Deutschland

Schäuble: Künftige Rentner werden es schwerer haben

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat künftige Rentner auf schlechtere Bedingungen hingewiesen.
16.09.2017 18:34
Lesezeit: 2 min

Aus Sicht von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) müssen sich künftige Rentner darauf einstellen, dass sie nicht mehr zu denselben Bedingungen in den Ruhestand gehen können wie heutige Rentner. Dies sei „angesichts der gestiegenen Lebenserwartung klar“, sagte Schäuble der Passauer Neuen Presse laut Reuters. In dem Interview wiederholte aber nicht seine früher getätigte Äußerung, wonach auf längere Sicht mit einem höheren Renteneinstiegsalter zu rechnen sei.

Als Schäuble 2016 für eine Koppelung des Rentenalters an die steigende Lebenserwartung eingetreten war, brach ein Sturm der Entrüstung los. Hintergrund der Debatte: Weil die Babyboomer verstärkt in Rente gehen, dürfte in den kommenden Jahren entweder das Absicherungsniveau sinken, der Rentenbeitrag steigen oder aber das Rentenalter muss heraufgesetzt werden.

„Es gibt jetzt keinen Entscheidungsbedarf, bis 2030 ist bei der Rente alles geklärt“, sagte Schäuble vielmehr weiter. Es sei nicht sinnvoll, „jetzt einen theoretischen Streit darüber zu führen, was nach 2030 alles sein wird“. Dies hänge von vielen Faktoren ab, neben der Wirtschaftslage auch von der Lage auf dem Arbeitsmarkt und davon, wie viele Menschen dann in Deutschland leben.

Das deutsche Rentensystem wird in den kommenden Jahren unter starken Druck geraten – hauptsächlich, weil zu wenig Kinder in Deutschland auf die Welt kommen.

Angesichts der steigenden Zahl von Teilzeitjobs und prekären Beschäftigungsverhältnissen hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) vor Kurzem vor Altersarmut in großem Ausmaß gewarnt. Vor allem Frauen seien betroffen, sagte Hamburgs DGB-Vorsitzende Katja Karger bei der Präsentation des Rentenreports für die Hansestadt. Allein in Hamburg arbeiteten schon jetzt 70 bis 75 Prozent der Frauen in Teilzeit oder hätten Minijobs. Entsprechend niedrig seien dann die Renten.

„Wer (...) bei einem Arbeitgeber ausschließlich in Form von Minijobs arbeitet, der hat doch sage und schreibe nach 45 Jahren einen Rentenanspruch von 164 Euro“, warnte der Vorsitzende des DGB Nord, Uwe Polkaehn. Bereits 2015 seien 7,5 Prozent oder 23 894 der 316 754 Hamburger Rentner auf Grundsicherungsleistungen angewiesen gewesen.

Doch auch auf den ganz „normalen“ Rentner sieht der DGB erhebliche Schwierigkeiten zukommen. So lag die Durchschnittsrente für Männer in Hamburg im Jahr 2015 bei monatlich 1118 Euro, Frauen bekamen 710 Euro. Tendenz fallend. Denn jene, die zu diesem Zeitpunkt erstmals Rentenzahlungen erhielten, bekamen den Angaben zufolge im Schnitt bereits nur noch 985 beziehungsweise 700 Euro ausbezahlt.

Gleiches galt für die Erwerbsminderungsrente. Lag sie in Hamburg 2015 im Schnitt bei 660 Euro für Männer und 701 Euro für Frauen, sank sie für Erstbezieher auf 598 beziehungsweise 628 Euro. Nach DGB-Angaben wurden bei den Berechnungen Daten der Deutschen Rentenversicherung Nord und der Bundesagentur für Arbeit herangezogen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist vor einigen Tagen während einer Fernseh-Debatte über die Altersarmut in Deutschland von Bürgern unter Druck gesetzt worden. Als Merkel in der ZDF-Sendung „Klartext, Frau Merkel“ die umstrittene Riester-Rente gegen Vorwürfe einer Krankenhaus-Reinigungskraft im Publikum verteidigte, hielt ihr eine weitere Frau vor, die Antwort sei eine Unverschämtheit: „Das ist ein Witz, was sie erzählen.“

Die Reinigungskraft hatte zuvor gesagt, einen Riester-Vertrag zur Aufstockung ihrer Rente würde sie niemals abschließen: „Da ist nur Riester von reich geworden.“ Die Frau hatte auch geschildert, dass sie nach über 40 Jahren demnächst mit einer Rente von 654 Euro aus der Arbeit scheiden werde und Merkel gefragt, warum in Deutschland nicht sichergestellt werden könne, dass es keine Altersarmut gebe.

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