Politik

US-Plan zur Teilung Syriens kann neue Fluchtbewegung auslösen

Die Denkfabrik des Pentagon will Syrien nach dem Vorbild Bosniens aufteilen. Die Folge wären ethnische Säuberungen und neue, massive Fluchtbewegungen.
25.02.2017 00:19
Lesezeit: 2 min

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die RAND Corporation, eine führende US-Denkfabrik, die dem Pentagon nahe steht, hat einen Bericht veröffentlicht, in dem sie für eine Lösung des Syrien-Konflikts das „bosnische Modell“ vorschlägt. „In diesem Sinne wird der Frieden – wie in Bosnien Mitte der 1990er Jahre – durch demografische Veränderungen vor Ort, die externe Zustimmung für derartige Veränderungen und die Erschöpfung der Kampfparteien erleichtert werden. Anders als in Bosnien, würde der Frieden aber nicht aus einer detaillierten formalen Vereinbarung, sondern aus einer Reihe von lokalen und internationalen Verständnissen entstehen. Um die vielfältigen Verständnisse zu erreichen, ist das Waffenstillstandsabkommen von Russland, der Türkei und dem Iran ein guter Ausgangspunkt, aber es ist unzureichend. Nachhaltige langfristige Vereinbarungen werden am effektivsten sein, wenn sie das Einverständnis anderer wichtiger Akteure beinhalten, darunter die USA, ihre Golfpartner und andere Unterstützer der Opposition gegen Assad.“

Die RAND Corporation fordert eine Dezentralisierung des Landes in Kontrollzonen. Das Gebiet von der Westküste bis nach Deir Ezzor unter Ausschluss von Rakka soll von der Regierung in Damaskus und den Russen kontrolliert werden. Das von der Türkei im Rahmen der Operation Euphrates Shield befreite Gebiet und die Provinz Idlib würde unter türkischer Kontrolle stehen. Das südliche Gebiet in Daraa – an der Grenze zu Israel – würde ebenfalls unter einer von der RAND Corporation nicht näher beschriebenen „Opposition“ kontrolliert werden. Ein Großteil Nordsyriens würde von den Syrisch Demokratischen Kräften (SDF), die aus Kurden-Milizen bestehen und von den USA geführt werden, kontrolliert werden.

Besonders bemerkenswert ist, dass die RAND Corporation vorschlägt, die ISIS-Hochburgen und Öl-Zentren Rakka und Deir Ezzor unter eine „internationale Administration“ zu stellen. „Wir empfehlen daher, dass die USA die Provinz Rakka nach ihrer Befreiung unter eine internationale Übergangsverwaltung stellt, wodurch ein neutrales Gebiet geschaffen wird, das weder vom Regime noch von der Opposition bis zur endgültigen Lösung des Bürgerkriegs gehalten wird.“ Das Gebiet soll von der UN kontrolliert werden, die wiederum Provinzräte einsetzt. Die RAND Corporation spricht sich aber dagegen aus, dass eine reine UN-Friedenstruppe in die internationale Zone entsendet wird. Stattdessen müssten die USA und Russland den Einsatz einer „Koalitions-Truppe“ organisieren, die ein UN-Mandat erhält. Mit einer derartigen Lösung wären nicht nur die USA und Russland, sondern auch die Türkei „und weitere regionale US-Verbündete“ einverstanden, die Rakka und Deir Ezzor weder der Kontrolle durch die Terror-Miliz ISIS noch der Kontrolle durch die Kurden-Milizen überlassen möchte, so die RAND Corporation.

Auf der Landkarte zur Neuordnung Syriens fällt auf, dass die Stadt Manbidsch im Norden Syriens sich in der türkischen Zone befindet. Dabei hat die türkische Armee Manbidsch noch nicht eingenommen und die Kurden-Milizen der YPG sind dagegen, dass die Stadt von den Türken eingenommen wird. Allerdings hatte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan zu Beginn der Woche gesagt, die Türkei werde nach der Befreiung von Al-Bab nach Manbidsch ziehen, um es einzunehmen.

Im vergangenen Jahr wurde Manbidsch von den Kurden-Milizen eingenommen. Derzeit befinden sich in Manbidsch zahlreiche Verbände der Kurden-Milizen, doch die Bevölkerung ist mehrheitlich arabisch und turkmenisch.

Die Pläne zur Teilung Syriens sind in höchstem Maße problematisch: Bereits jetzt ist es im Syrien-Krieg zu massiven ethnischen Säuberungen gekommen. Diese wurden anhand der geplanten Erdöl-Pipelines vorgenommen. Eine territoriale Gliederung nach Ethnien würde den Trend zu Vertreibung massiv beschleunigen. Neue Fluchtbewegungen wären die Folge. Diese kämen dann auf Europa zu - das gerade verzweifelt versucht, sich abzuschotten. 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...