Die Europäische Union soll nach dem Willen der Bundesregierung künftig EU-Strukturhilfegeld erstmals auch an Rechtsstaatsreformen knüpfen. Das geht aus einer Reuters am Dienstag vorliegenden Stellungnahme der Bundesregierung zu den sogenannten EU-Kohäsionsfonds hervor. Damit, so heißt es in dem in der Bundesregierung bereits abgestimmten Papier, solle ein "zusätzlicher Anreiz" zur Umsetzung der von der EU-Kommission vorgelegten länderspezifischen Empfehlungen gegeben werden. Sehr brisant könnte dies vor allem für osteuropäische EU-Staaten wie Polen und Ungarn werden. Diese bekommen hohe Summen aus dem EU-Haushalt - liegen mit der EU-Kommission aber im heftigen Streit wegen umstrittener Reformen im rechtsstaatlichen Bereich.
So ermittelt die EU-Kommission gegen die nationalkonservative PiS-Regierung in Warschau wegen umstrittener Justizgesetze. In Ungarn hatte die EU-Kommission zuletzt die drohende Schließung der Soros-Universität in Budapest bemängelt und die Regierung aufgefordert, ein entsprechendes Hochschulgesetz wieder zu ändern.
In dem siebenseitigen Papier heißt es, dass generell eine stärkere Verbindung zwischen Empfehlungen der Kommission und der Auszahlung von Geld geschaffen werden sollte. Dann folgt der Satz: "Darüber hinaus sollte geprüft werden, ob der Erhalt von EU-Kohäsionsmitteln auch an die Einhaltung von rechtstaatlichen Grundprinzipien geknüpft werden kann."
Der Vorschlag dürfte die Spannungen in der EU anheizen, denn er kommt zeitgleich mit einer Debatte über eine stärkere Integration der Euro-Zone. Polen hatte gewarnt, dass ein Europa der "zwei Geschwindigkeiten" zum Zerfall der EU führen könnte. Deutschland und Frankreich wollen die Euro-Zone zusammenführen und haben mit der Diskussion über weitreichende Veränderungen begonnen.