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Britische Banken verabschieden sich von gemeinsamem Markt mit EU

Lesezeit: 2 min
16.01.2017 02:41
Die britischen Banken verabschieden sich von der Idee des Passportings. Damit verliert die EU ein wichtige Asset in den Verhandlungen mit Großbritannien.
Britische Banken verabschieden sich von gemeinsamem Markt mit EU

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Die britischen Banken haben ihre Forderungen nach einem umfassenden Zugang zum europäischen Finanzmarkt nach einem Austritt des Landes aus der EU offenbar eingestellt. Sie glauben anscheinend nicht mehr, dass sich die Forderung nach den sogenannten „Passporting“-Rechten aufrechterhalten lassen, berichtet Bloomberg.

Diese Rechte sehen vor, dass eine Bank, welche sich in einem EU-Staat niederlässt, ihre Produkte automatisch auch in allen anderen EU-Staaten verkaufen kann. Stattdessen gehen die meisten Beobachter davon aus, dass die Regierung in London bilaterale Lösungen zwischen Großbritannien und einzelnen EU-Staaten anstreben wird.

Diese bilateralen Verhandlungen könnten dazu dienen, eine einheitliche Position der EU gegen Großbritannien aufzubrechen. London könnte durch geschicktes Verhandeln und kleinere Zugeständnisse an einzelne Länder die Rivalität zwischen den Staaten für seine eigenen Interessen fruchtbar machen. Dies gilt insbesondere für Deutschland, Frankreich, Irland und Luxemburg, deren Finanzplätze Frankfurt, Paris, Dublin und Luxemburg darauf aus sind, aus London abwandernde Finanzbranchen und Banken aufzunehmen.

Auch zwischen der EU-Kommission und den Staaten wären Spannungen garantiert, weil diese unter ihrem Chefunterhändler Michel Barnier auf eine einheitliche harte Linie gegenüber den Briten pocht.

Großbritanniens Finanzminister Philip Hammond signalisierte unterdessen die Bereitschaft, einen harten Abschied von der EU einzuleiten. Bei einem fehlenden Zugang zum europäischen Markt müsse Großbritannien sein Wirtschaftsmodell überdenken. Es sei zu hoffen, dass das Land in Bezug auf das Steuer- und Sozialsystem sowie die Regulierung der Wirtschaft erkennbar europäisch bleiben könne, sagte Hammond der Welt am Sonntag. „Aber wenn man uns zwingt, etwas anderes zu sein, dann werden wir etwas anderes werden müssen.“ Auslöser könnten die ökonomischen Umstände sein. „Wenn wir keinen Zugang haben zum europäischen Markt, wenn wir ausgesperrt werden, wenn Großbritannien die Europäische Union verließe ohne eine Übereinkunft über einen Marktzugang, dann könnten wir zumindest kurzfristig wirtschaftlichen Schaden erleiden. In diesem Fall könnten wir gezwungen sein, unser Wirtschaftsmodell zu ändern.“ Damit könnte ein aggressives Auftreten gemeint sein, um britische Interessen in bilateralen Gesprächen zu wahren. Auch eine aggressive Niedrigsteuerpolitik ist denkbar und würde die EU vor große Probleme bei der Werrbewerbsfähigkeit stellen. Die Regierung in London hat bereits niedrigere Steuersätze für Unternehmen angekündigt.

Hammond ergänzte, im Frühjahr werde die Absicht offiziell mitgeteilt, aus der EU auszutreten. „Wir erwarten, dass wir mit substanziellen Verhandlungen mit der EU vor dem Sommer beginnen könnten.“ Ungewissheit schade der Wirtschaft in ganz Europa. „Wir würden gern so viel Klarheit wie möglich so früh wie möglich schaffen. Und wir hoffen, dass wir uns schnell einig werden, wie ein zukünftiges Arrangement aussehen könnte, und dass wir 2019 nahtlos dazu übergehen können.“

Das Brexit-Votum von Ende Juni habe auch die klare Botschaft gesendet, dass das Land Kontrolle über die Zuwanderung haben müsse. „Im Moment haben wir gar keine Kontrolle, so wenig wie Deutschland sie hat. Das muss aufhören.“ Weil auf der Insel Vollbeschäftigung herrsche, brauche die Wirtschaft Zuwanderer. „Daher werden wir uns rational und ökonomisch vernünftig verhalten.“


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