Finanzen

„Schnallen Sie sich an!“: Analysten erwarten „dreckigen“ Währungskrieg

Die Attacken der US-Regierung gegen andere Staaten, sie betrieben mit weichen Währungen Exportförderung, sind ein Indiz für einen sich verschärfenden, globalen Währungskrieg. Was am Ende aus dem Dollar als Weltleitwährung wird, ist völlig offen.
04.02.2017 23:57
Lesezeit: 3 min

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Die Äußerungen des neuen US-Präsidenten Donald Trump bezüglich des Dollars und hinsichtlich der Wechselkurse anderer Währungen haben Sorgen vor einem globalen Abwertungswettlauf entfacht, berichtet die Financial Times. Demnach stellten die öffentlichen Beurteilungen Trumps eine Abkehr von den Gepflogenheiten der vergangenen Jahre dar, als sich in der Regel nur der amerikanische Finanzminister zu Fragen des Währungssystems äußerte.

Trumps Wirtschaftsberater Peter Navarro hatte der Bundesregierung vor wenigen Tagen vorgeworfen, dass sie einen „grob unterbewerteten Euro“ zu ihren eigenen Gunsten und zum Schaden für ihre europäischen Partner und die USA ausnutzen würde. Kanzlerin Merkel hatte die Anschuldigungen daraufhin von sich gewiesen.

Zudem warf Trump auch China und Japan vor, ihre Währungen zu manipulieren. Sie würden „auf dem Markt der Abwertungen spielen“, so Trump. Japans Regierungschef Shinzo Abe wies die Vorwürfe zurück. „Diese Art der Kritik, die sie bezüglich einer Manipulation des Yen machen, ist falsch“, sagte Abe gegenüber im Parlament. „Eine politische Konsequenz könnte sei, dass die Wettbewerbsfähigkeit des Dollars eine wichtige Rolle inTrumps 'America First'-Programm spielt“, interpretieren die Analysten der Bank ANZ die Aussagen des US-Präsidenten. Besonders in Japan gebe es viele Bedenken über Trumps politischen Kurs, wann immer der US-Präsident über den Wechselkurs spreche, sagte Harumi Taguchi von IHS Markit zu Reuters.

Trumps Kritik an zu schwachen ausländischen Währungen beziehungsweise an einer Überbewertung des Dollar stellt in historischer Perspektive etwas Neues dar. „US-Präsidenten haben seit langem davon abgesehen, den Wert des Dollar oder anderer Währungen zu kommentieren und stattdessen ihr Vertrauen in die Stärke der US-amerikanischen Währung demonstriert. Seit Robert Rubin in den 1990er Jahren haben die Finanzminister ihren Glauben in einen starken Dollar als Reflektion einer starken amerikanischen Wirtschaft gepflegt“, schreibt die FT.

Trumps designierter Finanzminister Steven Mnuchin hat sich in der Frage gegen Trump positioniert. In einer Anhörung sagte er, dass ihm die „langfristige Stärke“ des Dollar „wichtig“ sei.

Beobachter befürchten, dass die gegenwärtige wirtschaftspolitische Ausrichtung der Regierung in Washington nicht nur zu einem Währungskrieg, sondern auch zu einem globalen Handelskrieg führen könnte. Die Strategie Trumps, das Wachstum durch massive Infrastrukturinvestitionen, niedrigeren Unternehmenssteuern und möglicherweise durch Grenzzölle anzufachen, werde zu einem stärkeren Dollar und einem noch tieferen Handelsdefizit führen. Sie fürchten deshalb, dass Trump mit noch aggressiveren Handelsrestriktionen antworten könnte.

Ulrich Leuchtmann, Analyst der Commerzbank, rät Investoren in der FT, dass sie sich „für einen Währungskrieg anschnallen sollten, der dreckig“ werden könnte. „Mit seinen Aussagen hat Navarro die nächste Salve im Währungskrieg abgefeuert, welchen die USA gegenwärtig gegen den Rest der Welt führen“, sagte Leuchtmann.

Folker Hellmeyer, Chefvolkswirt der Bremer Landesbank untersucht in einer interessanten Analyse die Vorwürfe aus den USA, dass die deutsche Wirtschaft unverdient von einem schwachen Euro profitiere:

Der US-Handelsberater Navarro griff Deutschland an. Deutschland würde den krass unterbewerteten Euro nutzen, um Vorteile gegenüber den USA und anderen Partnern in der EU herauszuschlagen. In der Folge verlor der US-Dollar gegenüber dem Euro an Boden. Wir haben an dieser Stelle mehrmals darauf verwiesen, dass die USA mit der Agenda Trumps kein Interesse an einem festen US-Dollar haben können, wenn sie es mit der Reindustrialisierung ernst meinten.

Die US-Kritik ist fundamental durchaus berechtigt, denn der Euro ist unterbewertet. Das jedoch solitär auf die Politik Europas zu reduzieren, ist absolut unangebracht. Herr Navarro sollte sich einmal damit auseinandersetzen, was der internationale Wirtschaftsmedienchor als auch die westlichen Ratingagenturen bezüglich der strukturellen Schwächen der USA latent ausblenden, um jede noch so kleine Problematik der EU und Eurozone in den Fokus zu rücken. Wenn wir beispielsweise öffentliche Haushaltsprobleme in Europa haben, brechen wir laut Expertenmeinung aus den USA und UK (und auch in Teilen aus der EU) zusammen. Wenn die USA sie haben, ist es irrelevant. Wenn wir diese Probleme lösen, spricht man außerhalb Bremens kaum davon. Wenn sich daraus eine massive Divergenz in der Bewertung der Qualität der wirtschaftlichen Expansion zu Gunsten Europas ergibt, sind wir hier nach meinem Kenntnisstand die einzigen Teilnehmer, die das auch aufnehmen, um jedoch kaum mediale und damit breite Resonanz auszulösen.

Es ist genau diese Asymmetrie, die ein wesentlicher Hintergrund für die Schwäche des Euros ist. Mehr noch täte der gute Herr Navarro sich einen Gefallen, sich mit Herrn Trump zusammenzusetzen, der ja gerade das Scheitern Europas vollmundig und lautstark thematisierte. Sowas macht den US-Dollar stärker (…). Das ist aber auch nur eine von vielen Facetten dieses Gesamtkomplexes.

Fakt ist bezüglich Deutschlands, dass wir circa 1300 der 2700 „Hidden Champions“ stellen. Anders ausgedrückt stellen wir mit 1,1 Prozent der Weltbevölkerung 48 Prozent der „Hidden Champions“. Die Welt will diese Qualität. Was wir von den USA hören ist quantitatives Getöse, ohne den qualitativen Hintergrund auch nur in zarten Ansätzen ernst zu nehmen. Das ist nicht nur unprofessionell, es ist dreist, denn im Hintergrund bemüht sich das US-Kapital, unsere Marktführer aufzukaufen (Blackrock, Buffett & Co.).

Es gibt aber noch einen Aspekt der bezüglich des US-Dollars von höchster Relevanz ist. Die USA nehmen gerne die Vorteile des Status der Weltleitwährung an, um nach Belieben Handelsbilanzdefizite zu fahren oder keine Konsequenzen für liederliche, öffentliche Haushaltsführung befürchten zu müssen. Wer diese Seite der Medaille für sich nutzt, muss auch die andere Seite der Medaille ertragen oder in Kauf nehmen. Fazit: Die intellektuelle Inkontinuität dieses Anwurfes ist erheblich – sie erfordert sensible und intellektuell unbestechliche Antworten.

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