Politik

Massen-Demonstration gegen Erdogan in Istanbul

Die türkische Opposition sagt, dass das Land zu einer Diktatur geworden sei.
10.07.2017 00:02
Lesezeit: 1 min

Tausende Türken haben sich am Sonntag zum Abschluss eines über 400 Kilometer langen Protestmarsches in der Metropole Istanbul versammelt. Reuters spricht sogar von "hunderttausenden" Teilnehmern. Die Demonstranten schwenkten türkische Fahnen und forderten Gerechtigkeit. Die Aktion richtete sich gegen die Politik von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Der Chef der Oppositionspartei CHP, Kemal Kilicdaroglu, der den Protestmarsch von der türkischen Hauptstadt Ankara nach Istanbul am 15. Juni initiiert hatte, sprach am Abend zu seinen Anhängern, die "Recht, Justiz, Gerechtigkeit" skandierten. Der 68-Jährige forderte das Ende des Ausnahmezustands, die Entlassung von inhaftierten Journalisten und die Wiederherstellung der Unabhängigkeit der türkischen Gerichte. "Wir leben derzeit in einer Diktatur", rief er der Menge zu.

Hintergrund des Protestzugs war die Verurteilung des CHP-Politikers Enis Berberoglu im Juni zu 25 Jahren Haft nach Spionage-Vorwürfen. Er soll der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet" Videomaterial zugespielt haben, auf dem zu sehen sein soll, wie der türkische Geheimdienst Waffen nach Syrien schafft. Die Rolle des Nato-Staats Türkei in Syrien ist ausgesprochen dubios: Im Jahr 2015 hatte Russland behauptet, die Türkei unterstütze islamistische Terroristen im Nahen Osten. Der türkische Geheimdienst MIT spielt in dem Konflikt eine zentrale Rolle. Die Russen hatten die Vorwürfe jedoch nach ihrer Intervention in Syrien nicht mehr erhoben - unter anderem, weil sie mit der Türkei gemeinsam gegen islamistische Söldner und gegen den IS vorgehen. Auch die Regierung von US-Präsident Donald Trump will den Syrien-Krieg nicht länger von internationalen Söldnern geführt sehen, sondern hofft darauf, dass die Russen eine Rückkehr zur Kontrolle durch reguläre Streitkräfte ermöglichen.

Die Regierung Erdogan soll unter anderem über die Person des Energieministers, der Erdogans Schwiegersohn ist, für die Finanzierung des IS im Bereich der Ölexporte gesorgt haben. Diesen Vorwurf hatten zahlreiche türkische Medien erhoben. Doch die meisten von ihnen wurden entweder geschlossen oder auf Regierungslinie gebracht.

Die Lage ist besonders kompliziert, weil nicht klar ist, welche Rolle westliche Geheimdienste beim Putschversuch gegen Erdogan im Sommer 2016 gespielt haben. Die türkische Regierung hat wiederholt behauptet, die CIA stecke hinter dem Putsch. 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Neue Waffengattung: Russland baut eigene Drohnentruppen auf
13.06.2025

Russland stellt eigene Drohnentruppen auf und folgt damit einem entscheidenden Schritt der Ukraine. Unbemannte Systeme gewinnen im...

DWN
Politik
Politik Iran-Israel-Konflikt eskaliert: Steht ein umfassender Krieg bevor?
13.06.2025

Der Iran-Israel-Konflikt verschärft sich dramatisch. Nach Israels Angriff auf Atomanlagen reagiert Teheran. Im jahrelangen Streit um das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland: Inflation bleibt leicht über der Zwei-Prozent-Schwelle
13.06.2025

Die Inflation in Deutschland bleibt stabil knapp über zwei Prozent. Wie wirkt sich die Preisentwicklung auf Energie, Lebensmittel und...

DWN
Finanzen
Finanzen Börse aktuell: DAX-Kurs nach israelischem Angriff auf Iran deutlich schwächer
13.06.2025

Die Börse aktuell reagiert nervös auf den israelischen Angriff auf den Iran. Wie belastet die geopolitische Krise den DAX-Kurs und den...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell nahe dem Rekordhoch: Israel greift Irans Atomanlagen an - Iran schlägt umgehend zurück
13.06.2025

Der Goldpreis ist am Freitagmorgen kräftig nach oben geklettert und hat sein Allzeithoch ins Visier genommen. Nach dem Angriff Israels auf...

DWN
Politik
Politik US-Richter: Nationalgarde-Einsatz in Kalifornien ist rechtswidrig - Niederlage für Trump
13.06.2025

Ein Gericht erklärt den Einsatz der Nationalgarde in Kalifornien für unzulässig. Die politischen Folgen reichen bis Washington. Was...

DWN
Technologie
Technologie 5G an der Bahnstrecke: Testlauf auf Hamburg–Berlin soll Durchbruch bringe
13.06.2025

Arbeiten, streamen, telefonieren – all das soll im Zug endlich störungsfrei möglich sein. Mobilfunkkonzerne, Bahn und Politik ziehen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pharma-Aktien: Milliardenjagd der Konzerne nimmt Fahrt auf
13.06.2025

Pharma-Unternehmen stehen vor einer Übernahmewelle historischen Ausmaßes: Mit Milliarden an freiem Kapital greifen die Giganten nach...