Finanzen

Nervosität im Finanz-Sektor: Bank-Aktien weltweit unter Druck

Lesezeit: 3 min
02.06.2017 01:04
Bankaktien stehen seit Tagen unter Druck. In den USA gehen die Gewinne der Institute zurück, in Europa drohen Pleiten.

Mehr zum Thema:  
Banken >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Banken  

Bankaktien sind in den vergangenen Tagen weltweit unter Druck geraten. Die Kursbewegungen spielen die Schwierigkeiten wider, denen sich zahlreiche Institute gegenübersehen.

In Spanien ist die Banco Popular ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Die Bank hatte sich während der Immobilienkrise der Jahre 2007 und 2008 mit hypothekenbesicherten Wertpapieren übernommen und sucht verzweifelt nach einem Käufer. Die Probleme des spanischen Geldhauses rufen laut einem EU-Insider inzwischen sogar die europäische Bankenabwicklungsbehörde SRB auf den Plan. Behördenchefin Elke König habe Vertreter der EU gewarnt, das Institut müsse womöglich abgewickelt werden, sollte die Suche nach einem Käufer fehlschlagen, sagte die mit dem Vorgang vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. Es sei eine „Frühwarnung“ ergangen. Der Schritt verdeutlicht die wachsenden Sorgen um die sechstgrößte spanische Bank.

Die Aktie der Bank rutschte am Donnerstag weiter ab und ist nun nur noch etwa 0,55 Euro wert. Im Jahr 2007 erreichte sie mit etwa 35 Euro ihr bisheriges Allzeithoch.

Die Banco Popular steht unter Druck, weil das Geldhaus deutlich mehr faule Kredite in seinem Bestand hat als andere Banken des Landes. Unlängst musste das Institut nach einer internen Revision weitere Verluste für das erste Quartal von 137 Millionen Euro verbuchen. Zuvor hatte die Banco Popular bereits einen Fehlbetrag von 3,5 Milliarden Euro für das vergangene Jahr ausgewiesen. Experten halten es für denkbar, dass die größte spanische Bank Santander oder die vom Staat kontrollierte Bankia das Institut am Ende retten.

Doch eine Rettung durch spanische Konkurrenten erscheint inzwischen eher unwahrscheinlich. Wie das Finanzmagazin Wolfstreet berichtet, kann derzeit niemand auch nur ansatzweise sagen, welchen Wert die Bank noch hat – auch die Führung der Banco Popular selbst nicht. Eine Umfrage von Bloomberg bei 20 Banken habe große Unterschiede hinsichtlich der Einschätzung nach dem „objektiv“ gerechtfertigten Preis der Aktie aufgedeckt. Die Schätzungen reichten demnach von 1,50 Euro bis zu 0,25 Euro.

„Es gibt gute Gründe für diese Unsicherheit: Populars Bücher sind voll von faulen Hypotheken-Wertpapieren aus der Zeit vor dem Platzen der Immobilienblase. Diese befinden sich nun in unterschiedlichen Phasen des Verfalls. Und die Preise, zu denen sie in den Büchern der Bank vermerkt wurden, scheinen mit der Realität kaum mehr etwas zu tun zu haben. Es hat sich nun sogar herausgestellt, dass auch das Management der Banco Popular keine Ahnung davon hat, was alles in den Büchern steht“, schreibt Wolfstreet.

Auch in Italien wird derzeit um den Fortbestand mehrerer Banken gerungen. Den italienischen Krisenbanken Banca Popolare di Vicenza und Veneto Banca droht nach Angaben aus EU-Kreisen eine Abwicklung. Dies könnte der Fall sein, sollten sich die beiden Geldhäuser nicht bis Ende Juli staatliche Hilfe zur Überbrückung ihrer Kapitallücken sichern, sagte ein mit der Angelegenheit vertrauter Insider am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Dann würden die EU-Regulierungsbehörden ihre eigene Lösung vorbereiten. Sie bestehe darin, dass die Aktionäre, Anleiheninhaber und Inhaber größerer Konten zur Kasse gebeten würden, um die Verluste der Banken zu schultern – ein sogenannter „Bail-in“. Italiens Rettungsfonds Atlante erklärte bereits, er werde kein weiteres Geld in die beiden Institute pumpen. Der Fonds erteilte einer entsprechenden Anfrage der Banken am Dienstag eine Absage. Die Bedingungen für weitere Investitionen seien derzeit nicht erfüllt, hieß es zur Begründung.

Fast schon in Vergessenheit geraten ist die Lage bei der Krisenbank Monte dei Paschi die Siena – des drittgrößten Instituts des Landes. Italien darf der angeschlagenen Traditionsbank mit einer milliardenschweren Kapitalspritze helfen. Dazu gebe es eine Grundsatzeinigung, erklärte die EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel. Bedingung sei ein weitreichender Umbau der Bank. Zulässig sei nur eine vorsorgliche Rekapitalisierung einer langfristig als profitabel eingeschätzten Bank. Die Europäische Zentralbank (EZB) muss der Vereinbarung zwischen Rom und Brüssel formal noch zustimmen.

Das bereits 1472 gegründete Traditionshaus sitzt wie andere italienische Banken auf faulen Krediten und meldete zuletzt Milliardenverluste. Die Regierung hat vorsorglich ein 20 Milliarden Euro schweres Bankenrettungsprogramm aufgelegt. Die EZB stellte bei Monte dei Paschi vor Monaten einen Kapitalbedarf von 8,8 Milliarden Euro fest. Die Bank erwartet nach Angaben vom Januar rund sechs Milliarden vom italienischen Staat, den Rest von institutionellen Anlegern. Sie wäre damit zu etwa 70 Prozent verstaatlicht.

EU-Kommissarin Margrethe Vestager und Vizepräsident Valdis Dombrovskis lobten die Grundsatzeinigung mit dem italienischen Finanzminister Pier Carlo Padoan. Sie entspreche den EU-Regeln und minimiere die Kosten für die italienischen Steuerzahler. Die Bank werde einem weitreichenden Umbau unterzogen, um ihre Überlebensfähigkeit zu sichern, betonte Vestager. „Eingeschlossen ist die Säuberung der Bilanzen von notleidenden Krediten.“

Im Rahmen des Restrukturierungsplans sollen auch die Gehälter der Bankmanager gedeckelt werden, und zwar auf das Zehnfache des Durchschnittseinkommens bei MPS. Besitzer von Aktien und bestimmten Anleihen der Bank würden an den Kosten der Rettung beteiligt, betonte die Kommission.

Im Dezember hatte die Brüsseler Behörde bereits kurzfristige staatliche Hilfen an die Bank genehmigt, die aber unabhängig von der jetzt vereinbarten Kapitalaufstockung waren. Hintergrund der Rettungsaktionen ist Sorge um den italienischen Bankensektor insgesamt und damit auch um die Stabilität der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone. Italien leidet seit Jahren unter einer Wirtschaftsflaute, hoher Arbeitslosigkeit und massiver Staatsverschuldung.

Auch in den USA deuten sich Probleme für die Banken des Landes an. Der Finanzblog Zerohedge berichtet, dass sich führende Branchenvertreter auf Rückgänge beim Gewinn im laufenden 2. Quartal einstellen. Auf einer Konferenz in New York sagte die Finanzchefin von JPMorgan, dass man im 2. Quartal mit einem Gewinnrückgang von 15 Prozent verglichen mit dem 2. Quartal 2016 rechne. Auch der Vorstandsvorsitzende der Bank of America, Brian Moynihan, erwartet nach eigenen Angaben ein schwächeres Ergebnis als vor einem Jahr.

Die Aktienmärkte hatten die negative Erwartung bereits in den vergangenen Tagen abgebildet: Papiere von Goldman Sachs verloren seit Anfang März deutlich von etwa 250 Dollar auf aktuell etwa 210 Dollar an Wert. Aktien von JPMorgan gaben im gleichen Zeitraum von etwa 93 Dollar auf aktuell 82 Dollar nach. Bei Bank of America resultierte ein Absacken von 25 Dollar auf 22 Dollar und Wells Fargo von 60 Dollar auf 51 Dollar. Einzig die Scheine der Citigroup konnten sich im besagten Zeitraum behaupten.


Mehr zum Thema:  
Banken >

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis: Nicht jeder Anleger ist von Trump-Aktienrally überzeugt - was nun wichtig ist!
14.11.2024

Seit der Wiederwahl von Donald Trump steigen die Aktienkurse an den US-Börsen kräftig. Aktien von Unternehmen wie Tesla oder Anbieter aus...

DWN
Politik
Politik EU-Kommission verhängt Millionenstrafe gegen Meta
14.11.2024

Die EU-Kommission hat Meta eine Strafe von fast 800 Millionen Euro auferlegt, weil der Facebook-Mutterkonzern seinen Online-Marktplatz...

DWN
Politik
Politik EU-Chefdiplomat schlägt vor, Dialog mit Israel auszusetzen
14.11.2024

Als Reaktion auf die israelische Kriegsführung im Gazastreifen plant EU-Chefdiplomat Josep Borrell, den regelmäßigen politischen Dialog...

DWN
Politik
Politik Trumps illustres Kabinett: Ein Tech-Milliardär, ein TV-Moderator und eine Ex-Demokratin
14.11.2024

Es geht Schlag auf Schlag: Donald Trump als designierter US-Präsident verkündet seine Kandidaten für die Regierung. Mit dabei: ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratie in Deutschland kostet jährlich 146 Milliarden Euro
14.11.2024

Bürokratie-Abbau soll Kosten sparen. Durch die überbordende Bürokratie entgehen Deutschland bis zu 146 Milliarden Euro pro Jahr an...

DWN
Politik
Politik BSW: Regierungsbeteiligung nicht ausgeschlossen
14.11.2024

Das Bündnis Sahra Wagenknecht begrüßt die vorgezogene Neuwahl des Bundestages. Logistisch ist das für die junge Partei aber eine...

DWN
Panorama
Panorama Zufriedenheit mit der Demokratie nimmt stark ab, Ausländerfeindlichkeit steigt
14.11.2024

Eine Studienreihe der Universität Leipzig untersucht seit 2002, wie verbreitet rechtsextreme Einstellungen in der Gesellschaft sind. Vor...

DWN
Politik
Politik Nato-Raketenabwehrschirm: Polen verstärkt seine Sicherheitsmaßnahmen - und Russland droht
14.11.2024

In einer klaren Reaktion auf die anhaltende Bedrohung aus Russland wurde in Polen kürzlich ein Stützpunkt für den...