Politik

Friedensverhandlungen: Wie laufen die Gespräche über ein Kriegsende in der Ukraine?

Erstmals seit Kriegsbeginn sitzen westliche und russische Vertreter offiziell über einem Plan zum Kriegsende in der Ukraine. Nach heftiger Kritik wurde der US-Entwurf überarbeitet, nun folgen heikle Treffen in Moskau. Doch reichen Verhandlungen und Friedensgespräche?
01.12.2025 11:19
Aktualisiert: 01.12.2025 11:19
Lesezeit: 5 min
Friedensverhandlungen: Wie laufen die Gespräche über ein Kriegsende in der Ukraine?
Der Sondergesandte Steve Witkoff (links), Außenminister Marco Rubio (Mitte) und Jared Kushner bei einem Treffen mit ukrainischen Beamten (Foto: dpa). Foto: Terry Renna

Friedensverhandlungen unter Trump: Der neue Anlauf zum Kriegsende

Zum ersten Mal gibt es – angestoßen von US-Präsident Trump – von westlicher Seite geführte Friedensgespräche über ein Kriegsende in der Ukraine unter Beteiligung Russlands. Ob diese neuen Verhandlungen zu Frieden führen, ist offen.

Die Gespräche zur Beendigung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine gehen in eine neue Phase. Der erste 28-Punkte-Plan der USA stand schnell als "russische Wunschliste" und "Kapitulationsurkunde" für die Ukraine in der Kritik. Kiew und führende Politiker aus der EU, darunter Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), ließen das Papier im Sinne ukrainischer und europäischer Sicherheitsinteressen nachverhandeln und erreichten Änderungen. Nun sollen erstmals offizielle Gespräche mit Russland folgen....

Wie ist der Stand bei den Gesprächen?

In den USA arbeiteten ukrainische und amerikanische Unterhändler am Sonntag an offenen Fragen eines möglichen Friedensplans. US-Außenminister Marco Rubio sprach anschließend von "weiteren Fortschritten", betonte aber zugleich, dass noch viel zu tun bleibe. Präsident Donald Trump gab sich optimistisch und sagte: "Ich denke, es gibt eine gute Chance, dass wir einen Deal machen können."

Der vorläufige 28-Punkte-Plan der USA war vorletzte Woche durch Medienberichte bekannt geworden. Führende europäische Staaten, EU-Vertreter und die ukrainische Delegation drangen daraufhin vor gut einer Woche bei einem Treffen mit US-Unterhändlern in Genf auf Anpassungen. Danach war die Rede von einem abgeänderten Papier, das zentrale Einwände aus Europa und Kiew berücksichtigen sollte.

Beide Versionen – die ursprüngliche Vorlage und die Genfer Neufassung – liegen nach Angaben des Kreml auch Russland vor. Die ersten offiziellen Gespräche mit US-Vertretern dazu sind nun in der ersten Wochenhälfte in Moskau geplant, wie Präsident Wladimir Putin mitteilte. Der russische Staatschef hatte den ersten US-Plan als Grundlage für mögliche Friedensverhandlungen gelobt.

Friedensgespräche: Wer verhandelt mit wem?

Auf ukrainischer Seite führt der Sekretär des Nationalen Rates für Sicherheit und Verteidigung, Rustem Umjerow, das neunköpfige Verhandlungsteam. Er hat in diesem Jahr bereits bei den ersten direkten Verhandlungen seit 2022 mit der russischen Seite in Istanbul gesprochen. Moskaus Chefunterhändler Wladimir Medinski, der mit Umjerow Austausche von Gefangenen und getöteten Soldaten aushandelte, bleibt Putins erster Mann für die Gespräche.

In Moskau erwarten die russischen Vertreter diese Woche den Sonderbeauftragten von US-Präsident Donald Trump. Steve Witkoff hat nicht nur Putin wiederholt getroffen, er pflegt auch enge Kontakte zu dessen Wirtschaftsexperten Kirill Dmitrijew, der mehrfach zu Gesprächen über eine mögliche Beendigung des Krieges in den USA war. Dmitrijew lockt mit Wirtschaftskontakten, sollten die Kampfhandlungen enden und die Sanktionen fallen. Während er Anweisungen von Putins außenpolitischem Berater Juri Uschakow befol...

Nicht direkt beteiligt an den Verhandlungen sind die Europäer, die sich angesichts des folgenschweren Krieges direkt vor ihrer Haustür aber dennoch immer wieder zu Wort melden. Die EU betont, dass die Großmächte USA und Russland nicht allein über das Schicksal der Ukraine und auch nicht über europäische Sicherheitsinteressen entscheiden könnten. Europas Regierungen versuchen daher, Einfluss geltend zu machen und nicht nur auf die Rolle des Zuschauers reduziert zu werden.

Worum geht es bei den Gesprächen?

Beide Seiten bekunden ihre Bereitschaft zu Friedensverhandlungen, wollen dabei jedoch unterschiedliche Wege gehen. Die Ukraine strebt einen bedingungslosen Waffenstillstand an und will danach alle weiteren Punkte verhandeln. Russland hingegen will zuerst eine grundsätzliche Regelung des Konflikts erreichen, bevor es den Waffen schweigen lässt.

Moskau dürfte einem Waffenstillstand nur zustimmen, wenn dafür bestimmte Bedingungen erfüllt werden – allen voran ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine und ein Stopp der Mobilmachung für den Krieg. Unerschütterlich wirkt die Position Russlands, das auf einem Rückzug ukrainischer Truppen aus dem Donbass besteht, also aus jenen Teilen der Gebiete Donezk und Luhansk, die Moskau nicht kontrolliert.

Sowohl Russland als auch die Ukraine versuchen jeweils, sich Trump gegenüber friedensbereit zu zeigen und ihn damit wohlwollend zu stimmen. Zugleich sind sie vorsorglich bemüht, dem Kriegsgegner die Schuld anzulasten, sollten die Gespräche scheitern. Trump scheint vor allem daran interessiert, das für ihn leidige Kriegsthema durch einen Kompromiss zu beenden und wieder zu Geschäften vor allem mit der Rohstoffgroßmacht Russland zu kommen.

Kritiker werfen den USA vor, nur dieses Ziel im Blick zu haben und darüber den Inhalt eines Deals zur Beendigung des Krieges zu vernachlässigen. Rubio hingegen sagte vor den Gesprächen mit den Ukrainern in den USA, seinem Land gehe es nicht nur um das bloße Kriegsende an sich, sondern um eine Garantie, dass die Ukraine souverän, unabhängig und wohlhabend sein werde und keinen Krieg mehr erleben müsse.

Wo sind rote Linien?

Eine Kapitulation lehnt die Ukraine ab. Für Kiew sind nach bisherigem Stand mindestens drei Punkte nicht verhandelbar: Gebietsabtretungen in jeglicher Form gelten als indiskutabel, ebenso der von Moskau geforderte Verzicht auf das Recht eines Nato-Beitritts sowie von Russland diktierte Beschränkungen der Truppenstärke und Waffengattungen des ukrainischen Militärs. Weil diese Forderungen russische Maximalpositionen darstellen, geht es auch um die Frage, wer zuerst seine roten Linien aufgibt.

Für Russland wäre es schon ein Erfolg, wenn zumindest die USA die bereits 2014 einverleibte ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim und den 2022 annektierten Donbass zwar nicht hochoffiziell, aber doch faktisch als russisches Gebiet anerkennen.

Was können die Ergebnisse sein?

Bisher deutet wenig darauf hin, dass es schon bald zu einem tragfähigen Friedensplan kommt, weil die Positionen der Kriegsgegner weit auseinanderliegen. Sollte sich die in die Defensive gedrängte Ukraine auf Russlands Maximalforderungen einlassen, wird in Kiew und in der EU ein Kapitulationseffekt befürchtet. Washington und Moskau betonen dagegen die Chancen eines solchen Ausgangs. Druckmittel der USA haben vor allem die ukrainischen Verteidiger zu befürchten, für die es ein schwerer Schlag wäre, s...

Doch selbst nach einem Komplettstopp jeglicher US-Hilfe könnte die Ukraine bei fortgesetzter oder sogar verstärkter Unterstützung aus Europa den Kampf fortsetzen. Denkbar wäre dann, dass Kiew darauf setzt, bis zum Herbst 2026 durchzuhalten und nach einer Niederlage von Trumps Republikanern bei den Kongresswahlen mit Hilfe der Demokraten wieder neue Unterstützung aus den USA zu erhalten. Jedoch verschlechtert sich die ukrainische Position an der Front vor allem aufgrund des chronischen Soldatenmangels zus...

Wie lang ist der Weg zum Frieden?

Der Weg zu einem Kriegsende wäre selbst bei einer Einigung auf einen Friedensvertrag sehr lang, auch weil Kremlchef Putin einen Waffenstillstand selbst verfügen kann. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj muss die Bedingungen für einen Frieden hingegen absegnen lassen und braucht dafür die Unterstützung des Parlaments. Gemäß Verfassung müssten die Ukrainer vielen Entscheidungen, etwa Gebietsabtretungen, selbst zustimmen.

Auch ein Abbruch der Gespräche mit einer Wiederaufnahme im Frühjahr ist nicht unwahrscheinlich. Grundlegende Entscheidungen werden derzeit eher auf dem Schlachtfeld getroffen als am Verhandlungstisch. In der jetzigen Situation dürfte sich selbst bei einem unwahrscheinlichen Abgang Selenskyjs kein seriöser ukrainischer Politiker finden, der an seiner Stelle Karriere und Zukunft opfert, indem er russische Bedingungen für ein Kriegsende akzeptiert.

Gleichzeitig fehlen der ukrainischen Seite die Hebel, Russland in den Gebietsfragen zum Nachgeben zu zwingen. Moskau hat auch nach Einschätzung westlicher Militärexperten derzeit die Initiative auf dem Schlachtfeld und erobert immer neue Gebiete. Die Kämpfe könnten also mindestens bis zur vollständigen Eroberung der Gebiete Donezk und Luhansk durch russische Truppen weitergehen.

Wie wahrscheinlich ist eine Fortsetzung des Krieges?

Eine Fortsetzung des Krieges ist nach aktuellem Stand sehr wahrscheinlich, auch wenn Russland nicht zuletzt infolge der Sanktionen zunehmend wirtschaftliche Probleme hat. Vermutet wird, dass der russische Machtapparat den Krieg noch Jahre führen kann, ohne dass das Land kollabiert. Für die Ukraine besteht damit das Risiko, die Kontrolle über ihr Staatsgebiet immer weiter zu verlieren.

Die Ukraine ist ebenfalls bereit, den Kampf fortzusetzen. Die Mehrheit der EU-Staaten will zudem Milliarden aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen und anderen Quellen mobilisieren, um die Ukraine in ihrem Abwehrkampf zu unterstützen. Parallel dazu können zwar weiterhin Friedensgespräche geführt werden, auch andere Verhandlungen. Doch ist ohne Klärung der beiden Hauptkonfliktpunkte des Nato-Beitritts und der Gebietsfragen kein schnelles Kriegsende zu erwarten.

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