Politik

Energie-Krieg: Putschversuch und Chaos in Libyen

In Libyen ist es zu einem Putschversuch gekommen. Die Lage ist unklar. In dem Land tobt seit Monaten ein erbitterter Energie-Krieg.
17.10.2016 01:51
Lesezeit: 2 min
Energie-Krieg: Putschversuch und Chaos in Libyen
Internationale Energiekonzerne in Libyen. (Grafik: Stratfor)

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

In einer Nacht- und Nebelaktion haben Islamisten in Libyen versucht, wieder an die Macht zu gelangen. Nach Berichten vom Samstag drangen Milizen des früheren Ministerpräsidenten Chalifa al-Ghweil in den alten Sitz des Parlaments in der Hauptstadt Tripolis vor. Al-Ghweil rief die von den Vereinten Nationen (UN) unterstützte Einheitsregierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch auf, die Arbeit einzustellen. Seine Regierung sei zurück, verkündete Al-Ghweil in dem Parlamentsgebäude.

Befürchtete Zusammenstöße blieben nach Angaben von Augenzeugen weitgehend aus. Vereinzelte Gewalt gab es in der Nacht zum Sonntag Anwohnern zufolge in verschiedenen Teilen der Hauptstadt. Die Zusammenstöße seien jedoch offensichtlich nicht politsch motiviert gewesen.

Al-Sarradsch verurteilte den Putschversuch und ordnete die Festnahme der Politiker an, die Parallelstrukturen schaffen wollten. Beobachter sprachen von einem neuerlichen Rückschlag für die internationalen Bemühungen, Libyen nach fünf Jahren Chaos und Bürgerkrieg zu einen.

Die Europäische Union und der UN-Libyen-Gesandte Martin Kobler warnten vor einer neuen Spirale der Gewalt in Libyen. Bis März herrschte Al-Ghweil in Tripolis. Die EU wirft ihm vor, den Friedensprozess zu blockieren.

In dem nordafrikanischen Land amtiert seit März eine international unterstützte Einheitsregierung. Sie hat aber nur einen Teil des Landes unter Kontrolle. Neben den Islamisten und der Einheitsregierung beansprucht auch eine Führung im ostlibyschen Tobruk die Macht im Land für sich.

Darüber hinaus ist auch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Libyen aktiv. In ihrer Hochburg Sirte stehen die Dschihadisten, die noch vor einigen Monaten einen Küstenstreifen von etwa 300 Kilometer Länge kontrollierten, aber kurz vor einer Niederlage (Video am Anfang des Artikels). Nach Angaben der Führung der Militäroperation eroberten Kämpfer von Anti-IS-Milizen am Sonntag das Viertel Al-Manar im letzten Stadtteil, den die Terrormiliz noch hält.

Währenddessen hat General Khalifa Hifter alle wichtigen Öl-Häfen des Landes unter seine Kontrolle gebracht. Er will zum aktuellen Zeitpunkt mit der von der UN gestützten Regierung in Tripolis zusammenarbeiten, um die Öl-Exporte aus dem Land aufrecht zu erhalten. Die Europäische Union und der UN-Libyen-Gesandte Martin Kobler warnten vor einer neuen Spirale der Gewalt in Libyen. Bis März war al-Ghweil der offizielle Premierminister des Landes. Fayez al-Sarraj kam erst mit Unterstützung des Westens am 30. März 2016 nach Libyen, um al-Ghweil zu stürzen und die Regierung zu übernehmen.

Seitdem hat sich die Lage in Libyen verschlechtert, da die Regierung unter al-Sarraj, die im Westen auch Einheitsregierung genannt wird, nur einen kleinen Teil des Landes unter Kontrolle hat und vom Volk nicht unterstützt wird. Doch auch beim Großteil des libyschen Parlaments findet der „pro-westliche“ al-Sarraj keine Unterstützung, berichtet Reuters in seinem englischsprachigen Dienst. Am 22. August hat das libysche Parlament ein Misstrauensvotum gegen die Einheitsregierung durchgeführt. Von den 101 anwesenden Abgeordneten, stimmten 61 gegen die Regierung, 39 enthielten sich, und nur ein Abgeordneter stimmte zugunsten der Regierung, berichtet die Washington Post.

Trotzdem halten die USA an Regierungschef Fayez al-Sarraj unter dem Vorwand, dass er der beste Partner beim Kampf gegen die Terror-Miliz ISIS und Menschenschmuggler sei, fest. Der Konflikt in Libyen ist faktisch ein Stellvertreterkrieg wie in Syrien. Es geht um den Kampf der Anteile von internationalen Energiekonzernen an den Energievorkommen des Landes, was vor allem weitere Förderrechte und Konzessionen umfasst, berichtet das Foreign Policy Journal.

Aktuell rivalisieren folgende Energiekonzerne in Libyen: ENI (Italien), Total SA (Frankreich), Repsol YPF (Spanien), Waha Oil Co. (Ein US-Joint Venture), BP (Großbritannien), ExxonMobil (USA), Statoil (Norwegen), Royal Dutch/Shell (Niederlande(Großbritannien), Gazprom (Russland), RWE (Deutschland).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...