Politik

Bundeswehr-Übung: Massiver Terror, Anschläge auf Trinkwasser und Schulen

Die Linkspartei meint, die gemeinsame Übung der Bundeswehr mit der Polizei sei ein Tabubruch, den sie ablehnt. Bundesverteidigungsministerin von der Leyen verteidigt den Einsatz.
08.03.2017 21:59
Lesezeit: 2 min

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Bei der großangelegten Übung GETEX in sechs Bundesländern testen Bundeswehr und Polizei seit Dienstag die Zusammenarbeit im Anti-Terror-Kampf. Simuliert werden mehrere gleichzeitige Anschläge - allerdings nur in der Theorie. Dabei werden Kommunikation, Koordination und Alarmketten getestet.

Die Übungslage im Saarland fußte nach Angaben von Polizeidirektor Harald Jenal am Mittwoch auf der Annahme, dass nach Anschlägen in Nordrhein-Westfalen, Bremen und Bayern ein Angriff in Baden-Württemberg verübt wurde, berichtet die AFP. Im Saarland selbst ging demnach eine Anschlagsdrohung gegen eine nicht näher benannte Schule ein.

Die Aufgabe für die Einsatzkräfte bestand darin, zunächst diese Schule zu finden - aus rund 300 Schulen im Bundesland. Daraufhin sollten der oder die Täter identifiziert und gestellt werden, wozu Unterstützung der Bundeswehr angefordert wurde - zum Beispiel geschützte Fahrzeuge und Sprengstoffsuchhunde.

Das Übungsszenario für Baden-Württemberg sah laut dpa einen geplanten Anschlag auf das Trinkwasser in Stuttgart und eine Geiselnahme in einem Konsulat mit Toten und Verletzten vor. Dabei forderte die Polizei fiktiv die Bundeswehr an - unter anderem, um die Trinkwasserreserven zu schützen und Sprengfallen zu entschärfen.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen informierte sich am Mittwoch in Baden-Württemberg und im Saarland über den Ablauf. In Saarbrücken machte sie sich gemeinsam mit Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer und Innenminister Klaus Bouillon ein Bild von der Lage.

«Die meisten haben vor dieser Übung keine Vorstellung davon gehabt, dass für die Bundeswehr Terror und Terroranschläge leider täglich Brot in den Auslandseinsätzen, sei es in Afghanistan, Mali oder im Irak ist», sagte die Ministerin. Soldaten könnten Sprengstoffanschläge entschärfen und Verletzte mit Brand- und Schusswunden versorgen. Diese Erfahrungen seien wichtig.

Die Übung habe gezeigt, wie man Abläufe beschleunigen könne. «Allein schon das ist ein ziemlicher Wert an sich», sagte der baden-wüttembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU).

Von der Leyen fand die Übung so gelungen, dass sie sich für regelmäßige Anti-Terror-Übungen von Polizei und Bundeswehr ausgesprochen hat. Die Übung «sei Gold wert», schreibt die dpa. Sie habe gezeigt, wo man noch besser werden müsse, sagte von der Leyen am Mittwoch in Stuttgart.

Sie schloss nicht aus, dass die Zusammenarbeit irgendwann auch ganz praktisch geübt werden könnte. Das müsse aber die Polizei klären, die die Federführung bei der Übung habe, unterstrich die Ministerin. «Wenn sie entscheidet, sie braucht andere Formen der Übung: Wir sind dann dabei.»

Tobias Pflüger, stellvertretender Vorsitzender der Links-Partei, lehnt die Entwicklung in einer Pressemeldung ab:

DIE LINKE lehnt die Übungen zum Bundeswehreinsatz im Innern ab. Der Einsatz militärischer Mittel im Innern ist und bleibt problematisch. Die Bundeswehr ist keine schwerbewaffnete Hilfspolizei und kann nicht mehr ausrichten als die Polizei - es sei denn, es geht um einen anderen Zweck bei der Sache. Auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 3. Juli 2012 müssen Bundesregierung und beteiligte Landesregierungen keinen Bundeswehreinsatz im Innern zulassen. Selbst in diesem Urteil sind noch hohe Hürden für einen Bundeswehreinsatz im Innern festgeschrieben. Doch wie schrieb der damalige Richter am Bundesverfassungsgericht Reinhard Gaier richtig: "Der Versuch der weiteren Eingrenzung des bewaffneten Streitkräfteeinsatzes durch das Erfordernis eines 'unmittelbar bevorstehenden' Schadenseintritts 'von katastrophischen Dimensionen' wird der nötigen Klarheit und Berechenbarkeit nicht gerecht."

Dieser Bundeswehreinsatz auf Probe kann eine Büchse der Pandora öffnen. Wann wird für oder gegen einen bewaffneten Einsatz der Bundeswehr im Innern eine Grenze gezogen? Reinhard Gaier schrieb in seinem Minderheitenvotum: "Es handelt sich um gänzlich unbestimmte, gerichtlich kaum effektiv kontrollierbare Kategorien, die in der täglichen Anwendungspraxis - etwa bei regierungskritischen Großdemonstrationen - viel Spielraum für subjektive Einschätzungen, wenn nicht gar voreilige Prognosen lassen. Das ist jedenfalls bei Inlandseinsätzen militärisch bewaffneter Streitkräfte nicht hinnehmbar. Im Schatten eines Arsenals militärischer Waffen kann freie Meinungsäußerung schwerlich gedeihen."

Es ist eine Schande, dass mehrere Landesregierungen mit Regierungsbeteiligung der GRÜNEN sich an dieser Übung für den Bundeswehreinsatz im Innern beteiligen. Der Innenminister der grün-schwarzen Landesregierung in Baden-Württemberg, Thomas Strobl, bezeichnete die Übung GETEX als "historischen Moment" - das ist zweifelsohne zutreffend. Wir sagen: Dieser Tabubruch eines bewaffneten Streitkräfteeinsatzes im Innern darf nicht sein! Nun werden wohl zum ersten Mal nach dem zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik, Polizei und eine bewaffnete Bundeswehr gemeinsam polizeilich-militärisch im Innern eingesetzt. DIE LINKE beteiligt sich an den Protesten gegen diese Übung zum bewaffneten Bundeswehreinsatz im Innern.

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