Politik

Franzosen haben Vertrauen in Parteien und Medien verloren

Die Franzosen haben kein Vertrauen in Parteien und Medien. (Dieser Artikel ist nur für Abonnenten zugänglich)  
03.05.2017 01:31
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Einer Umfrage des Forschungsinstituts Cevipof zufolge glauben 70 Prozent der befragten Franzosen, dass die Demokratie in Frankreich nicht gut verlaufe. Lediglich elf Prozent vertrauen den Parteien und 24 Prozent vertrauen den Medien. Doch das Vertrauen in die Polizei und in das Militär ist mit etwa 80 Prozent an Zustimmungen ungebrochen. Angesichts dieser Umfragewerte stellt sich nach Angaben von Bloomberg die Frage, ob Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron bei einem Wahlerfolg imstande sein wird, den sozialen Frieden in Frankreich zu sichern. Denn 63 Prozent der jungen Franzosen geben an, für eine „großangelegte Revolte“ bereit zu sein.

Patrick Calvar, Direktor der französischen DGSI (Direction générale de la sécurité intérieure), hatte im Jahr 2016 bei einer Anhörung vor der parlamentarischen Kommission gesagt, dass „das Land sich an der Schwelle zu einem Bürgerkrieg“ befinde. Im Verlauf des Generalstreiks, der am 31.03.2017 begann, wurden nach Angaben von Calvar 40.000 Autos in Brand gesetzt. Insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit in Frankreich ist hoch. Nach Informationen von Trading Economics lag sie im Februar bei 23,6 Prozent. Allerdings liegt die Arbeitslosigkeit unter den jungen Migranten bei 40 Prozent, berichtet Bloomberg. Bisher konnten sich die vorangegangenen Regierungen den sozialen Frieden durch hohe Sozialausgaben erkaufen. Doch die Sozialausgaben betragen mittlerweile 31 Prozent am BIP des Landes. Die Ausgaben werden über hohe steuerliche Belastungen von Arbeitnehmern finanziert.

Die Staatsverschuldung des Landes in Relation zum BIP liegt bei 100 Prozent. Der französische Sozialvertrag kann nicht mehr aufrechterhalten werden, weil er nicht mehr finanziert werden kann. Somit sind soziale Einschnitte vorprogrammiert. Das Ergebnis ist, dass sich Einwanderer ungerecht behandelt, Arbeiter ungerecht besteuert, die Unterschicht verlassen und die Rentner erschrocken fühlen, so Bloomberg. Trotz gestiegener Reallöhne und gut ausgebautem Sozialsystem gibt es trotzdem eine soziale und politische Malaise. Diese hat sich unter den Präsidenten Sarkozy und vor allem unter Hollande markant akzentuiert.

Nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen in Frankreich hatte es am Abend des 23. April 2017 in Paris Zusammenstöße zwischen linksgerichteten Demonstranten und der Polizei gegeben. Mehrere hundert junge Leute lieferten sich an der Bastille Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Die Proteste richteten sich sowohl gegen Macron als auch gegen seine Kontrahentin Marine Le Pen.

Egal wer die Präsidentschaftswahl gewinnen sollte, die sozialen Probleme in Frankreich stellen einen Sprengsatz für die gesamte EU dar.

Wenige Tage vor der Stichwahl um die französische Präsidentschaft hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) klar für den unabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron ausgesprochen. "Es ist und bleibt natürlich die Entscheidung der französischen Wähler, in die ich mich nicht einmische. Aber dass ich mich freuen würde, wenn Emmanuel Macron gewinnen sollte, weil er für eine konsequent pro-europäische Politik steht, das sage ich auch", sagte Merkel dem Kölner Stadt-Anzeiger.

"Sein Erfolg wäre ein positives Signal für die politische Mitte, die wir ja auch hier in Deutschland stark halten wollen." Macron sei ein entschiedener Pro-Europäer, und sein sehr pro-europäisch angelegter Wahlkampf sei auch ein Signal in Richtung guter deutsch-französischer Beziehungen. Tatsächlich hat Macron angekündigt, die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich deutlich intensivieren zu wollen - bis hin zu einer weitgehenden wirtschaftlichen Integration.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzprofis zeigen: So bauen sich Studenten ihre Geldmaschine
16.06.2025

Sie zeigen jungen Anlegern, wie man es richtig macht: Zwei schwedische Börsenprofis legen Musterportfolios auf – und erklären, warum...

DWN
Panorama
Panorama Rundfunkbeitrag: Was sich ändert – und was passiert, wenn man nicht zahlt
16.06.2025

Der Rundfunkbeitrag sorgt regelmäßig für Ärger – sei es wegen der Pflichtzahlung oder neuer Regeln. Millionen Bürger sind betroffen,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Warum zum Teufel investieren Unternehmen nicht mehr?
16.06.2025

Warum investieren Unternehmen nicht mehr – obwohl das Geld billig ist und die Gewinne sprudeln? Dieser Artikel geht der...

DWN
Politik
Politik G7-Gipfel in Kanada: Trump konfrontiert Verbündete mit Nahost-Konflikt und Zollandrohungen
16.06.2025

Trump kehrt auf die globale Bühne zurück – mit Zollandrohungen, Lob für Israels Angriffe auf den Iran und Konflikten mit G7-Partnern....

DWN
Politik
Politik Friedensforschungsinstitut Sipri: Wettrüsten um Atomwaffen nimmt wieder Fahrt auf
16.06.2025

Das weltweite Wettrüsten um Atomwaffen nimmt wieder Fahrt auf. Neue Zahlen und Entwicklungen zeigen besorgniserregende Trends. Können...

DWN
Politik
Politik Deutschlandticket: Finanzierungsprobleme sorgen erneut für Verunsicherung
16.06.2025

Das Deutschlandticket steht erneut auf der Kippe. Bund und Länder streiten über die Finanzierung. Bleibt der Preis stabil oder droht das...

DWN
Politik
Politik Schwere Verluste für Irans Regime – Angriffswelle auf Israel
16.06.2025

Israel setzt im eskalierenden Konflikt mit dem Iran gezielte Luftschläge – unter anderem auf strategische Atomanlagen. Auch Irans...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europe 50: Nachhaltige Unternehmen wachsen doppelt so schnell
16.06.2025

Nachhaltigkeit zahlt sich aus: Europas grünste Unternehmen wachsen doppelt so schnell wie ihre Mitbewerber, das zeigt die neue Liste...