Finanzen

Zinswende der Fed kann globale Dollar-Knappheit auslösen

Die eingeleitete Zinswende der Fed kann eine globale Dollar-Knappheit auslösen.
28.05.2017 00:41
Lesezeit: 3 min

Die geldpolitische Kurswende des US-amerikanischen Zentralbanksystems Federal Reserve könnte eine globale Knappheit an verfügbaren US-Dollar auslösen. Machen Fed-Präsidentin Janet Yellen und ihr Beratergremium ihre indirekten Ankündigungen wahr, die Bilanz der Notenbank ab Ende des laufenden Jahres zu schrumpfen, dürften insbesondere Schuldner in Asien die negativen Folgen zu spüren bekommen.

Mehrere hochrangige Vertreter der Zentralbank hatten zuletzt angedeutet, die Bilanz im Umfang von etwa 4,5 Billionen Dollar in den vorausliegenden Monaten schrittweise zu reduzieren, um im Gleichklang mit steigenden Zinsen das Ende der expansiven Geldpolitik einzuleiten. Dieser Prozess dürfte Jahre dauern und es bleibt unsicher, ob er angesichts der zahlreichen Indizien, die für eine beginnende Rezession in den USA sprechen, auch tatsächlich umgesetzt wird. „Ich sehe das so, dass wir den Prozess bereits im Jahresverlauf beginnen könnten“, sagte der Fed-Bezirkschef von Dallas, Robert Kaplan. Der stimmberechtigte Gouverneur schloss sich damit einer früher getätigten Aussage seines Kollegen John Williams aus San Francisco an. Auch der Bezirksleiter der Fed von Boston, Eric Rosengren, hat sich für eine behutsame Reduzierung ausgesprochen.

Die Fed kann ihre Bilanz verkürzen, indem sie Zinszahlungen und Tilgungen aus den Staatsanleihen und hypothekenbesicherten Wertpapieren, die sie seit dem Jahr 2008 im Zuge ihres Kaufprogramms von Geschäftsbanken erworben hat, nicht wieder an den Anleihe- oder Wertpapiermärkten reinvestiert, sondern einbehält und damit dem Geldkreislauf entzieht.

Sowohl die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) als auch der Internationale Währungsfonds (IWF) weisen in ihren aktuellen Marktberichten nun darauf hin, dass eine globale Dollar-Knappheit die Folge sein könnte, berichtet die Financial Times. Diese Dollar-Knappheit wiederum kann sehr weitreichende Implikationen für das gesamte Finanzsystem haben und insbesondere Unternehmen aus Asien treffen, von denen sich viele in den vergangenen Jahren massiv mit neuen Schulden in Dollar eingedeckt hatten. „Weniger Dollars bedeutet, dass sich die Kosten für die Aufnahme von US-Dollar in Finanzzentren außerhalb der USA erhöhen werden. Dort haben sich seit Beginn der ‚quantitativen Lockerung‘ im Jahr 2008 durch die Fed neue Dollar-Quellen gebildet. Dieser Überfluss an Kapital blies die Preise von Anlageobjekten und Wertpapieren auf und senkte die Finanzierungskosten neuer Schulden auf der ganzen Welt. Er führte auch zur Bildung neuer Märkte wie einem Anleihemarkt in US-Dollar in Asien, wo die Schuldenaufnahme im laufenden Jahr neue Höchststände erreichte“, berichtet die FT.

Schätzungen der Deutschen Bank zufolge sind von 100 Dollar, welche die Federal Reserve im Zuge ihres Anleihen- und Wertpapierkaufprogrammes seit 2008 aus dem Nichts erschaffen hat etwa 15 Dollar nach Asien geflossen. Insgesamt dürften die Kapitaltransfers ein Umfang von rund 500 Milliarden Dollar gehabt haben. „Wenn die Trendumkehr wahrscheinlich Anfang 2018 beginnt, dann werden wir zum ersten Mal seit vielen Jahren schrumpfende Bilanzen sehen. Schlimmstenfalls könnte es für Schwellenländer sehr hart werden. Die Tiefe der dortigen Kapitalmärkte ist geringer und eine größere Anzahl an Investoren, die sich zurückziehen möchte, könnte zu übertriebener Illiquidität und Preisausschlägen führen“, wird ein Analyst der Bank zitiert.

Andersherum heißt dies, dass die Finanzierungskosten neuer Dollar-Schulden steigen werden und dass Unternehmen und Staaten auf der ganzen Welt auf hohen Dollar-Schulden sitzen, während der Umfang der verfügbaren Dollar zur Rückzahlung dieser Schulden abnimmt. „Die quantitative Rückabwicklung wird interessant werden“, sagt ein Manager der Vermögensverwaltung GMO. „Die Geldpolitik der USA war nach der Finanzkrise unglaublich locker. Wenn die Federal Reserve eine Phase breit angelegter Verschärfungen einläutet, wird der Rest der Welt diese Verteuerung der Kapitalkosten importieren müssen – und dass wird für all jene ein interessantes Experiment werden, die nun fast ein Jahrzehnt billigen Geldes erlebt haben.“

Tatsächlich befindet sich das Weltfinanzsystem seit 2008 in einer Phase brüchiger Stabilität, die allein vom billigem Geld der Zentralbanken aufrechterhalten und verlängert wird. Niemand kann derzeit mit Sicherheit abschätzen, welche Folgen ein Rückgang der Liquidität für das System haben wird.

Verstärkt werden könnte eine mögliche globale Knappheit an Dollar durch das Inkrafttreten der Steuerpläne von US-Präsident Donald Trump. Diese sehen unter anderem Steuernachlässe für Großkonzerne vor, die ihre im Ausland versteckten Gelder in die USA zurückholen. Auch dies würde zu einem Rückfluss von Dollar in die USA führen.

Es gibt allerdings auch Vorhaben der US-Regierung, die einer Dollar-Knappheit entgegenwirken könnten. Dazu dürfte die von Trump anvisierte Deregulierung der Finanzbranche gehören. Sie könnte die amerikanischen Banken von derzeit noch gültigen Risikovorsorgemaßnahmen befreien, die den Umfang der von ihnen an die Wirtschaft ausgegebenen Kredite hemmen. Dazu zählen beispielsweise Regulierungsvorschriften für sogenannte „Basis Swaps“, die früher noch als risikolos galten und nun als Derivat von den Banken mit mehr Eigenkapital unterlegt werden müssen.

 

 

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