Tesla Motors steht vor einer gewagten Fusion. Dass Elon Musk vor Risiken nicht zurückscheut, ist bekannt - nun stellt der Tech-Milliardär einmal mehr seinen unternehmerischen Wagemut unter Beweis. Für 2,6 Milliarden Dollar (2,4 Mrd Euro) soll sein Elektroautobauer Tesla die Ökostromfirma SolarCity schlucken. Beide Unternehmen schreiben regelmäßig rote Zahlen und sind bislang nicht viel mehr als große Versprechen. An diesem Donnerstag sollen die Aktionäre über die Fusion abstimmen.
Musk schwärmt von einer «idealen Verbindung» mit offensichtlichen Vorteilen, berichtet die dpa. Die Übernahme schaffe den einzigen vollintegrierten Energiekonzern der Welt, mit Nachhaltigkeit aus einer Hand: Stromerzeugung und Energiespeicher von SolarCity, umweltschonender Transport mit dem Elektroauto von Tesla. Als «einzigartige Kombination, die übertrifft, was jedes andere Unternehmen bieten kann», preist der Superstar des Silicon Valleys seinen Plan an.
Dennoch gibt es erhebliche Zweifel. Kritiker werfen Tesla-Chef Musk Interessenkonflikte vor, da er zugleich größter Anteilseigner und Verwaltungsratschef bei SolarCity ist. Er war Geburtshelfer der von Cousins gegründeten und geführten Firma. Auch Tesla-Mitgründer JB Straubel sitzt bei SolarCity im Verwaltungsrat. Der Großinvestor Jim Chanos bezeichnete den geplanten Deal deshalb als «schlimmstes Beispiel für schamlose Unternehmensführung».
Der bekannte Hedgefonds-Manager spricht von einer «wandelnden Insolvenz» und geht davon aus, dass das fusionierte Unternehmen rund eine Milliarde Dollar pro Quartal verbrennen wird. Chanos macht keinen Hehl daraus, dass er von Musks Geschäftsgebaren nichts hält und auf einen Kursverfall der Aktien seiner Firmen wettet. Der Finanzinvestor mag ein Extrembeispiel für besonders verschärfte Ansichten sein, doch auch gemäßigtere Stimmen sind skeptisch.
Würde es sich bei der Übernahme nicht durch und durch um einen «Silicon Valley Deal» handeln, so wäre der Plan schon bei seiner Ankündigung gescheitert, schrieb etwa Experte Steven Davidoff Solomon in seiner «New York Times»-Kolumne «Deal Professor». Das Vorhaben sei angesichts der Verflechtungen der Firmen «inzestuös» und so stark von Interessenkonflikten behaftet wie nur möglich. Dass Musk damit durchkomme, liege an seinem Bonus als Tech-Visionär.
Tatsächlich hat der 45-jährige Selfmade-Milliardär wenig Probleme, Anlegern den heiklen Deal zu vermitteln. Der gebürtige Südafrikaner, der sein Startkapital als Mitgründer des Bezahldienstes Paypal verdiente, kann als Guru der Tech-Szene ohnehin so ziemlich alles verkaufen: Musk betreibt nebenher noch die Raumfahrtfirma SpaceX und den Hyperloop - eine Art futuristische Rohrpost, die Menschen mit bis zu 1200 Kilometern pro Stunde transportieren soll.
Nüchtern betrachtet sehen die Geschäftszahlen von SolarCity indes bedenklich aus: Im letzten Quartal fiel ein Verlust von 225 Millionen Dollar an, obwohl der Umsatz lediglich bei 200 Millionen Dollar lag. Der Aktienkurs des Unternehmens, das «Powerwall»-Akkus als Energiespeicher im Eigenheim und Solar-Dachziegel anbietet, ist seit Jahresbeginn um gut 60 Prozent abgestürzt. Kein Wunder, dass einige Beobachter Musks Interesse an der Firma als Weg einschätzten, sein dort investiertes Geld zu retten, meint «Deal Professor» Davidoff.
Der Tesla-Chef hält knapp 22 Prozent an SolarCity und ist damit nicht nur größter Anteilseigner, sondern auch im Besitz wesentlicher Stimmrechte. Dahinter folgen neben anderen Führungsmitgliedern der Unternehmen Schwergewichte der Investmentszene wie etwa die Vermögensverwalter und Fonds-Riesen Fidelity, Vanguard und Blackrock. Sie alle sind Musk wohlgesonnen. Deshalb gilt die Zustimmung zu dem Deal trotz aller Kritik als so gut wie sicher.