Politik

Starke Frauen: Fünf-Sterne-Bewegung erobert Rom und Turin

Die Geschicke von zwei italienischen Metropolen liegen künftig in weiblichen Händen. Für das «Movimento 5 Stelle» von Beppe Grillo ist es eine historische Nacht - sehr zum Leidwesen von Regierungschef Renzi. Der Erfolg der neuen Partei ist das Ergebnis der unverändert verkrusteten und selbstgefälligen Politik in Italien.
20.06.2016 15:58
Lesezeit: 2 min

Mit dem Sieg ihrer Bürgermeister-Kandidatinnen in Rom und Turin hat die Fünf-Sterne-Bewegung einen Triumph in Italien erzielt. Zugleich werteten viele Kommentatoren den Ausgang der zweiten Runde der Kommunalwahlen als herbe Niederlage für Ministerpräsident Matteo Renzi und seine Mitte-Links-Regierung. Bis in die frühen Morgenstunden feierten Anhänger der Protestbewegung «Movimento 5 Stelle» (M5S) ihren Sieg.

Die Hauptstadt Rom bekommt zum ersten Mal eine Bürgermeisterin: Viriginia Raggi fuhr mit mehr als zwei Drittel der Stimmen einen haushohen Sieg vor dem Kandidaten von Renzis Partito Democratico (PD), Roberto Giachetti, ein. Die 37 Jahre alte Rechtsanwältin, die sich im Wahlkampf etwa gegen die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2024 in Rom gewandt hatte, sprach laut der Nachrichtenagentur Ansa von einem «historischen Moment», nachdem Giachetti bereits früh seine Niederlage eingeräumt hatte.

Auf die Siegerin wartet keine leichte Aufgabe: Die hoch verschuldete Ewige Stadt gilt als nahezu unregierbar und leidet schon lange unter Korruption, Dreck, Smog und verstopften Straßen.

Auch der Gründer des M5S, der einstige Starkabarettist Beppe Grillo, bejubelte den Wahlerfolg Raggis und den überraschenden Sieg der 5-Stelle-Kandidatin in Turin: «Es ist ein historischer Tag, von heute an ändert sich alles. Jetzt sind wir dran. Und das ist erst der Anfang», schrieb er noch in der Nacht in seinem Blog. Landesweit waren die Fünf Sterne laut Ansa bei 19 von 20 Stichwahlen, zu denen sie angetreten waren, erfolgreich - darunter etliche kleinere Kommunen.

In Turin machte die erst 31 Jahre alte M5S-Kandidatin und Unternehmerin Chiara Appendino den Doppelerfolg der Bewegung auf Großstadtebene perfekt. Sie setzte sich überraschend gegen den amtierenden Bürgermeister und PD-Kandidaten Piero Fassino durch. Fassino hatte eigentlich damit gerechnet, bereits im ersten Wahlgang die notwendige 50-Prozent-Marke zu knacken, musste sich aber mit 41,8 Prozent zufriedengeben und verlor schließlich in der Stichwahl. Eine schmerzhafte Niederlage musste auch Renzis Mann in Triest einstecken - hier gegen den von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi unterstützten Kandidaten.

Einziger Lichtblick bei den Stichwahlen in Großstädten war für den Regierungschef der Ausgang in Mailand und Bologna, wo sich seine Kandidaten durchsetzen konnten. In der norditalienischen Finanzmetropole Mailand gewann Giuseppe Sala, der Chef der im Oktober zu Ende gegangenen Weltausstellung, gegen Stefano Parisi vom Mitte-Rechts-Lager.

Bei Renzis PD begann sogleich das Wundenlecken. Am Freitag will die Parteiführung über das Wahlergebnis beraten. In einer Mittelung sprach die Partei von einer «klaren Niederlage ohne mildernde Umstände» in Turin und Rom. Dagegen habe man deutliche Siege in Mailand und Bologna eingefahren.

Immer wieder hatte Renzi betont, dass die Kommunalwahlen stark lokal beeinflusst und keine Abstimmung über die Regierung seien. Als eigentliche Bewährungsprobe rückt nun für ihn ein wichtiges Verfassungsreferendum in den Blickpunkt. Es dürfte im Oktober über seine politische Zukunft entscheiden.

Die Wahlbeteiligung lag mit 50,5 Prozent im ganzen Land etwa zehn Prozentpunkte unter der vom ersten Durchgang Anfang Juni. Beobachter hatten seinerzeit bereits auf die geringe Teilnahme hingewiesen. Es war von einem «antipolitischen Wind» im Land die Rede, die Wahl sei von Protestwählern und Gleichgültigkeit bestimmt worden.

Landesweit waren fast neun Millionen Wähler in mehreren Großstädten und Dutzenden weiteren Kommunen aufgerufen, in Stichwahlen ihre Bürgermeister zu be

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Ministerposten der Union: Alle Namen und Überraschungen im Überblick
28.04.2025

Acht Tage vor der geplanten Kanzlerwahl von Friedrich Merz steht die Aufstellung der Ministerposten der Union fest. Die SPD wird ihre...

DWN
Politik
Politik Neue Bundesregierung: Union stellt Personal für Ministerposten vor – Kabinettsliste mit Manager für Digitalisierung
28.04.2025

Rund eine Woche vor der geplanten Wahl von Friedrich Merz zum Kanzler der neuen Bundesregierung haben CDU und CSU ihre Besetzung der...

DWN
Technologie
Technologie Profi für Sicherheitslösungen: Bedrohungen sind alltäglich - so erhöhen Unternehmen die Cybersicherheit
28.04.2025

Cybersicherheitsabteilungen in Unternehmen ähneln zunehmend Notaufnahmen – jedoch mit einem entscheidenden Unterschied: Die Bedrohungen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft E-Mobilität in China: Warum der Westen zurückfällt
28.04.2025

Chinas Autobauer überrollen die E-Mobilitätswelt – effizient, günstig, selbstbewusst. Während westliche Marken im Reich der Mitte an...

DWN
Politik
Politik Nato-Beitritt Deutschlands: 70 Jahre Bündnistreue im Wandel der Sicherheitspolitik
28.04.2025

Mit einem feierlichen Festakt wird heute in Brüssel an den Nato-Beitritt Deutschlands vor fast 70 Jahren erinnert. Für den Festakt im...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Trump glaubt an Selenskyjs Verzicht auf Krim
28.04.2025

Bislang hat Selenskyj eine Abtretung von Territorium an Russland ausgeschlossen. Trump glaubt nach einem Treffen in Rom, dass sich diese...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Ausblick: Deutscher Aktienmarkt weiterhin im Zoll-Chaos – Berichtssaison nimmt Fahrt auf
28.04.2025

Der weltweite Zollstreit dürfte auch in der kommenden Woche das Geschehen am deutschen Aktienmarkt prägen. "Aktuell ist alles an der...

DWN
Politik
Politik Friedensforschungsinstitut Sipri: Weltweite Militärausgaben erreichen neues Rekordhoch
28.04.2025

Die weltweiten Militärausgaben haben 2024 erneut ein Rekordhoch erreicht. Laut dem Friedensforschungsinstitut Sipri summierten sich die...