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Seit Dezember geht die Kreditvergabe an Unternehmen in den USA zum ersten Mal seit dem Jahr 2008 zurück. Für Ambrose Evans-Pritchard vom britischen Telegraph ist dieses seltene Phänomen ein Vorbote für eine bevorstehende Rezession in den USA und der Weltwirtschaft. Das Kreditwachstum ist für den Erfolg der US-Wirtschaft von größter Bedeutung, weil deren Wachstum zum größten Teil auf Schulden und nicht auf wiederkehrenden Einkommen wie in vielen europäischen Ländern basiert. Zu den weiteren Anzeichen für eine mögliche Rezession zählt auch, dass das Wachstum der umlaufenden Geldmenge in den USA abnimmt beziehungsweise dass diese bereits schrumpft.
„Daten der US-Zentralbank Federal Reserve zeigen, dass der 2 Billionen Dollar schwere Markt für geschäftliche und Industrie-Kredite im Dezember seinen Höhepunkt erreicht hat. Der Sektor hat sich seitdem merklich abgeschwächt, weil die Banken die Kreditvergabe zurückgefahren haben, speziell für Gewerbeimmobilien. In den vergangenen drei Monaten sank die Rate aufs Jahr hochgerechnet um 5,4 Prozent und damit so stark wie seit Dezember 2008 nicht mehr“, schreibt Evans-Pritchard.
Auch im mit etwa 9 Billionen Dollar deutlich größeren Markt für Kredite und Verleihungen ging die Kreditvergabe merklich zurück. Sie sank in den vergangenen drei Monaten um etwa 1,6 Prozent.
Die Stimmen, die in den Entwicklungen am Kreditmarkt frühe Warnzeichen für eine bald beginnende Wirtschaftskrise in den USA erkennen, mehren sich. „Die Kreditvergabe an die Unternehmen ist vollkommen zum Erliegen gekommen und ich bin sehr erstaunt, dass die Federal Reserve die Leitzinsen anhebt. Sie machen einen großen Fehler“, wird Patrick Perret-Green vom Vermögensverwalter Admacro zitiert. „Wir sind überrascht, wie wenig Aufmerksamkeit die Verlangsamung bei Bankenkrediten erregt hat“, sagt Matt King von der US-Großbank Citigroup.
Der Rückgang der Kreditvergabe ist besonders vor dem Hintergrund bemerkbar, dass auch die Finanzierung der Wirtschaft über Unternehmensanleihen stagniert. Dies deutet darauf hin, dass der amerikanischen Realwirtschaft zum ersten Mal seit Jahren weniger Geld zugeflossen ist.
Welche Rolle die Leitzinserhöhungen der Federal Reserve im Dezember und März bezüglich des Rückgangs der Kreditvergabe gespielt haben, bleibt unklar. Es ist jedoch anzunehmen, dass es einen grundlegenden Zusammenhang mit der Verschärfung der Finanzierungsbedingungen gibt. „Unseren Schätzungen zufolge ist der Kreditimpuls am Ende des Jahres 2016 zurückgegangen. Wir haben seit der Finanzkrise keine so schnelle Abkühlung der Kreditvergabe an die US-Unternehmen mehr gesehen. In historischer Perspektive sind Rezessionen von solchen Kreditrückgängen eingeleitet worden. Der jetzige Rückgang könnte zum Eindruck führen, dass die hoch verschuldeten Unternehmen die zaghaften Leitzinserhöhungen der Zentralbank nicht verdauen können“, zitiert der Guardian Analysten der amerikanischen Großbank Morgan Stanley.
Eine Studie des Internationalen Währungsfonds zu 122 historischen Rezessionen in entwickelten Ländern seit 1960 zeigt, dass diese in vielen Fällen vier bis fünf Quartale vor ihrem Ausbruch von einem Rückgang der Kreditvergabe eingeleitet werden. „Rezessionen fallen häufig mit Kontraktionen bei der heimischen Kreditvergabe und sinkenden Anlagepreisen zusammen“, schrieben die Autoren im Jahr 2008.
Auch in Europa kommt die Kreditvergabe an die Realwirtschaft seit Jahren nicht in Gang. Ronald Barazon macht dafür in erster Linie das globale Regelwerk „Basel III“ verantwortlich: „EZB-Präsident Mario Draghi verstärkt in diesen Tagen erneut die Geldschwemme. Der Kauf weiterer Milliarden an Staatsanleihen durch die Zentralbank soll das Finanzierungspotenzial der Banken vergrößern und in der Folge die Konjunktur beleben. Dies kann nicht gelingen und in der EZB wird man sich weiter wundern, wieso ‚Quantitative Easing‘ in den USA genützt hat und in Europa versagt. Dabei liegt die Erklärung auf der Hand. Die Geldschwemme stößt an die Staumauer Basel III. Die Milliarden kommen in den Unternehmen und in den Privathausalten nicht an, weil die Banken aufgrund der Regeln von Basel III und zahllosen Auflagen der Finanzmarktaufsichtsbehörden kaum Kredite vergeben. Das in der EU mit der Richtlinie CRD IV und der Verordnung CRR umgesetzte Regelwerk zwingt die Institute, eine enorm hohe Eigenkapitalquote vorzuhalten. In der aktuellen Wirtschaftslage sind hohe Gewinne von den Banken nicht zu erzielen und das Publikum ist nicht bereit, Bankenaktien in großem Stil zu kaufen. Somit können die Kreditinstitute kaum zusätzliches Eigenkapital aufbauen und müssen daher mit dem vorhandenen Kapital das Auslangen finden. Die Folge: Man reduziert und hält das Kreditvolumen in der Größenordnung, für die das verfügbare Eigenkapital den Basel-III-Regeln gemäß reicht. Dieser Prozess hat bereits vor dem Inkrafttreten der Regeln am 1.Jänner 2014 begonnen und setzt sich nun angesichts der immer strenger werdenden Auflagen verstärkt fort. Zudem bestimmt Basel III, dass nur Kunden mit hoher Bonität finanziert werden: Man bekommt nur einen Kredit, wenn man ihn nicht unbedingt braucht. Fazit: Die Geldschwemme der EZB stößt an die Staumauer Basel III.“
Banken in der Euro-Zone reichten im Februar 2 Prozent mehr Darlehen an Firmen aus als vor Jahresfrist, berichtet Reuters. Das ist etwas weniger als im Januar, als der Anstieg noch bei 2,3 Prozent gelegen hatte. An Privathaushalte vergaben die Geldhäuser im Februar 2,3 Prozent mehr Darlehen als ein Jahr zuvor.
Ein weiteres Anzeichen für einen grundlegenden wirtschaftlichen Umschwung in den USA könnte die Stagnation der umlaufenden Geldmenge sein. Diese nahm im Februar ab, bevor sie im März wieder leicht anstieg. Andere Faktoren weisen in die gleiche Richtung. So zeigte die letzte Umfrage des Markit-Instituts zur persönlichen Lageeinschätzung der Einkaufsmanager den schwächsten Wert seit sechs Monaten. Die Anzahl der neu geschaffenen Stellen im Dienstleistungssektor war zuletzt so schwach wie seit drei Jahren nicht mehr. „Die US-Wirtschaft kämpft, um ihren Schwung zu erhalten“, wird ein Repräsentant von Markit zitiert.
Auch die derzeit zu beobachtende Schwächephase des US-Dollar kann als Hinweis dafür gelten, dass Investoren an der Robustheit der amerikanischen Wirtschaft zu zweifeln beginnen. Der Dollar-Index, welcher den Kurs der Weltleitwährung zu einer Reihe anderer Währungen abbildet, ist in den vergangenen Wochen deutlich auf etwa 99 Punkte gesunken, nachdem er im Dezember 2016 noch bei rund 102 Punkten stand. „Die Schwäche des Dollar reflektiert Zweifel bezüglich der Steuersenkungspläne der US-Regierung und bezüglich der Frage, ob die Federal Reserve die Leitzinsen im laufenden Jahr schneller anheben kann. Zum ersten Mal in diesem Monat liegen die Erwartungen, dass die Fed die Zinsen 2017 noch weitere drei Mal erhöhen wird, unter 50 Prozent“, schreibt die Financial Times.