Gemischtes

Fahrverbot für Diesel-Autos in deutschen Städten rückt näher

In deutschen Städten könnte es bereits 2018 zu Fahrverboten für alle Dieselfahrzeuge kommen. Das Urteil eines bayrischen Höchstgerichts deutet unmissverständlich in diese Richtung.
02.03.2017 00:17
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Ein am Mittwoch veröffentlichter Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zwingt den Freistaat Bayern zur Vorbereitung von Diesel-Fahrverboten in München bis zum 31.12.2017. Die rechtskräftige Verurteilung des Freistaats Bayern aus dem Jahr 2012 und dessen Vollstreckbarkeit wurden vollumfänglich bestätigt. Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, warnt vor Neukauf von Diesel-Pkw angesichts der kommenden Diesel-Fahrverbote in 62 deutschen Städten

Resch: "Mit dieser Entscheidung kommen in München ab Anfang 2018 Fahrverbote für Dieselfahrzeuge. Wir begrüßen die heutige Entscheidung des obersten bayerischen Gerichts im seit fünf Jahren andauernden Kampf der Deutschen Umwelthilfe für "Saubere Luft" in der bayerischen Landeshauptstadt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat das bereits 2012 ergangene und seit 2014 rechtskräftige Urteil des VG München bestätigt und die Nichtumsetzung durch den Freistaat Bayern beim Dieselabgasgift NO2 festgestellt. Unmissverständlich hat das Gericht die Notwendigkeit von zeitnahen Dieselfahrverboten sowie die Zwangsgeldandrohung der Vorinstanz bestätigt. Da Freistaat und Landeshauptstadt während der Verhandlung deutlich machten, sich mehrere Jahre Zeit nehmen zu wollen, begrüßt die DUH die Bestätigung und Aufteilung des 10.000 Euro Zwangsgeldbetrags auf drei Einzelsummen und drei Termine mit Vorlage einen umsetzbaren Konzeptes für Diesel-Fahrverbote bis zum 31.12.2017."

Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Verfahren vertritt, sagt: „Ab 2018 wird München Dieselfahrverbote verhängen müssen. Die jetzt noch offene Rechtsfrage, ob bereits die heute geltende Rechtslage Fahrverbote ermöglicht, wird voraussichtlich im Herbst 2017 durch das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Bestätigt das Gericht die erstinstanzlich getroffenen Feststellungen zur Zulässigkeit der Fahrverbote, wird München sie nach dem jetzigen Beschluss des VGH Anfang 2018 einführen müssen. Sollte das Bundesverwaltungsgericht dies wider Erwarten anders sehen, wird der Bund die Blaue Plakette wegen des bereits anhängigen Vertragsverletzungsverfahrens einführen müssen. An Fahrverboten führt kein Weg vorbei."

Die DUH geht davon aus, dass die Fahrverbote für alle Diesel-Pkw, also auch für Euro 6, gelten werden. Aktuelle Messungen der DUH im Rahmen ihres Emissions-Kontroll-Instituts zeigen Überschreitungen der Grenzwerte insbesondere im Winterhalbjahr von durchschnittlich 700-800 Prozent. Aktuell verkaufte Diesel-Pkw sind somit nicht sauberer als ältere Euro 4 und 5 Diesel-Modelle. "Wir können aktuell nur davor warnen, Diesel-Pkw zu kaufen. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass diese Fahrzeuge kurzfristig in zumindest den 62 deutschen Städten mit Überschreitungen des No2-Grenzwertes nicht mehr einfahren dürfen", so Jürgen Resch.

Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, sagte zum Urteil:

"Das heutige Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zum Luftreinhalteplan in München macht deutlich: Für die Stadt München wird das Land Bayern Fahrverbote für Dieselfahrzeuge für besonders mit Stickoxiden belastete Straßen vorbereiten müssen.

Der Deutsche Städtetag rechnet damit, dass sich in absehbarer Zeit auch in einigen weiteren deutschen Großstädten begrenzte Fahrverbote für Dieselfahrzeuge nicht mehr abwenden lassen. Wir brauchen nun zügig eine Regelung für die 'blaue Plakette' durch den Bund, um die nötigen Kontrollen von Fahrverboten zu erleichtern und den Einsatz emissionsarmer Dieselfahrzeuge zu fördern. Da muss auch die Autoindustrie liefern.

Das Urteil zeigt: Die Städte befinden sich in einem echten Dilemma. Einerseits sind sie dem Gesundheitsschutz ihrer Bürgerinnen und Bürger verpflichtet. Andererseits wollen und können sie Dieselautos nicht gänzlich aus den Innenstädten fernhalten, ohne die Städte lahmzulegen. Die Städte sind nicht Verursacher des Problems, müssen die Folgen aber ausbaden.

Die Städte verbessern die Luftqualität, indem sie den Verkehr flüssiger lenken, mehr Busse und Bahnen einsetzen und den Radverkehr fördern. Aber wegen der deutlichen Zunahme von Dieselfahrzeugen wird das in einigen Städten nicht ausreichen, um die Grenzwerte einzuhalten und so die Gesundheit der Menschen besser zu schützen. Um die betroffenen Städte nicht lahm zu legen, wird es im Fall von Fahrverboten klar geregelte Ausnahmen geben müssen, beispielsweise für notwendige Lieferverkehre, Rettungswagen oder Taxis.

Und wir brauchen dringend ein Förderprogramm, um den öffentlichen Nahverkehr, besonders die Busflotten, auf umweltfreundliche Antriebe umzurüsten, denn das würde die Schadstoffbelastung wirksam senken.

Die Städte erwarten außerdem, dass die Fahrzeuge die Grenzwerte in Zukunft tatsächlich im Echtbetrieb auf der Straße und im Stadtverkehr einhalten. Ferner sollte auf europäischer Ebene die EURO 6-Norm weiterentwickelt werden, um die Schadstoffe an der Quelle wirksamer zu reduzieren."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Kontrollstaat: digitale Identität mit Bürgerkonto wird im Koalitionsvertrag Pflicht – Hacker kritisieren Überwachung
16.04.2025

Ende der Freiwilligkeit? Im Koalitionsvertrags setzen CDU, CSU und SPD auf eine verpflichtende digitale Identität der Bürger in der BRD....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schlimmer als Finanzkrise oder Dotcom-Blase: Finanzexperte warnt vor einem globalen Beben
16.04.2025

Ulrik Ross, Ex-Banker bei Merrill Lynch, Nomura und HSBC, warnt vor einer Krise historischen Ausmaßes. Der globale Handelskrieg sei nur...

DWN
Politik
Politik Reform Arbeitszeitgesetz: 8-Stunden-Tag nicht mehr zeitgemäß?
16.04.2025

Union und SPD schlagen vor, aus der täglichen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu machen. Von der Wirtschaft gibt es Zuspruch, die...

DWN
Panorama
Panorama „Tag des Sieges“ in Russland: Mehr als 20 Staatschefs stehen auf Putins Gästeliste
16.04.2025

Gedenken zum Ende des Zweiten Weltkriegs: Langsam zeichnet sich ab, wer am 9. Mai mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin den Sieg...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Whistleblowerin erhebt schwere Vorwürfe: Meta soll Nutzerdaten mit China geteilt haben
16.04.2025

Ein neuer Skandal erschüttert den US-Techgiganten Meta. Die ehemalige Facebook-Managerin Sarah Wynn-Williams, früher Director of Global...

DWN
Politik
Politik Taser statt Pistole: Kann die Elektrowaffe Gewalt verhindern?
16.04.2025

In Deutschland wird die Polizei immer häufiger mit Taser, auch bekannt als Distanzelektroimpulsgeräte, ausgestattet, um Gewalt zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bitcoin überrascht mit starkem Wochenplus – geopolitische Spannungen treiben Anleger in digitale Zufluchtsorte
16.04.2025

Während die etablierten Finanzmärkte angesichts von Handelszöllen, geopolitischen Unsicherheiten und einem wachsenden Vertrauensverlust...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilien kaufen: Worauf Sie beim Wohnungskauf unbedingt achten müssen – eine Schritt-für-Schritt Anleitung
16.04.2025

Der Immobilienkauf: Wahrscheinlich eine der größten und wichtigsten finanziellen Entscheidungen, die man im Leben macht. Manche kaufen...