Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat 400 hochrangige türkische Offiziere entlassen, die als Verbindungsoffiziere und Nato-Vertreter an verschiedenen Nato-Stützpunkten in Europa und in den USA im Dienst gewesen sind. Einige der Soldaten erwarten Anklagen wegen Beteiligung am Putschversuch vom 15. Juli. Andere wiederum stehen unter Putschverdacht.
Doch ein Vertreter der Regierung in Ankara sagt, dass nicht alle Nato-Offiziere Anklagen im Rahmen der Putschisten-Prozesse zu befürchten haben. Von 50 türkischen Nato-Offizieren im Nato-Hauptquartier in Brüssel sind nur noch neun übriggeblieben und diese befinden sich mittlerweile in der Türkei. Das geht aus einem klassifizierten Nato-Dokument hervor, über die Reuters in seinem englischsprachigen Dienst berichtet. Reuters analysiert, dass die Entlassungen in Verbindung mit der Annäherung zu Russland Fragen bei der Nato-Führung über die künftige außenpolitische Ausrichtung aufkommen lassen.
Der türkische Nato-Botschafter, der ein 30-köpfiges Diplomatenteam leitet, lehnte jeden Kommentar zu den Entlassungen ab. Ein Sprecher der Nato sagte Reuters, dass die Türkei die Nato über personelle Veränderungen bei den Nato-Kommandos unterrichtet habe. „Wir sind zuversichtlich, dass die Türkei ihr Engagement für die Rechtsstaatlichkeit halten wird, wenn die Täter des Putsches vor Gericht gebracht werden“, so der Nato-Sprecher. „Diejenigen, die nicht in Türkei zurückkehren oder versuchen, Asyl im Ausland zu beantragen, werden zur Rechenschaft gezogen. Wir erwarten, dass unsere Verbündeten uns und nicht die Putschisten, wenn sie denn am Putsch beteiligt gewesen sind, unterstützen“, so der türkische Regierungsvertreter.
Bereits unmittelbar nach dem Putsch hatte ein Nato-Sprecher den Deutschen Wirtschafts Nachrichten gesagt: „Die Nato spielte keine Rolle bei der Planung oder Unterstützung des Putschversuchs in der Türkei. In unserer Allianz der Demokratien ist es wichtig, dass die Streitkräfte der demokratischen Kontrolle untergeordnet sind. Der Generalsekretär hat in der Putschnacht mit dem türkischen Außenminister und am 18. Juli mit Präsident Erdogan gesprochen. Der Generalsekretär verurteilt nachdrücklich den Putschversuch und bekräftigt seine volle Unterstützung für die demokratischen Institutionen der Türkei. Er äußerte seine Unterstützung für die gewählte Regierung der Türkei und den Mut des türkischen Volks.“
Der Chef der türkischen Heimatpartei, Dogu Perincek, hatte kurz nach dem Putschversuch gesagt, dass die Nato auf die territoriale Integrität der Türkei abziele. Erdogan löse sich vom transatlantischen Lager und die Türkei hinterfrage ihre Nato-Mitgliedschaft. In der Vergangenheit habe sich Erdogan den US-Interessen gefügt. Doch als die Loslösung Erdogans begann, sei er das Ziel der USA geworden, meint Perincek.