Finanzen

Zinssätze für Staatsanleihen aus Südeuropa steigen wieder

Der Bond-Markt zeigt erste Anzeichen von Unruhe: Die Zinssätze für südeuropäische Staatsanleihen stiegen wieder. Sie sind zwar immer noch historisch niedrig. Doch die Kluft zu den deutschen Bundesanleihen wird größer.
20.06.2016 00:58
Lesezeit: 2 min

Am Dienstag wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob die Anleihekäufe der EZB rechtswidrig oder rechtskonform sind. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Richter sich am Urteil des EuGH orientieren werden. Dieser hatte im vergangenen Jahr dem Kaufprogramm der EZB nichts entgegengestellt.

Ein aktueller Blick auf die Zinssätze für Staatsanleihen aus Südeuropa verdeutlicht, wie wichtig und gleichzeitig wie begrenzt wirksam das Kaufprogramm der EZB für den Zusammenhalt der EU derzeit ist. Dank der zahlreichen Staatsanleihen, die die EZB in der Vergangenheit gekauft hat, dank dem Kauf der Unternehmensanleihen und dank der billigen Kredite von der EZB sowie der Niedrigzinspolitik konnten Spanien, Italien und Portugal in den vergangenen eineinhalb Jahren etwas verschnaufen.

Die Länder waren wieder in der Lage, ihre Schulden am Anleihenmarkt zu refinanzieren. Gleichzeitig stützte die EZB mit ihrer Politik den Großteil der heimischen Banken. Doch in dieser Woche zeigt sich, dass das eigentliche Problem, das Ungleichgewicht innerhalb der EU auch durch die Politik der EZB nur verdeckt, nicht aber gelöst werden kann.

Denn angesichts des schwachen globalen Wachstums und vor allem auch den Schwächen der Schwellenländer wird der Druck auf die Peripheriestaaten der EU wieder größer. Ungleichzeitig wachsen die deutschen Exporte weiter. Das zeigt sich vor allem in den Zinskosten, die für die Staatsanleihen notwendig sind. Während die Bundesanleihe vorübergehend in den negativen Bereich rutschte, nahmen die Zinskosten für Italien, Spanien und Portugal seit Anfang Juni wieder zu. Seit dem 10. Juni hat sich dieser Trend sogar noch einmal verstärkt.

Die Zinssätze für zehnjährige, portugiesische Staatsanleihen liegen derzeit bei 3,31 Prozent, für italienische mit derselben Laufzeit sind es 1,43 Prozent, für spanische 1,56 Prozent. Für zehnjährige, deutsche Staatanleihen müssen aktuell 0,02 Prozent Zinskosten getragen werden. Für die Ausgabe von zwei- und fünfjährigen Anleihen erhält der Bund sogar Geld von den Gläubigern.

In Frankreich ist die Situation nicht viel besser. Hollande hat in seiner Amtszeit kaum die französische Wirtschaft reformieren können. Die geplante Arbeitsmarktreform wird seit mehr als einem Monat von heftigen Protesten und Streiks begleitet. Die Schulden des Landes sind weiterhin hoch.

Die italienische Krisenbank Veneto Banca beispielsweise kämpft mit einer noch angespannteren Liquiditätssituation. Das mittelgroße Institut leidet wie andere Banken in Italien unter der jahrelangen Wirtschaftsmisere. Sie sitzen zusammen auf faulen Krediten von rund 360 Milliarden Euro. Das ist ein Drittel aller ausfallgefährdeten Darlehen in Europa.

Seit Juni kauft die EZB auch Unternehmensanleihen. Der Schwerpunkt liegt derzeit auf Italien und  Spanien. 60 Prozent der Italiener beispielsweise würden gern über einen Verbleib ihres Landes in der EU in einem Referendum abstimmen. Und fast jeder zweite Italiener würde sich dann sogar für einen Austritt entscheiden. Der Unmut über die EU hatte sich in den Peripheriestaaten zuletzt noch einmal erhöht, als Juncker öffentlich sagte, die EU-Behörde lasse bei Frankreich Nachsicht walten, „weil es Frankreich ist“.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen CBDCs und Gold – Kontrolle oder Freiheit?

In einer Zeit rasanter Veränderungen stellt sich mehr denn je die Frage: Wie sicher ist unser Geld wirklich? Die Einführung von CBDCs...

DWN
Politik
Politik Neue Regierung: Üppige Übergangsgelder für Ex-Minister - AfD und Steuerzahlerbund fordern Reform
01.05.2025

Dauerversorgung auf Kosten der Steuerzahler: Bisher bekommen Minister und Kanzler nach ihrem Ausscheiden bis zu 2 Jahren staatliche...

DWN
Politik
Politik Trump gegen die Welt: Warum Streit mit Verbündeten das China-Problem nur verschärft
01.05.2025

Die Ereignisse der vergangenen Wochen haben zweifellos dem internationalen Ruf der USA auf den Finanzmärkten geschadet und das...

DWN
Technologie
Technologie PwC-Studie: Künstliche Intelligenz könnte Weltwirtschaft bis 2035 um 15 Prozent beflügeln – doch der Preis ist hoch
01.05.2025

Während viele Volkswirtschaften unter dem Druck multipler Krisen taumeln – Energiepreise, geopolitische Spannungen, ein fragiles...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Politik schwächt den Dollar – Rogoff sieht Machtverschiebung zugunsten Europas
01.05.2025

Kenneth Rogoff sieht in Trumps Politik den Katalysator für das Ende des Dollar-Zeitalters. Europa steht vor der historischen...

DWN
Finanzen
Finanzen JPMorgan: Zinsschock voraus – Warum US-Bonds Europa ausstechen
01.05.2025

JPMorgan sieht in US-Anleihen den neuen Renditetreiber – Europas zögerliche EZB-Politik wirkt abschreckend auf Investoren.

DWN
Panorama
Panorama Jung oder KI: Zwei Wege zur Lösung des Lkw-Fahrermangels
01.05.2025

Angesichts des anhaltenden Fahrermangels setzt die EU auf die Senkung der Altersgrenze für Lkw-Führerscheine, während die USA auf eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Unternehmer weltweit in Alarmbereitschaft: Handelskriege, Schuldenkrisen und KI – Was kommt als Nächstes?
01.05.2025

UBS-Report: Unternehmer zwischen Angst vor Handelskriegen, Hoffnungen auf KI und dem Wettlauf um Nachhaltigkeit.

DWN
Finanzen
Finanzen Versteckte Risiken: Wie die Rentenversprechen zur Illusion werden
01.05.2025

Vorsorge mit Risiko: Warum viele Pensionslösungen nur scheinbar sicher sind – und wie mangelnde Transparenz zum größten Feind der...