Finanzen

Super-Tanker kreuzt ziellos, weil niemand sein Öl kaufen will

Vor der afrikanischen Küste liegt ein Mega-Tanker seit Tagen auf Reede. Offenbar will kein Land das geladene Erdöl abnehmen.
15.06.2017 00:59
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Seit vergangener Woche fährt der Super-Tanker Saiq ziellos südlich der Kanarischen Inseln herum, weil er keinen Abnehmer für sein Öl findet, berichtet Bloomberg. Bis vor wenigen Tagen dampfte der 330 Meter lange Tanker, der von der königlichen niederländischen Shell Plc gechartert wurde, um 13 Knoten in Richtung des chinesischen Hafens von Tianjin, nachdem er am Hound Point-Terminal in Edinburgh eine Zwei-Millionen-Fass-Ladung des Nordsee-Öls der Sorte Brent geladen hatte. Anschließend hielt er plötzlich im Atlantischen Ozean an. Aus der Echtzeitkarte von Marinetraffic.com geht hervor, dass sich der Tanker auch am späten Mittwochnachmittag nicht bewegte.

Auslöser für den Stillstand des Super-Tankers ist die Tatsache, dass China aktuell nicht mehr so viel Rohöl wie vorher kauft. Ein Ersatzkunde konnte bisher nicht gefunden werden. Shell hatte vorgeschlagen, den Super-Tanker zurück nach Schottland fahren zu lassen, um die Ladung dort an einen Abnehmer zu verkaufen. Doch es fanden sich keinerlei Interessenten.

Der Fall des Super-Tankers spiegelt einen Gesamttrend auf dem Öl-Markt wider. Trotz der Förderkürzungen der OPEC und weiterer Nicht-OPEC-Staaten sind potenzielle Öl-Kunden reichlich mit Öl versorgt, sodass sie kein Interesse an zusätzlichen Käufen haben.

Das Überangebot ist besonders akut im sogenannten Atlantischen Becken, wo qualitativ hochwertiges Rohöl durch eine Kombination von diversen Faktoren reichlich vorhanden ist. Dazu gehört das Comeback einiger nigerianischer Produzenten, eine höhere Produktion in Libyen, eine robuste Nordsee-Versorgung und US-amerikanische Öl-Exporte in Rekordhöhe.

„Die Wiederherstellung der Produktion von Nigeria und Libyen (…) verschlechtert das Ungleichgewicht des leichten Rohöls auf dem Markt und halbiert die OPEC-Förderkürzungen. Wenn die OPEC nicht eingreift, werden die Preise für leichtes Rohöl niedrig bleiben“, so Amrita Sen, Chef-Ölanalytiker bei Energy Aspects Ltd. in London.

In Libyen hat die Öl-Produktion mittlerweile ihr Dreijahreshoch erreicht, nachdem das Sharara-Ölfeld – das größte Öl-Feld Libyens – erneut in Betrieb genommen wurde. Mit dem Sharara-Ölfeld werden täglich zusätzlich 250.000 Barrel gefördert. Der Super-Tanker Saiq soll nun nicht Tianjin, sondern einen anderen chinesischen Hafen anfahren. Shell hat es bisher abgelehnt, genaue Daten über die Destination des Tankers zu geben.

Am Mittwoch teilte die Internationale Energieagentur (IEA) mit, dass das Angebot 2018 wahrscheinlich schneller wachsen werde als der Bedarf, obwohl der Verbrauch dann wohl erstmals über 100 Millionen Barrel pro Tag steige, berichtet die Financial Times. Auch die bis März verlängerte Förderkürzung der OPEC und anderer führender Ölstaaten ändere daran nichts. Hintergrund sei, dass sich die Produktion der Länder außerhalb des OPEC-Kartells im nächsten Jahr wohl verdoppeln werde. Es werde erwartet, dass sie von schätzungsweise 700.000 bpd in diesem Jahr auf 1,5 Millionen bpd 2018 zulegen und damit das Wachstum der weltweiten Nachfrage leicht übertreffen werde.

Daher dürften die globalen Lagerbestände bis kurz vor Ende der Förderbremse nicht auf die gewünschten Mengen fallen, erklärte die Agentur, die Industrieländer in Energiefragen berät. Die 13 Staaten der OPEC und elf weitere Nicht-OPEC-Staaten wie etwa Russland hatten Ende Mai 2017 eine Verlängerung ihrer Förderkürzungen beschlossen, um den Öl-Preis zu stabilisieren. Er war Mitte 2014 von mehr als 100 Dollar pro Fass bis Anfang 2016 auf unter 30 Dollar abgestürzt und ist nach einem leichten Anstieg inzwischen wieder unter die Marke von 50 Dollar gesunken. Ein Grund für das Überangebot ist der Boom der US-Schieferölproduktion.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...