Erstmals haben mehrere türkische Soldaten und ihre Familien Asyl in Deutschland erhalten. Das Bundesinnenministerium bestätigte AFP zufolge Medienberichte, dass die ersten Anträge auf politisches Asyl türkischer Bürger mit Diplomatenpässen positiv beschieden wurden.
Nach dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei im vergangenen Juli wurden in dem Land zehntausende Menschen inhaftiert oder aus dem Staatsdienst entlassen. Bei den anerkannten Fällen handelt es sich dem Bericht zufolge auch um Nato-Soldaten, die vor ihrer Entlassung aus der türkischen Armee in Deutschland stationiert waren. Sie besitzen in der Regel einen Diplomatenpass.
Die Medien berichteten unter Berufung auf Kreise des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf), die Behörde habe vor einer Entscheidung über die Asylanträge das umstrittene Verfassungs-Referendum in der Türkei abwarten wollen. Offiziell dementiere das Bamf jedoch diesen Zusammenhang. Bei dem Referendum hatten die Türken mehrheitlich für die Einführung eines Präsidialsystems gestimmt, das die Macht von Staatschef Recep Tayyip Erdogan stark erweitert.
Die AFP berichtetet unter Berufung auf das Bundesinnenministerium, dass seit dem Putschversuch bis Anfang Mai 414 türkische Soldaten, Diplomaten, Richter und hohe Staatsbeamte in Deutschland einen Asylantrag stellten. Diese Zahl umfasst demnach auch Familienangehörige.
Die Asylgesuche von Türken mit einem Diplomatenpass gelten als außenpolitisch heikel, da eine Anerkennung von solch hochrangigen Antragstellern das ohnehin belastete Verhältnis zur Türkei noch weiter verschlechtern könnte. Ende Januar hatte der türkische Verteidigungsminister Fikri Isik gefordert, dass Deutschland alle Asylanträge türkischer Offiziere ablehnen solle.
Nach dem Putschversuch versucht der türkische Präsident Erdogan, die tatsächlichen Urheber zu finden - und ist dabei nicht besonders erfolgreich, so dass er zu Mittel der Massenverhaftung greifen muss. Erdogan geht dabei allerdings wahllos und willkürlich vor, auch in Deutschland wurden zahlreiche Deutsch-Türken auf Listen der Polizei und des Geheimdiensts MIT gesetzt, ohne Anhaltspunkte für eine Verbindung zu dem Putsch zu haben. Die Argumentation der türkischen Behörden lautet, die Verdächtigen stünden mit dem in den USA lebenden Prediger Gülen in Verbindung, der wiederum hinter dem Putsch stehen und von der CIA protegiert werden soll. Belege für die Verdächtigungen hat Erdogan bisher nicht vorgelegt.
Eine Debatte, ob der Flüchtlingsdeal der EU mit der Türkei unter diesen Umständen aufrechterhalten werden kann, hat noch nicht begonnen: Angesichts der Repressalien gegen die eigenen Leistungsträger erscheint es jedoch unwahrscheinlich, dass Erdogan die im Land weilenden Flüchtlinge und Migranten menschenrechtskonform behandelt.