 Prozent genannt, die Schwelle kann aber auch niedriger angesetzt werden. Der Zeitraum, in dem der erhebliche Anstieg vorliegen muss, würde gleichzeitig von sechs auf zwei Monate verkürzt.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
28.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Osterfreude und EM-Fieber: Hoffnungsschimmer für Einzelhandel
28.03.2024

Das Ostergeschäft verspricht eine Wende für den deutschen Einzelhandel - nach einem düsteren Februar. Wird die Frühlingshoffnung die...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkrise für Banken noch nicht überwunden
28.03.2024

Die deutschen (Pfandbrief-)Banken sind stark im Gewerbeimmobilien-Geschäft engagiert. Das macht sie anfällig für Preisrückgänge in dem...