+++Werbung+++
Die russische Regierung plant mehrere wirtschaftspolitische Anreize, um Investitionen in die heimische Wirtschaft zu erleichtern. Wie Bloomberg berichtet, gehören dazu auch Steuererleichterungen für Unternehmen, die Investitionen in Angriff nehmen, sowie staatliche Subventionen für Unternehmen bei Zinszahlungen auf Darlehen. Diese sind notwendig, weil der beginnende Aufschwung derzeit noch von vergleichsweise verhaltenen Investitionen durch die russischen Unternehmen gebremst wird. Deren Umfang schrumpfte in den vergangenen drei Jahren und wies im ersten Quartal ein Wachstum von etwa 1 Prozent auf, wie aus neun von Bloomberg in Auftrag gegebenen Schätzungen hervorgeht. Die Investitionen bei den Bauvorhaben gingen im März wie in den drei Vormonaten zurück.
Auf Anregung von Präsident Wladimir Putin arbeitet die Regierung deshalb gegenwärtig an verschiedenen Reformen, um das Investitionsklima zu verbessern. Dazu gehören beispielsweise Steuernachlässe für Firmen, die Investitionen tätigen wollen. Das Wirtschaftsministerium hat zudem vorgeschlagen, die Zinskosten für Darlehen von Unternehmen mithilfe staatlicher Finanzmittel zu senken. Bei dem Subventionsprogramm könnte die staatliche Entwicklungsbank Wneschekonombank eine tragende Rolle spielen, berichtet die Zeitung Vedomosti.
„Die Aufmerksamkeit der Regierung hat sich endlich einer Investitions- und Modernisierungsagenda zugewandt. Dies ist ganz klar eine positive und lange überfällige Entwicklung, die, wenn sie erfolgreich ist, zu einer merklichen Beschleunigung des russischen Wirtschaftswachstums führen könnte“, wird der Chefökonom des Finanzdienstleisters BCS, Wladimir Tikomirow, zitiert.
Unterstützung für die anziehende Wirtschaftsleistung kommt von der Zentralbank. Diese hatte den Leitzins im März zum ersten Mal seit sechs Monaten wieder von 10 Prozent auf 9,75 Prozent gesenkt. Von Bloomberg befragte Analysten gehen davon aus, dass eine weitere Absenkung von 0,25 Prozentpunkten beim Treffen des Vorstandes am Freitag beschlossen werden wird. Die Lockerung der Geldpolitik macht sich auch in den Kreditkosten für die Unternehmen bemerkbar. Im Februar lagen die durchschnittlichen Zinsen für Rubel-Darlehen an Unternehmen bei 11,48 Prozent und damit bereits deutlich tiefer als im Februar 2016 (13 Prozent) und im Januar 2015 (20 Prozent).
Die Erwartung tieferer Zinsen hat jedoch auch eine Schattenseite, weil viele Firmen mit der Kreditaufnahme warten, um noch bessere Konditionen zu erhalten. „Investitionen werden in den kommenden Quartalen noch immer von der Erwartung auf noch tiefere Zinsen und durch Unsicherheiten bezüglich des Steuersystems gehemmt bleiben“, schreibt ein Analyst der VTB Bank in einem Bericht.
Die russische Wirtschaft erholt sich derzeit von einer zweijährigen Rezession, die maßgeblich vom starken Verfall der Erdölpreise seit Mitte 2014 und den Sanktionen des Westens ausgelöst wurde. Die Auswirkungen des Ölpreis-Verfalls waren deswegen so stark, weil der Export von Rohöl und Erdgas die wichtigste Finanzierungsquelle Russlands darstellt, mehr als 50 Prozent aller Einnahmen resultieren aus dem Verkauf der beiden Rohstoffe. Das Land profitiert derzeit besonders deutlich vom Abkommen wichtiger Energiestaaten, die Fördermengen von Rohöl zu begrenzen um die Preise zu unterstützen. Im Februar lagen Russlands Einnahmen aus dem Ölgeschäft bei etwa 525 Milliarden Rubel (etwa 8,7 Milliarden Euro) und damit so hoch wie zuletzt im August 2015.
Nach ersten Schocks durch die vom Westen erlassenen Sanktionen florieren die Geschäfte auch im Agrarbereich wieder. Russland ist sogar gestärkt aus den vergangenen Jahren hervorgegangen und zum weltgrößten Exporteur von Getreide aufgestiegen. In mehreren landwirtschaftlichen Bereichen konnte das Land eine Autarkie erreichen. So hat man die durch die Sanktionen ausgesetzten Importe von Geflügel- und Schweinefleisch vollständig durch heimische Erzeugung ausgleichen können.
Repräsentanten der deutschen Wirtschaft blicken inzwischen wieder optimistisch auf den russischen Markt und wollen ihre Investitionen dort ausbauen. Nach zwei Rezessionsjahren in Folge komme die russische Wirtschaft in diesem Jahr langsam aus der Krise, das unternehmerische Umfeld und die Geschäftserwartungen deutscher Unternehmen in Russland hätten sich spürbar verbessert, teilten die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer (AHK) und der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft Ende Februar mit.
Zwei Drittel der Unternehmen erwarteten demnach eine positive Entwicklung mit deutlich steigenden Umsätzen, Exporten und Investitionen. In der Vorjahresumfrage seien dies gerade einmal zwei Prozent gewesen. Die Hoffnungen auf Aufhebung der gegenseitigen Sanktionen blieben allerdings gering. An der Umfrage beteiligten sich den Angaben zufolge 190 Unternehmen, die in Russland 122.000 Mitarbeiter beschäftigen und 29 Milliarden Euro umsetzen. „Die deutschen Unternehmen in Russland sind deutlich optimistischer in das neue Jahr gestartet“, sagte AHK-Chef Matthias Schepp. „Eine mehr als zweijährige konjunkturelle Durststrecke steht vor dem Ende, die russische Wirtschaft lässt das Tal der Tränen hinter sich“, ergänzte der stellvertretende Ost-Ausschuss-Vorsitzende Klaus Schäfer. Aus Sicht von DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier zahlt sich aus, „dass Politik und Wirtschaft trotz Sanktionsregimes die Gesprächskanäle immer offen gehalten haben“. Russland sei in den vergangenen drei Jahren als Handelspartner fast abhandengekommen.
2017 rechnen den Angaben zufolge 63 Prozent der Befragten mit steigenden Umsätzen im Russland-Geschäft. Die deutschen Unternehmen zeigten sich wieder einstellungs- und investitionsbereiter: 40 Prozent gingen davon aus, künftig mehr Mitarbeiter in Russland zu beschäftigen. Ein Drittel der Unternehmen wolle in den nächsten zwölf Monaten in Russland investieren. 2016 seien fast zwei Milliarden Euro investiert worden. Der Export hatte sich den Angaben zufolge seit 2013 fast halbiert. Die Phase rückläufiger Ausfuhren sei aber beendet. 2017 dürften die deutschen Exporte nach Russland um mindestens fünf Prozent zulegen. Nach massiven Einbrüchen 2014 und 2015 hätten sie 2016 mit 21,6 Milliarden Euro noch 0,3 Prozent unter dem Vorjahresniveau gelegen. Für 2017 erwartet gut die Hälfte der befragten Unternehmen stabile und weitere 40 Prozent steigende Lieferungen.