Politik

Wallonen erhalten Ausstiegs-Recht aus CETA

Lesezeit: 2 min
27.10.2016 19:46
Die Wallonen haben für die Regionen Belgiens eine Ausstiegsklausel erreicht. Auch die Schiedsgerichte wurden für die Regionen neu definiert.
Wallonen erhalten Ausstiegs-Recht aus CETA

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Erst als der EU-Kanada-Gipfel schon abgesagt war, gab es in Belgien den Duchbruch zum Freihandelsabkommen Ceta: Nach tagelangen Verhandlungen verständigte sich die belgische Zentralregierung mit den Ceta-kritischen Regionen am Donnerstag auf einen Kompromiss. Die EU und Kanada reagierten erfreut, aber vorsichtig. Denn erst am Freitag soll der Kompromiss, der Zugeständnisse bei den umstrittenen Schiedsgerichten und dem Schutz der Landwirtschaft vorsieht, durch die Regionalparlamente abgesegnet werden.

Der belgische Kompromiss besteht aus zwei Dokumenten: Die erste stammt vom "Königreich Belgien" und enthält Präzisierungen bei der geplanten vorläufigen Anwendung von Ceta ab Januar, bis das Abkommen in den kommenden Jahren alle Parlamente der EU-Mitgliedstaaten passiert hat. Das Dokument enthält unter anderem eine Ausstiegsklausel für die belgischen Regionen, die sich während dieser Phase zu jeder Zeit "endgültig und dauerhaft" von Ceta verabschieden können.

Für die Landwirtschaft sollen die Regionen Schutzmechanismen für die Bauern aktivieren können. Dies gelte, "wenn sie durch massive Importe bedroht werden, wenn Preise in Gefahr geraten, und vieles andere mehr", sagte der Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft, Oliver Paasch, im Radiosender BRF.

In einem zweiten Dokument der EU-Kommission und des Rates der Mitgliedstaaten geht es um die umstrittenen Schiedsgerichte für Handelsstreitigkeiten. Ziel ist es nun, dass über kurz oder lang Vollzeitrichter diese Aufgabe übernehmen und genaue Standards und Verhaltensregeln für diese erlassen werden.

In diesem Text habe es bei der Sitzung der EU-Botschafter nun nochmals "einige Änderungen" gegeben, hieß es aus einem Mitgliedstaat. Die belgischen Regionen wollen aber ohnehin auch den Europäischen Gerichtshof anrufen und klären lassen, ob Schiedsgerichte überhaupt mit EU-Recht zu vereinbaren sind. Sie würden ohnehin erst eingeführt, wenn Ceta in einigen Jahren endgültig in Kraft getreten wäre.

"Es liegt eine wichtige Vereinbarung auf dem Tisch", sagte Belgiens Ministerpräsident Charles Michel nach dem Durchbruch am Mittag. Der wallonische Regierungschef und Anführer der Ceta-Gegner in Belgien, Paul Magnette, sagte, seine Region sei "äußerst glücklich, dass unsere Forderungen gehört wurden".

Kanadas Außenhandelsministerin Chrystia Freeland ließ die Einigung über ihre Pressestelle als "positive Entwicklung" begrüßen. Es bleibe aber "noch Arbeit zu erledigen".

EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte vorsichtig, er werde den kanadischen Regierungschef Justin Trudeau erst dann kontaktieren, wenn alle Prozeduren auf EU-Ebene abgeschlossen seien. "Ich bin sehr zurückhaltend, einen konkreten Zeitplan für den weiteren Verlauf zu benennen", sagte auch ein Sprecher der EU-Kommission.

Tatsächlich müssen in Belgien nun am Freitag noch mehrere Regionalparlamente zustimmen. Abstimmungen sind in der Wallonie, der Hauptstadtregion Brüssel und in der Vertretung der französischssprachigen Gemeinschaft geplant - das letzte Votum wird erst am Freitagabend erwartet.

Unter Vorbehalt grünes Licht gaben die Botschafter der EU-Mitgliedstaaten am Donnerstagabend. Allerdings treffen die letzte Entscheidung die Regierungen in den nationalen Hauptstädten. Sie haben in einem schriftlichen Verfahren bis Freitag um Mitternacht Zeit, um die Zustimmung von EU-Seite endgültig perfekt zu machen.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...