Politik

UN: Beendet die Kriege, um die Flüchtlings-Krise zu lösen

Lesezeit: 3 min
21.06.2016 00:34
Die UN erheben die Stimme und nennen den wichtigsten Grund für die Flüchtlingskrise laut und deutlich beim Namen: Es sind die Kriege, die die Flüchtlingskrise ausgelöst haben. Sie zu beenden, sei die vorrangige Aufgabe der Staatengemeinschaft. Nach einem Bericht des Flüchtlingswerks UNHCR sollen weltweit 65,3 Millionen Menschen auf der Flucht sein.
UN: Beendet die Kriege, um die Flüchtlings-Krise zu lösen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die UN erhebt ihre Stimme und nennt den wichtigsten Grund für Flucht und Vertreibung beim Namen: „Immer mehr Menschen müssen aufgrund von Krieg und Verfolgung ihre Heimat verlassen und das allein ist höchst beunruhigend. Doch auch die Faktoren, die Flüchtlinge in Gefahr bringen, steigen um ein Vielfaches (…)Vor diesem tragischen Hintergrund bedrohen eine polarisierende politische Rhetorik über Asyl- und Migrationsfragen und das besorgniserregende Ausmaß von Fremdenfeindlichkeit internationale Abkommen, die diejenigen schützen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen”, so UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi am Montag. Grandi dankt den Flüchtlingshelfern: „Diese einfachen Leute sehen Flüchtlinge nicht als Bettler, Wettbewerber um Arbeitsplätze oder Terroristen, sondern als Menschen wie du und ich, deren Leben durch Krieg zerstört wurde (…) Während Kriege außer Kontrolle geraten, spüren wir, dass dieses Jahr ein Jahr der kollektiven Verantwortung und Maßnahmen sein muss, um die Konflikte zu beenden, die die Menschen zur Flucht bewegen.“

Generalsekretär Ban Ki-moon sagte am Montag: „Neue und wiederkehrende Konflikte und immer mehr beunruhigende Formen von Gewalt und Verfolgung sind die treibenden Kräfte, die die Menschen dazu bewegen, aus ihren eigenen Ländern zu fliehen (…) Der Weltflüchtlingstag stellt einen Moment dar, der zu einer Bestandsaufnahme der verheerenden Auswirkungen des Kriegs und der Verfolgung auf das Leben von Menschen führt.“

Mehr als 65 Millionen Menschen auf der Flucht: Blutige Konflikte und brutale Verfolgung in etlichen Ländern haben mehr Kinder, Frauen und Männer als je zuvor aus ihren Heimatorten vertrieben. Jeder 113. Erdenbewohner sei davon inzwischen direkt betroffen, beklagt der Weltbericht 2015 des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR). Damit habe die Gesamtzahl der Flüchtlinge, Binnenvertriebenen und Asylsuchenden „ein trauriges Rekordniveau“ erreicht, heißt es in der zum Weltflüchtlingstag am Montag vorgelegten Studie.

„Während im Jahr 2005 durchschnittlich sechs Menschen pro Minute entwurzelt wurden, sind es heute 24 pro Minute – das sind statistisch zwei Menschen pro Atemzug“, heißt es in dem UN-Bericht. Zugleich hätten sich die Gefahren auf den Fluchtrouten vervielfacht, erklärte der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi. „Auf dem Meer verlieren erschreckend viele Menschen ihr Leben, der Landweg ist durch geschlossene Grenzen zunehmend blockiert und in manchen Ländern wird gegen Asyl politisch Stimmung gemacht.“

Zudem sinke die Bereitschaft von Staaten, sich der Flüchtlingskrise zu stellen und „im gemeinsamen Interesse der Menschlichkeit“ für deren Bewältigung zusammenzuarbeiten, bedauerte Grandi. „Dabei ist es genau dieser einende Geist, der so dringend gebraucht wird.“

Zum ersten Mal seit Bestehen des UNHCR sei durch den Anstieg der Flüchtlingszahlen auf insgesamt 65,3 Millionen Menschen bis Ende 2015 die 60-Millionen-Marke überschritten worden. „Insgesamt ist die globale Zahl der Menschen auf der Flucht in etwa so groß wie die Einwohnerzahlen von Großbritannien, Frankreich oder Italien.“ 21,3 Millionen Flüchtlinge hielten sich dem UN-Bericht zufolge Ende 2015 in fremden Ländern auf. 40,8 Millionen seien Vertriebene innerhalb ihrer Heimatstaaten. Weitere 3,2 Millionen warteten im Ausland auf Entscheidungen über ihre Asylanträge – der höchste bisher von UNHCR verzeichnete Stand.

Besonders beunruhigend sei die hohe Zahl an Kindern, die allein reisten oder von ihren Eltern getrennt waren. 98.400 Asylanträge seien von unbegleiteten Kindern gestellt worden. Die Bearbeitung von Asylanträgen sei aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen stark verzögert. Dabei wurden allein in Deutschland 441.900 Asylanträge und damit mehr als in jedem anderen Land der Welt gestellt.

„Das ist vor allem auf die Bereitschaft Deutschlands zurückzuführen, Flüchtlinge aufzunehmen, die 2015 über das Mittelmeer nach Europa kamen“, erklärte das UNHCR. Die USA hätten die zweithöchste Zahl von Asylanträgen verzeichnet (172.700). Viele Menschen, die dort Asyl beantragten, seien vor der Bandenkriminalität in Zentralamerika geflohen. Auch in Schweden (156.000) und Russland (152.500) seien vergleichsweise viele Asylanträge registriert worden.

Das weltweit größte Aufnahmeland ist weiterhin die Türkei mit derzeit 2,5 Millionen Flüchtlingen. Insgesamt halten sich die weitaus meisten Flüchtlinge in Ländern außerhalb Europas auf: 86 Prozent der vom UNHCR betreuten Menschen haben in Staaten mit niedrigem bis mittlerem Einkommen Schutz gesucht. Dabei hat der Libanon mit 183 Flüchtlingen auf 1000 Einwohner im Verhältnis zu seiner Bevölkerungszahl mehr Flüchtlinge aufgenommen als jeder andere Staat.

Seit Mitte der 1990er Jahre haben laut UNHCR Flucht und Vertreibung stetig zugenommen, jedoch seien die Zahlen in den vergangenen fünf Jahren „rasant nach oben geschnellt“. Zu den Hauptgründen gehört der Syrien-Krieg. Jedoch trieben auch etliche andere Konflikte Hunderttausende von Menschen in die Flucht, unter anderem im Südsudan, im Jemen, in Burundi, der Ukraine und der Zentralafrikanischen Republik.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Petrochemie: Rettungsleine der Ölindustrie - und Dorn im Auge von Umweltschützern
24.04.2024

Auf den ersten Blick sieht die Zukunft des Erdölmarktes nicht rosig aus, angesichts der Abkehr von fossilen Treibstoffen wie Benzin und...

DWN
Politik
Politik Sunaks Antrittsbesuch bei Kanzler Scholz - strategische Partnerschaft in Krisenzeiten
24.04.2024

Rishi Sunak besucht erstmals Berlin. Bundeskanzler Scholz empfängt den britischen Premierminister mit militärischen Ehren. Im Fokus...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Präsident: Zinssenkungspfad unklar, digitaler Euro erstrebenswert
24.04.2024

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere...

DWN
Technologie
Technologie Habeck sieht großes Potenzial in umstrittener CO2-Einlagerung
24.04.2024

Die Technologie "Carbon Capture and Storage" (CO2-Abscheidung und -Speicherung) ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Inzwischen gibt...

DWN
Politik
Politik Chinesische Spionage: Verfassungsschutz mahnt Unternehmen zu mehr Vorsicht
24.04.2024

Der Verfassungsschutz warnt vor Wirtschaftsspionage und Einflussnahme aus China. Vor allem für deutsche Unternehmen wäre eine naive...

DWN
Panorama
Panorama Fahrraddiebe nehmen vermehrt teure E-Bikes und Rennräder ins Visier
24.04.2024

Teure E-Bikes und Rennräder sind seit Jahren immer häufiger auf den Straßen zu sehen - die Anzahl von Diebstählen und die...

DWN
Technologie
Technologie KI-Hype in Deutschland: Welle von neuen Startups formiert sich
24.04.2024

Obwohl die Finanzierung von Jungfirmen allgemein ins Stocken geraten ist, werden in Deutschland gerade unzählige KI-Startups gegründet....

DWN
Politik
Politik USA kündigen massive Waffenlieferungen in die Ukraine an - Selenskyj äußert Dank
24.04.2024

Der US-Kongress hat die milliardenschweren Ukraine-Hilfen gebilligt. Jetzt könnte es laut Pentagon bei der ersten Lieferung sehr schnell...