Politik

Türkei: Präsidial-System könnte zur Falle für Erdogan werden

Das türkische Parlament hat für die Einführung des Präsidialsystems gestimmt. Die türkische Opposition hält es für möglich, dass die neue Verfassung zur Falle für Präsident Erdogan werden könnte.
10.01.2017 23:33
Lesezeit: 2 min

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Die Pläne der türkischen Regierung für eine Verfassungsreform, die Präsident Recep Tayyip Erdogan deutlich mehr Macht einräumen würde, haben eine erste Hürde genommen, berichtet Reuters. Im Parlament stimmte am Dienstag eine Mehrheit von 338 Abgeordneten dafür, die Debatte über das Vorhaben fortzusetzen. 134 stimmten dagegen. Im Laufe des Tages sollten die Beratungen über die einzelnen Verfassungsartikel beginnen.

Die Abstimmung galt als erster Test dafür, wie viel Unterstützung das Vorhaben hat. Die Regierung benötigt mindestens 330 Stimmen im 550 Abgeordnete zählenden Parlament, um über die Reform wie geplant eine Volksabstimmung abhalten zu können, berichtet die Nachrichtenagentur Anadolu. Die regierende AK-Partei verfügt über 316 Mandate die nationalistische Oppositionspartei MHP, die ebenfalls für das Vorhaben ist, hat 39 Abgeordnete. Das diesbezügliche Referendum soll am 23. April 2017 stattfinden, berichtet abc haber.

Mit der Reform soll das Land zu einem Präsidialsystem umgebaut. Als Präsident erhielte Erdogan unter anderem das Recht, Minister zu ernennen und zu entlassen. Zudem könnte er die Führung der AKP wieder übernehmen und bis 2029 regieren. Die Opposition befürchtet ein autoritäres System und die Einschränkung demokratischer Rechte. Am Montag beendete die Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern vor dem Parlamentsgebäude Proteste von Reform-Gegnern.

Für den Vorsitzenden der türkischen Heimatpartei (VP), Dogu Perincek, ist die Einführung des Präsidialsystems als „Falle“ für Erdogan und die AKP zu interpretieren. „Wir beobachten, dass die Kräfte, die gegen den Putsch der Gülen-Bewegung gemeinsam agiert haben, sich nun auseinanderdividieren lassen. Es herrscht Uneinigkeit in Bezug auf das Präsidialsystem. Die Kräfte, die gemeinsam gegen die PKK kämpfen, sind in der Frage um das Präsidialsystem zerstritten. Es gibt sogar zahlreiche Gegner des Präsidialsystems innerhalb der AKP und der MHP. Kurzum: Das Präsidialsystem spaltet nicht nur das Volk, sondern auch die AKP und die MHP. Das steht im Widerspruch zur nationalen Mobilisierung, die vom Präsidenten ausgerufen wurde. Das Präsidialsystem ist das Gegenteil einer nationalen Mobilisierung“, zitiert Ulusal Kanal Perincek.

Der Oppositions-Politiker ist der Ansicht, dass die Debatte um die Einführung des Präsidialsystems lediglich weitere Spaltungen und Unruhen in der Türkei auslösen soll. Erdogan brauche keine Angst haben. Seine Position als Präsident sei mächtig genug und ein Großteil des Volks stehe hinter ihm.

„Der atlantische Staat (gemeint sind die USA, Anmerkung der Redaktion) reibt sich im Hinblick auf das Präsidialsystem die Hände. Er sucht  - wie bei den Vorgehensweisen gegen Saddam Hussein und Gaddafi  - nach einem ,demokratischen‘ Vorwand, um zuzuschlagen“, so Perincek.

Zuvor hatte der Politiker gesagt, dass der Westen Erdogan gezielt als „Diktator“ diffamieren möchte, um ihm die Legitimationsgrundlage zu entziehen und ihn zu stürzen. Diese Methode sei in der Vergangenheit auch gegen zahlreiche andere Staatsmänner angewandt worden.

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