Finanzen

Rückzug der Zentralbanken erhöht Crash-Gefahr im Bond-Markt

Rückzug der Zentralbanken erhöht Crash-Gefahr im Bond-Markt. (Artikel nur für Abonnenten zugänglich)
19.04.2017 23:47
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der von den Zentralbanken angekündigte Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik kann zur erheblichen Gefahr für die Finanzmärkte werden, analysiert Bloomberg unter dem Titel "Markets Start to Ponder the $13 Trillion Gorilla in the Room". Kombiniert betragen die Bilanzsummen von Fed, EZB und BOJ jetzt insgesamt etwa 13 Billionen Dollar, eine größere Summe als die von Chinas Wirtschaft oder die der gesamten Eurozone.

Der Rückzug der US-Zentralbank Federal Reserve (Fed), der Europäischen Zentralbank (EZB) und der japanischen Zentralbank aus den Anleihekauf-Programmen könnte dazu führen, dass die Renditen an den Anleihemärkten – und damit die Finanzierungskosten für die Staaten – stark steigen. Es sei zudem möglich, dass auch andere Sektoren des Finanzsystems wie die Aktienmärkte und die Devisenmärkte ohne die finanzielle Unterstützung der Notenbanken in Schwierigkeiten geraten, schreibt Bloomberg.

Die drei Zentralbanken haben ihre Bilanz seit der Finanzkrise von 2008 aufgebläht, um die hohe Unsicherheit an den Märkten mit einer Schwemme billigen oder kostenlosen Zentralbankgeldes zurückzudrängen. Die Fed hatte im Jahr 2008 eine Bilanzsumme von etwa 900 Milliarden Dollar, derzeit beträgt diese etwa 4,5 Billionen Dollar. Die Bank of Japan verzeichnete im selben Zeitraum einen Anstieg von 107 Billionen Yen auf aktuell etwa 490 Billionen Yen. Die EZB hat ihre Bilanz von 2 Billionen Euro auf jetzt 4,1 Billionen Euro mehr als verdoppelt.

Der größte und wichtigste Teil der Geldschwemme entfiel auf die Anleihekauf-Programme. Dabei kauften die Zentralbanken den Geschäftsbanken Staatsanleihen ab und bezahlten diese mit aus dem Nichts geschaffenem Geld. Die Geschäftsbanken hatten nun mehr Geld für Investitionen zur Verfügung, welches sie allerdings in den meisten Fällen zur Spekulation – etwa an den Aktienmärkten – verwendeten statt die Wirtschaft mit Krediten zu versorgen. Da die Zentralbanken als allmächtige Käufer von Staatsanleihen in Erscheinung traten, sanken die Renditen der Papiere deutlich, die das Risiko eines Zahlungsausfalls des betreffenden Landes wiederspiegelt. Die sinkenden Renditen wiederum führten dazu, dass die Staaten günstiger neue Schulden aufnehmen konnten. Im Gegenzug stiegen die Kurse der Anleihen und es setzte ein Boom im Markt ein.

Die Federal Reserve hatte nun kürzlich angekündigt, ihre Gewinne aus fällig gewordenen Staatsanleihen nicht mehr in neue Papiere der USA zu reinvestieren, was zu einer Verkürzung der Bilanz führt. Anleihen im Umfang von 426 Milliarden Dollar werden im Jahr 2018 bei der Fed fällig und noch einmal etwa 357 Milliarden im Jahr darauf. Da diese Erlöse wie angekündigt zumindest in großen Teilen nicht refinanziert werden, muss der Markt für US-Anleihen Wege finden, um das zusätzliche Angebot zu absorbieren. „Sie wissen, was man über das Bergsteigen sagt? Der Abstieg ist immer schwieriger als der Aufstieg. Das Schrumpfen der Bilanz stellt den Abstieg dar“, wird ein Repräsentant des Londoner Hedgefonds Eurizon SLJ Capital Ltd. Von Bloomberg zitiert.

Die Bilanz der japanischen Zentralbank dürfte noch eine Weile ausgebaut werden, solange das angestrebte Inflationsziel von 2 Prozent nicht erreicht ist. Die Bilanz der EZB wird noch mindestens bis zum Jahresende wachsen, weil bis dahin das Anleihekauf-Programm läuft. Beobachter erwarten allerdings, dass sich die potentiell negativen Wirkungen der Bilanzverkürzungen mehrerer Zentralbanken gegenseitig verstärken. Dies gelte bereits, falls die EZB ihre Käufe lediglich zurückfährt. „Ein Zurückfahren der Wertpapierkäufe der EZB könnte außerhalb Europas zu sekundären Effekten führen und zeigt einmal mehr, welche unbeabsichtigten Auswirkungen eine unorthodoxe Geldpolitik haben kann. Europäische Investoren zogen ihr Geld vor Jahren schnell ab, um den durch die EZB verursachten Negativzinsen zu entkommen und das meiste davon wurde in US-amerikanischen Staatsanleihen investiert. Die könnte bedeuten, dass der amerikanische Staatsanleihenmarkt in den kommenden Jahren doppelt durch die Bilanzverkürzungen der Fed und der EZB geschwächt wird“, kommentiert Bloomberg.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...