Stefan Bielmeier von der DZ Bank hat unter der Überschrift "Müssen wir uns wegen Trump Sorgen machen?" eine interessante Analyse über die zu erwartende Politik von Donald Trump geschrieben:
Gegen alle Erwartungen hat Donald Trump die Wahl gewonnen. Er wird im Januar der 45. US-Präsident. Es ist offensichtlich: Trump ist anders als seine Vorgänger und er wird sicherlich auch anders regieren. Damit wächst jedoch die Sorge, dass Trump nicht nur die USA, sondern auch die westliche Welt in größere Probleme stürzt. Doch, müssen wir uns tatsächlich Sorgen machen?
Donald Trump hat nicht die meisten Stimmen erhalten. Doch das ist in den USA auch nicht notwendig. Auf Grund des Wahlsystems hat derjenige die Wahl gewonnen, der die Mehrheit der Wahlmänner auf sich vereinigt. Und hier liegt Trump haushoch vorn. Sollte das noch immer nicht finale Ergebnis von Michigan bestätigt werden, hat Trump 306 Wahlmänner für sich gewonnen und Hillary Clinton nur 232.
Ein Sieg, der nicht alle Amerikaner begeistert. Seit der Wahl gibt es in den USA jede Nacht Demonstrationen gegen den künftigen Präsidenten, ein bislang einmaliger Vorgang. In sein Kernteam, das seine Präsidentschaft vorbereiten soll, hat er drei seiner Kinder aufgenommen. Sie sollen aber auch seine Unternehmen während seiner Präsidentschaft leiten, was auf einen ausgeprägten Interessenkonflikt hindeutet.
Ein großer Teil der Zukunftssorgen fußt auf dem Gedanken, dass Trump ein irrationaler Populist ist. Das glaube ich jedoch nicht. Trump mag sehr ungewöhnliche Ansichten haben und sich nicht an übliche Vorgehensweisen halten, jedoch scheint er durchaus rational vorzugehen. Damit dürfte er den zwei wichtigen Zielen von demokratisch gewählten Politikern folgen. Zum einen, dass es den Menschen in seinem Land besser geht, hier spielen die politischen Überzeugungen auch eine wichtige Rolle. Zum anderen Machterhalt. Da die Präsidentschaft in den USA auf 8 Jahre beschränkt ist, geht letzteres auch damit einher, sich einen angemessenen Platz in den Geschichtsbüchern zu erarbeiten.
Bei diesen zwei Zielen ist noch eine wichtige Nebenbedingung zu beachten. Trump hat mit der Mehrheit in den beiden Kammern des Kongresses die größtmöglichen Gestaltungsmöglichkeiten, dies ist seit 1968 bisher nur in zwölf Jahren der Fall gewesen. Jedoch dürfte diese sehr komfortable Situation nicht lange halten. In der Regel verliert ein amtierender US-Präsident bereits nach zwei Jahren, in den Halbzeitwahlen, seine Mehrheit im Senat, wodurch dann das Regieren schwieriger wird.
Generell gilt die einfache Regel: Für innenpolitische Themen und Budget braucht der US Präsident den Kongress, die Außenpolitik kann er größtenteils alleine bestimmen. Somit sollte Trump die volle Gestaltungsmöglichkeit nutzen und schnell einige Wahlversprechen umsetzen. Insbesondere ein schuldenfinanziertes Wirtschaftsprogramm sollte zeitnah verabschiedet werden. Dieses sollte ab Mitte 2017 bis 2018 einige Wachstumsimpulse geben. Die gesamtwirtschaftlichen Effekte werden jedoch überschaubar bleiben, da sich private Investoren etwas zurückziehen dürften. Die Aussagen zur Einwanderungspolitik werden vermutlich nur teilweise umgesetzt, da ansonsten die notwendigen Arbeitskräfte fehlen.
Auch der mittelfristige Wirtschaftsausblick ist mit und ohne Trump nicht vielversprechend. Es zeichnet sich seit längerem ab, dass die US Wirtschaft ihren Zenit im aktuellen Konjunkturzyklus überschritten hat. Nun kommt es darauf an, wie stark Trump seine protektionistischen Ansichten umsetzt. Protektionismus ist in einigen Ländern politischer Mainstream geworden. Daher muss man damit rechnen, dass sich eine größere Allianz für einen geringeren Freihandel einsetzten wird.
Es sind weniger ideologische Überzeugungen, die dies vorantreiben. Vielmehr spiegeln sich hier die Ängste der Menschen wider, von der immer schnelllebigeren Entwicklung im wirtschaftlichen und sozialen Bereich abgehängt zu werden. Somit dürfte die weltweite Wachstumsdynamik ab 2019 langsam sinken und sich auf ein Niveau von gut 2% einpendeln – aktuell liegt dies bei rund 2,75 %. Die Inflation dürfte sich sehr moderat weiterentwickeln. Einzig eine zu restriktive Einwanderungspolitik in den USA könnte zu einem kräftigen Anstieg der Löhne führen. Das wiederum würde die Inflation beschleunigen.
Weltpolitisch könnte das ungewöhnliche Verhaltensmuster von Trump eingespielte Strukturen aufbrechen. Damit wird der neue US Präsident sicherlich nicht den Weltfrieden in Gefahr bringen. Aber viele europäische Überzeugungen, die auf Konsens und dem Ziel des individuellen Machterhaltes beruhen, aufbrechen bzw. in Frage stellen. Die negative Seite hiervon dürfte eine Welle des Populismus sein – insbesondere in den kommenden Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland. Der Wahlkampf in den USA hat gezeigt, dass man mit einfachen Antworten auf schwierige und komplexe Fragen die Menschen erreicht, auch wenn die Antworten falsch sind oder die Probleme nicht lösen können. Dieses Vorgehen dürfte in den kommenden Wahlkämpfen von einigen Parteien kopiert werden.
Das Problem ist, dass der technische und wirtschaftliche Fortschritt weitergehen wird. Die Unternehmen haben viel Kapital und sind eigentlich einzelnen Regierungen nicht völlig ausgeliefert. Wenn die Politik mittelfristig zu unternehmerfeindlich wird, dürften sich die Strukturen hier verändern. Die Wachstumsdynamik entsteht in Ländern, die sich entsprechend aufstellen, und nicht in Ländern, die dies verhindern.
Die Zentralbanken werden vermutlich ihren unterschiedlichen Kurs beibehalten. Die US Notenbank dürfte dem moderaten Zinsanhebungspfad weiter folgen, während die EZB die aktuelle sehr expansive Politik fortführt. Auch die britische und die japanische Notenbank sollten mit ihrer jeweiligen sehr lockeren Geldpolitik fortfahren. Somit sollten die Rentenmärkte bereits einen Gutteil der möglichen geldpolitischen Straffung verarbeitet haben und sind auf dem aktuellen Niveau eigentlich nicht mehr teuer. Die Aktienmärkte werden sich voraussichtlich weiterhin moderat freundlich entwickeln, wobei die merklichen Kursverluste bei Schwellenländern wohl übertrieben sind. Jedoch dürfte in den kommenden Monaten, mit wachsender politischer Unsicherheit, auch die Volatilität an den Finanzmärkten steigen.
Müssen wir uns Sorgen machen? Ja, aber nur ein wenig.
Trump bringt Unsicherheit in ein gut eingespieltes politisches System, das großteils auf Machterhalt zielt. Jedoch kommt dies zu einer Zeit, die von einer großen wirtschaftlichen Fragilität gekennzeichnet ist. Damit besteht die Gefahr, dass rückwärtsgewandte Ansichten mehrheitsfähig werden und die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung behindern. Unternehmen werden sich hierauf mittelfristig einstellen und Investitionsstandorte entsprechend verändern. Es liegt an uns, welche Gesellschaft wir wollen. Den Fortschritt kann man nicht verhindern, aber lenken. Kurzfristig muss man sich wirtschaftlich dagegen kaum Sorgen machen. Insgesamt wäre es wichtig, dass sich die Regierungen von Trump nicht provozieren lassen und somit auch einer Eskalation vorbeugen. Dies bedingt jedoch eine abgestimmt Position in Europa, was man sich zurzeit leider nur schwer vorstellen kann.